Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

DOI Artikel:
Kenczler, Hugo: Zwei Altarflügel aus der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts in der kaiserlichen Gemäldegalerie zu Wien und im Rákóczi-Museum zu Kaschau
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0282
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
274

Hugo Kenczler.

lichkeit des Gestaltungsprinzipes und gerade das ist es. was auf eine gemeinsame Kunsttradition
hinweist.

Einige andere Beobachtungen mögen nur ganz kurz erwähnt werden. Die Engel in der Ge-
burt Mariae und in der Verkündigung an die Hirten, deren Leiber ganz vom Gewände eingehüllt

sind und deren plötzliches Herabfliegen frisch
und geschickt dargestellt ist, gehen auf die-
selbe Schultradition zurück wie jene auf der
Kreuzigung in der Stiftsgalerie zu Hohenfurt.1
Auch die beiden anderen Engel und der viel
gröber behandelte Engel rechts oben in der
Hohenfurter Beweinung2 weisen auf dieselbe
Quelle. Die Köpfe aller dieser Engel stehen
einander ebenfalls nahe und die farbige Be-
handlung der Flügel ist überall die gleiche.
Der Verkündigungsengel auf der schon er-
wähnten Budweiser Geburt Christi3 ist ebenso
flüchtig und flott gemalt wie auf dem Ka-
schauer Bilde; hier wie dort ein stehender
und ein sitzender Hirt und der Hund, der
erregt den Engel anbellt. Die drei Schafe,
die etwas weiter unten weiden, sind in ein-
facherer, primitiverer Form die Vorbilder un-
serer Herde. Die zwei Hirten und die Schafe
kehren in einer entwickelteren und unserem
Bilde näher stehenden Form in der Geburt
des Schlosses Frauenberg wieder.4

Dazu kommen einzelne Ähnlichkeiten des
Kostüms. Die Kappe des Mannes rechts auf
Tafel V des Ernstschen Werkes wird auch von
dem Manne getragen, der in Wien die Krone
des ersten Königs in den Händen hält. In
Wien werden jedem, der die Anbetung der
Könige betrachtet, die schönen, reichen Kro-
nen auffallen, die aus Goldblech gestaltet und
mit prachtvollen großen, farbigen Edelsteinen
Fig. 8. Obere Partie aus der «Grablegung Christi», Detail aus verziert sind; ihre Form wie die der darge-
dem Barbara-Altar (1447) des Schlesischen Museums zu Breslau. _ . .

brachten Goldschmiedewerke weist auf kein

sicheres Gebiet der Goldschmiedekunst. Noch
reicher und prächtiger als die der Könige ist die der hl. Maria nicht nur durch ausgedehntere Ver-
wendung der Edelsteine und Perlen sondern hauptsächlich dadurch, daß die Krone selbst aus einer
Reihe von nebeneinander sitzenden Goldblechblättern gebildet ist. Ahnliche Kronen zeigen die
Tafeln XVIII, XXVIII, XLIX, L, LV, LVI der Ernstschen Publikation.

Um endlich noch ein kompositionelles Moment zu erwähnen, so ist schon Stadler die Primi-
tivität der Massendarstellung im Gefolge der hl. drei Könige aufgefallen; man sieht nichts anderes
als übereinandergereihte Helme. Eine ähnliche Gruppe findet sich auf dem schon erwähnten Bilde

1 R. Ernst, Taf. XXII.

3 R. Ernst, Taf. VI.

' R. Ernst, Taf. XXXVI.

4 R. Ernst, Taf. XXIV.
 
Annotationen