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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0150
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Karl Giehlow.

er die vortrefflichsten Beziehungen auch zu Grolier unterhalten, die selbstverständlich Alciat zu Gute
kamen, seinem bevorzugten Lieblingsschüler und Vertrauten.1

Durch die Leetüre der Adagien über das Wesen der Hieroglyphen unterrichtet, wird der junge
Rechtsbeflissene ihre so seltsame Ausnahmestellung innerhalb der Interpretationslehren des römischen
Rechts bereits beim Studium dieser Anfangsgründe zu Pavia beobachtet haben. Das führte von selbst
dazu, nach dem Vorgang Colonnas in den Münzsymbolen Hieroglyphen zu wittern und diese zu deuten.
So regten ihn wahrscheinlichst damals Silbermünzen römischer Kaiser dazu an, den Wahlspruch seines
Lehrers »virtuti fortuna comes«, der über dem Eingang zu dessen Palast in Pavia prangte, durch den
Caduceus zwischen zwei Füllhörnern hieroglyphisch wiederzugeben.2 Denn man muss auch bedenken,
wie seit der »calata« Carls VIII. und vollends Ludwigs XII. gerade in Mailand die Sitte, solche > Imprese«
zu bilden, durch die Anwesenheit der glänzenden französischen Ritter in Aufnahme kam, die sich selbst
und ihre Mannschaften damit zu schmücken pflegten.3 In aller Erinnerung war besonders die goldene
Stickerei, welche Ludwig XII. vor Genua getragen hatte, »un roi d' abeilles« umgeben vom Bienen-
schwarm mit den Worten: >non utitur aculeo rex, cui paremus«. Hier war die Anlehnung an die von
den Alten beschriebenen Hieroglyphen offenbar und musste zur Nachahmung reizen.4

Alciat hat den Wahlspruch seines Lehrers zu seinem eigenen gemacht und, wie sein Freund Paolo
Giovio erzählt, die ihn darstellenden Zeichen auch allein als Ersatz der Schrift gebraucht, während eine
Medaille und eine Sculptur auf seinem Grabmal in der Kathedrale zu Pavia sie mit der Legende
ANAPOS AIKATOr KAPnOS OTK AÜOAAYTAI aufweisen.5 Ob nicht der junge Student gleichzeitig
auch die den Sinn des Spruches bedingenden Eigentümlichkeiten dieser Hieroglyphen in die knappe
Form jenes Epigramms gefasst hat, das in der ersten Ausgabe der Emblemata den Spruch des Lehrers
derart bilderräthselhaft umschreibt:

»Anguibus implicitis geminis caduceus alis
Inter Amaltheae cornua rectus adest;
Pollentes sie mente viros fandique pentos
Indicat, ut rerum copia omnia beet.t6

Keineswegs wäre dies unmöglich, obwohl das Prädicat »rectus« an die Ausdrucksweise Erasmus' bei
der obenerwähnten Beschreibung des Signetes Froben's in den später erschienenen Basler Adagien-Aus-
gaben erinnert. Nahe genug lag dazu der Gedanke für Alciat bei seiner früh entwickelten Neigung zur
epigrammatischen Dichtung.

1 Ueber Giasone dal Maino vgl. Tiraboschi, tom. VI, parte I, p. 425 ff. Aldus spricht in seinen Parerga juris, lib. 5,
cap. 26, folgendermaßen von ihm: »Jasoni, quod mihi praeeeptor et communieeps atque etiam non vulgari familiaritate con-
junetus fuisset«.

3 Vgl. oben, S. 56, Anm. 2.

3 Vgl. Ragionamento di Möns. Paolo Giovio sopra i motti et disegni d'arme et d'amore, che communemente chiamano
mprese, con un discorso di Girolamo Ruscelli, intorno allo stesso soggetto (Veneria 1556); auf S. 10 die Notiz über den
Wahlspruch Giasones, auf S. 5 die Stelle über die Verbreitung der Imprese: >ma ä questi nostri tempi doppo la venuta del
Re Carlo Ottavo et di Lodovico XII in Italia ogn' uno, che seguitava la militia imitando i capitani Francesi cercö di ador-
narsi di belle et pompöse imprese«.

'• Vgl. Mrs. Bury Palliser, Historie devices, badges and war-cries (London 1870), p. 112. Dort wird nach Montfaucon
nur die Inschrift: »non utitur aculeo rex« wiedergegebeu. Der Artikel »Devise« in der »Grande Encyclopedie« giebt die obige
Version. Ueber die Hieroglyphe der Biene für einen König bei Ammianus vgl. oben, S. 18. In der durch Blondus, Roma
instaurata verbreiteten Lesart — vgl. darüber S. 21 — heisst die Stelle: »per speciem apis mella conficientis indicant regem,
moderationi cum jocunditate aculeos quoque innasci debere his signis ostendentes«. Bei Horapollon lib. I, cap. 62, ist die
Biene das Sinnbild des dem König gehorchenden Volkes.

' Vgl. Giovio, a. a. 0., p. 96: »portö ancora il dotlissimo M. Andrea Alciato, novellamente passato ä miglior vita, il
caduceo di Mercurio, con corno della divitia della capra Amaltea, volendo significare, che con la copia delle dottrine et con
la facultä delle buone littere, delle quali si figura Mercurio padrone, haveva acquistato degno premio alle sue fatiche, ma in
vero questa bella impresa haveva bisogno d' un anima.« Abbildungen der sowohl Inschrift als Bild zeigenden Medaille und
Sculptur giebt Green, a. a. O., p. 96 und vor p. I des Vorwortes.

' Vgl. Alciat, Emblemata (Augsburg I53l), p. B. Der Holzschnitt giebt hier nicht Füllhörner, sondern in naiver
Weise wirkliche Ziegenhörner wieder. Erst in den französischen Ausgaben wird das Emblem im Sinne der antiken Münzen
abgebildet.
 
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