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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0170

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Karl Giehlow.

kennzeichnen, galt sie in der Folge bis einschliesslich Gregorovius als eine selbstständige Untersuchung des
Calcagnini und musste sogar wegen ihres doch nur dem Plutarch entlehnten Inhaltes Tadel erfahren.1

War immerhin die jetzt ide rebus Aegyptiacisz überschriebene Uebersetzung, als Calcagnini den Brief
schrieb, noch nicht abgeschlossen, so ergibt doch die hierzu erhaltene Anregung durch die i5og erschienene Aldina
eine nähere Zeitgrenze für die Entstehung des Briefes mit dem Horapollonaus^uge. Zwischen i5og und i5iy wird
er abgefasst worden sein, so dass Calcagnini das Verdienst gebührt, durch seine Ueberset^ungen mit querst in
Italien den ägyptologischen Studien eine feste Grundlage |u ihrer selbstständigen Entwicklung gegeben zu haben.

Was den Aus-ug aus dem Horapollon betrifft^ so sollte er auf Vollkommenheit schwerlich Anspruch
machen. Trotzdem eignete er sich, seiner Kür^e wegen, hier im Abdruck gegeben zu werden, wo es gilt, ein an-
schauliches Bild von der Menge der neuen Sinnbilder zu liefern, die mit den hieroglyphischen Studien in die
Bildersprache der Renaissance eindrangen. Aus diesem Grunde gebot sich nicht nur die Ergänzung seiner Lücken
sondern auch die Anführung abweichender Uebertragungen, wie sie ausser Phasianinus noch Trebatius in der bei
Eroben i5iS erschienenen Ausgabe des Horapollon gegeben hat. Dabei leitete jedoch nur der ikonographische
Gesichtspunkt. Nicht jede Variante in der Wahl der Worte sondern nur jede ein neues Sinnbild bedingende
Ausdrucksyveise wurde vermerkt. So soll dieses Verzeichnis im Falle eines neuen Fundes von Dürerzeichnungen
eine Handhabe zur Feststellung bieten, ob sie ^u den verlorenen Horapollonzeichnungen gehören. Zur grösseren
Uebersichtlichkeit wurden die einzelnen Hieroglyphen numerirt, diese Zahlen durch cursiven Druck, die eben
geschilderten Zusätze durch Klammern gekennzeichnet und die hieroglyphischen Zeichen im Gegensatz V* ihren
Deutungen gesperrt gedruckt.

Im Unterschiede zu dieser Numerirung des Hörapollonauszuges dient für die Bezeichnung der von Calca-
gnini aus anderen Ueberlieferungen angeführten Hieroglyphen die Buchstabenfolge. Sie erleichterte hier klarzu-
legen, wie sich die letzteren auf bestimmte alte Autoren verteilen.

Danach hat Calcagnini folgende Schriftsteller herangezogen: Ammianus Marcellinus, lib. XVII, für a und b;
Servius2 für c; Diodorus, lib. IV,3 für d, e und g; Rufinus, hist. eccles., lib. XI, cap. XXIX, für h; Eusebius, de
praep. evang., lib. 1, für f, i, k; Jamblichus, de mysteriis, für l, m und Plutarcli in dem oben erwähnten Tractat
■»de Iside et Osiridet- für p bis y. Für die beiden von Calcagnini noch weiter angeführten Hieroglyphen, n: rota,
gleich rerum humanarum vicissitudo und 0: lucerna gleich vita, glückte es bisher nicht, so beliebte Sinnbilder der
Renaissance sie auch sind, einen von Calcagnini schon damals sicher gekannten alten Schriftsteller nachzuweisen,
welcher sie als Hieroglyphe oder ägyptisches Symbol mit dieser Bedeutung erwähnt. Es scheint keineswegs un-
möglich, dass hier Calcagnini verschiedene Stellen frei combinirt und in seiner Weise gedeutet hat. Bei der
lucerna half ihm wohl die Erklärung des Philippus Beroaldus zum XI. Buch des Asinus Aureus, wo einmal die
lucerna als religionis aegyptiae symbolum bezeichnet und dann aus einer Stelle von Senecas Buch ide beata vita«
näher gedeutet wird. Aber es mag auch die Abhandlung in den Moralien des Plutarch über die symbolische Be-
deutung des Lichtes mitgewirkt haben.*

Uebrigens hat Calcagnini nicht alle die genannten Autoren selbst excerpirt. Für die Hieroglyphen a bis y
Zog er sicherlich die eben genannten Commentare des Beroaldus heran, wie dies die grösstentheils genau über-
einstimmende Reihenfolge und die gleiche Beschreibung beweist. Während z- B. seit Poggios Diodorübersetzung
die Hieroglyphe g gewöhnlich mit den Worten: dextera manus digitis passis liberalitatem, beziehungsweise
sinistra compressis tenacitatem atque avaritiam näher umschrieben wird, gibt Calcagnini die gekürzte Ausdrucks-
yveise des Beroaldus: dextera expansa liberalitatem, sinistra compressa tenacitatem. Gleiche Gründe sprechen
auch für die Benützung von Petrus Crinitus' Werke ide honesta disciplina*, welches zuerst in Florenz i5o4 er-
schienen war. Gerade dieser Autor hat die von Calcagnini aus Rufinus, Eusebius und Jamblichus aufgeführten
Hieroglyphen ausführlich mit Nennung der Quellen besprochen.5 In dem Bestreben, für den Zweck des Auszuges
entsprechende Kürzungen vorzunehmen, sind manchmal von Calcagnini andere Worte gewählt, sonst finden sich
auch die dem Crinitus eigenthümlichen Ausdrücke bei Calcagnini wieder, wie z- B. bei m die Deutung des Lotus
als deus et divina mentis perfectio. Sind danach die Hieroglyphen h bis m ebenfalls nicht als Ergebnis eines
directen Quellenstudiums in den Auszug aufgenommen, so bleibt als eigenes directes Excerpt nur die Folge von
p bis y, also dasjenige, was bei der Beschäftigung mit dem Tractat des Plutarch als bemerkenswerth erschien.
Auch diese verhältnismässig starke Anlehnung an fremde Arbeit statt selbstständiger Durchforschung der ver-

1 Vgl. Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, Band VIII (Stuttgart 1896), S. 316, und den lobenden
Artikel über diese als Calcagnini's Geisteswerk geltende Arbeit bei Ersch und Gruber, den tadelnden in der Biographie generale.
Allerseits wird übersehen, dass hier nur eine Uebersetzung vorliegt. Daher wird sie auch von Gustav Parthey in seiner
Ausgabe dieses Tractates (Berlin 1850) überhaupt nicht berücksichtigt.

2 Vgl. Erasmus, Adagiorum Opus (Basel, Froben, 1513), p. 112.

3 Bücherzahl nach Poggios Uebersetzung angegeben.

4 In den Stromateis des Clemens Alexandrinus wird (lib. V, cap. 8, p. 672) ein Dionysius Thrax erwähnt, der eine
eigene Schrift über die symbolische Erklärung des Rades geschrieben hat. Ob aber Clemens damals bereits eingehend von
Calcagnini studirt war, erscheint zweifelhaft. Bei seiner Plutarchübersetzung hat er ihn nicht zu Rathe gezogen, um die hiero-
glyphische Inschrift zu Sais zu ergänzen, obwohl er anderswo Lücken nicht nur ausfüllt sondern auch Excurse, z. B. über den
gallischen Hercules aus Lucian gibt; vgl. Opp., Froben 1544, P- und 23l\

J In lib. VII, cap. II die Stelle des Rufinus; lib. XVI, cap. II die Stellen aus Eusebius; lib. XX, cap. IV die Stellen aus
Jamblichus. Vgl. über Crinitus oben, S. S5.
 
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