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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0149

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Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance.

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geschehen sein. War doch Jacopo Antiquario, der frühere Sekretär der Sforza, ein naher Freund des
Aldus, der ihm 150g die Moralia des Plutarch widmete!1

Aber wie die darin enthaltene Abhandlung de Iside et Osiride seitens der mailändischen Gelehrten
damals noch keine Bearbeitung erfährt, so auch der Horapollon. Schwerlich wird der junge Andrea
als Anfänger im Griechischen sich an eine Uebersetzung von dessen Räthseln gewagt haben, vor der
selbst die gewiegtesten Gräcisten zurückschreckten. Dem angehenden Juristen werden die griechischen
Theile des Corpus juris näher gelegen haben. Das lässt, für seine Studienzeit wenigstens mit ihrer
geringeren Muße, nicht eine über allgemeines Staunen hinausgehende Kenntniss des Horapollon ver-
muthen.

Mit dem Inhalt der Hypnerotomachie wurde aber Alciat früh bekannt. Sollte er selbst als jugend-
licher Büchersammler sie nicht besessen haben,2 so stand sie ihm in der Bibliothek des Jean Grolier zur
Verfügung. Dieser berühmte Bibliophile und gefeierte Mäcen der Wissenschaften war freilich dreizehn
Jahre älter als Andrea, wurde aber aus dem Gönner bald der Freund, wie die Grüsse des Beatus
Rhenanus an Beide und eigene Aeusserungen des Alciat genugsam bezeugen. Seit der französischen
Occupation lebte Grolier grösstentheils in Mailand, wo er auch seinem Vater in der Leitung des Finanz-
wesens folgte und gleichzeitig seiner Bücherleidenschaft nachging. Nicht weniger als drei Exem-
plare der Hypnerotomachie, darunter eines auf Pergament gedruckt, tragen noch heute den Einband
dieser bewunderten Büchersammlung, dessen Aufdruck: J. Grolierii et amicorum nicht leere Worte
waren.3

Besonders wurde die Aufmerksamkeit der mailändischen Humanisten wieder auf dieses Werk ge-
lenkt, als die erste Ausgabe der Adagien nach Mailand gelangte und Aldus in Person die berühmte,
seinem hieroglyphischen Signet gewidmete Stelle durch die Titusmünze — wohl dieselbe, die ihm einst
Bembo verehrte, — seinen Freunden erläuterte. Grolier, selbst ein eifriger Münzensammler, wurde dadurch
in dem Grade interessiert, dass er das Silberstück an den Rand seiner Adagien abzeichnete und den
Vermerk dazufügte, der noch heute von dem Besuch des Aldus bei ihm Kunde giebt.4

Diese Anwesenheit des berühmten Verlegers war in Mailand ein Ereigniss gewesen. Ihm zu Ehren
hatte sein Wirth Antiquario ein Hendekasyllabon verfasst, das in den Jubelruf endete:

* Aldus venit en, Aldus ecce venit.«

Bald wird man von ihren wissenschaftlichen Unterhaltungen in dem nahen Pavia gehört haben, wenn
Aldus selbst nicht dorthin kam, um seine Kunden aufzusuchen. Dort aber weilte Alciat seit seinem
fünfzehnten Jahr, um den berühmten Juristen Giasone dal Maino zu hören. Dieser war, wie Antiquario,
aus einem Anhänger des Lodovico Moro, dessen Tochter Bianca Maria er nach Innsbruck zur Hochzeits-
feier mit Maximilian I. begleitet hatte, ein Parteigänger der Franzosen geworden, vollends als ihn Lud-
wig XII. auf seinem Siegeszuge von Genua 1507 in Pavia besonders ausgezeichnet hatte. Sicherlich hat

1 Vgl. Firmin Didot, Aide Manuce, p. 318. Die Moralia erschienen im März 1509.

3 So schreibt Alciat an Calvi am 19. Dezember 1520, daS er »in prima rudimentorum infantia« dem Parrasio »Juve-
nalis satyras manuscriptas et vetustissimas« geliehen habe. Bei seinem Wegzuge nach Avignon ließ er in Mailand eine ganze
Bibliothek zurück; vgl. den im Oktober 1518 geschriebenen Brief.

3 V°l. M. Le Roux de Lincy, Recherches sur Jean Grolier, sur sa vie et sa bibliotheque (Paris 1866), p. 68, 86 und
262 über die bei Grolier vorhandenen Exemplare des Polifilo. Ueber die Beziehungen Alciat's zu Grolier vgl. den Brief an
Calvi vom 26. September 1520, nachdem er beabsichtigt, ihm seine »annotationes in Ausonium« zu widmen, und den Brief
des Rhenanus an ebendenselben vom 9. Februar 1519 mit dem Schluss: »commenda me incomparabili virtutis et litera-
rum decori S. Jo. Grolierio et Andreae Alciato«, bei Gudius, p. 78 und 151.

4 Aldus' Aufenthalt in Mailand fällt in die Zeit zwischen September 1508, dem Tage des Erscheinens der Adagien und
März 1509, als er seinen Dank an Antiquario für die Aufnahme in Mailand mit den Moralia veröffentlichte. Ueber die In-
schrift in dem Exemplar der Adagien von 1508 vgl. Le Roux de Lincy, a. a. O., p. 212; sie lautet: »ex eodem numismate,
cujus nobis ipse Aldus, cum Mediolani apud nos esset, copiam fecit, hoc exemplar deduetum proprium et inscriptam hic
effigiem refert fidelissime. Jo. Grolierius, Lugdunensis.* Diese Copie ist kürzlich von Dorez in seinen Emdes Aldines (Revue
des bibliotheques, VI. Anne'e, 1S96. p. 147) nach einer Abbildung der Gazette des Beaux Ans (1876, p. 565) wiedergegeben.
Dorez — p. 158 — nimmt die Anwesenheit des Aldus in Mailand 1508 nur als möglich an. Dagegen der Wortlaut des
Vermerks!
 
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