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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Kenczler, Hugo: Zwei Altarflügel aus der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts in der kaiserlichen Gemäldegalerie zu Wien und im Rákóczi-Museum zu Kaschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0262
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ZWEI ALTARFLÜGEL AUS DER ERSTEN HÄLFTE DES XV. JAHR-
HUNDERTS IN DER KAISERLICHEN GEMÄLDEGALERIE ZU WIEN
UND IM RÄKÖCZI-MUSEUM ZU KASCHAU.

Von

Hugo Kenczler.

Im Saale VII der Wiener kaiserlichen Gemäldegalerie hängt unter Nr. i3g5
eine doppelseitig bemalte Tafel, die wegen der sehr guten Qualität und des
hohen Alters der darauf gemalten Bilder zu den Zierden der Sammlung ge-
rechnet werden kann. Auf der Vorderseite der Tafel ist die Anbetung der
hl. drei Könige dargestellt, auf der Rückseite rechts die Vermählung der Jung-
frau Maria mit Josef, links die Wahl des Gatten, symbolisiert durch die Er-
zählung der Geschichte der zwölf Ruten. Die Datierung und Lokalisierung
der Bilder hat schon einiges Kopfzerbrechen verursacht. Christian Mechel,1 in dessen Verzeichnis
vom Jahre 1783 die Bilder zuerst erwähnt werden, setzt sie noch ins XIV. Jahrhundert, Engerth2
um 1400, Krafft3 Anfang des XV. Jahrhunderts, der neue offizielle Katalog4 in die Mitte des
XV. Jahrhunderts, Semper5 läßt sie erst um 1465 entstehen. Auch hinsichtlich der Lokalisierung ist
keine Einstimmigkeit der Meinungen vorhanden. Krafft benützt zuerst die Benennung «Oberdeut-
sche Schule», die noch jetzt auf dem Bildrahmen zu lesen ist; der neueste Katalog von 1907 ist
mit dieser etwas zu weitgefaßten Bezeichnung nicht mehr zufrieden und möchte die Herkunft der
Bilder etwas näher kennzeichnen. Er zitiert Dörnhöffers Urteil, nach dem die Tafel «zu einer be-
stimmten Gruppe von Bildern bayerischen Ursprungs gehört, von denen sich Beispiele in Krems-
münster, Schleißheim, Aschaffenburg und Augsburg befinden». Es scheint aber, daß sich die Ver-
waltung der Wiener Galerie mit dieser Meinung nicht identifiziert; denn die Aufschrift der Tafel
und die Bezeichnung im Kataloge ist der Ansicht Dörnhöffers nicht angepaßt. Semper erwähnt
und publiziert das Werk als eine Arbeit der alttirolischen Schule; Stadler6 meint, das Bild habe
mit dem Berliner Multscher-Altar, also mit dem jungen Multscher, einen sicheren und festen Schul-
zusammenhang, wobei aber nicht zu vergessen ist, daß nach seiner Ansicht die Kunst des jungen
Multscher nicht aus Ulm, sondern aus dem oberbayerischen Gebirgslande herzuleiten sei. Kehrer7
übernimmt die Ansicht Stadlers; er will in unserem Bilde das Endglied der von Stadler auf-
gestellten Entwicklungsreihe sehen, dessen Anfangsglied der Multscher-Altar in Berlin sei und
deren Zwischenglieder die Glasfenster der Bessererkapelle in Ulm und der Laufener Altar bilden;
seine Ansicht, daß der Berliner «Pseudomultscher» mit dem Meister der Sterzinger Tafel und mit

1 Verzeichnis der Gemälde der kais.-kön. Bilder-Gallerie in Wien, S. 232 (Nr. 9).

2 Eduard v. Engerth, Beschreibendes Verzeichnis, Bd. III (Wien 1886), S. 66.

3 Albrecht Krafft, Verzeichnis der kais.-kön. Gemälde-Gallerie im Belvedere zu Wien (Wien 1845), S. 195.

4 Erschienen 1907, S. 316—317.

' H. G. Semper, Alttirolische Kunstwerke des XV. und XVI. Jahrhunderts, Innsbruck 1902, S. 1, Bl. II.

* Fr. Stadler, Hans Multscher und seine Werkstatt, Straßburg 1907, S. 49 — 58.

7 A. Kehrer, Die heiligen drei Könige in Literatur und Kunst II (Leipzig 1909), S. 247—250.
 
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