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Friedrich Winkler.
schmuckes, wurde also von Meister E und seiner Werkstatt ausgeführt. Das Blatt des Meisters G
wirft neues Licht auf die Entstehung unseres Gebetbuches. Man erkennt in G leicht den Brügger
Miniaturisten Wilhelm Vrelant wieder.1 Vrelant ist in Brügge von 1454—1481 nachweisbar. Da
er schon im Gründungsjahr der Miniaturistengilde S. Johannes, 1454, in ihren Registern aufgeführt
wird, ist anzunehmen, daß er schon vorher in Brügge war. 1482 bezahlt seine Witwe den Jahres-
beitrag für die Gilde.
Unsere Kenntnis von Vrelants Stil stammt aus den Miniaturen des zweiten Bandes der be-
rühmten Chronik von Hennegau in Brüssel (cod. 9243), für die er vom burgundischen Hofe 1468
Fig. 10. Paris, Petit Palais, Sammlung Dutuit Nr. 456, Fol. 89'.
bezahlt wird. Die Bilder der Handschrift tragen Merkmale ausgiebiger Gehilfenarbeit deutlicher
als manches kleine Gebetbuch seiner Werkstatt. Wir verdanken Durrieu die erste Studie, die mit
großem Erfolge auf stilkritischem Wege dem Meister Werke zuteilte.2 Die Resultate des ausge-
zeichneten französischen Gelehrten sind, wie ich mich — außer bei der Sieneser und der Aren-
berghandschrift — durch Autopsie überzeugen konnte, unanfechtbar. Durrieu nennt als Werke
Vrelants:
1. «Histoire du bon roi Alexandre.» Sammlung Dutuit, Paris (Petit Palais). Vor 1476. Der
zweite Teil der Miniaturen vom Meister des Goldenen Vließes (Figg. 9, 10).
2. Zweiter Band der «Histoire de Hainaut». Brüssel (cod. 9243; Fig. 11). Vor 1468.
' Urkunden über Vrelant bei Laborde, Les ducs des Bourgogne I; Pinchart im Bulletin des commissions royales d'art
et d'archeologie IV (1865), p. 477; Weale in Le Beffroi IV. Eine Zusammenstellung der Lebensdaten bei Schestag: Jahrbuch
der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses XX. — Im Burlington Magazine, Bd. XII (1907/8), p. 309, bringt
Weale ohne nähere Angabe ein Dokument, wonach «Willem van Vreelant. f. Jacob, van Utrecht» 1456 das Bürgerrecht in
Brügge erwirbt und aus Utrecht stammt. Da Vrelant schon 1454 im Mitgliederverzeichnis der Miniaturistengilde in Brügge
genannt wird, müssen wir annehmen, daß er sich geraume Zeit in Brügge aufhielt, ohne Bürger der Stadt zu sein.
- Revue de l'art ancien et moderne 1903, I.
Friedrich Winkler.
schmuckes, wurde also von Meister E und seiner Werkstatt ausgeführt. Das Blatt des Meisters G
wirft neues Licht auf die Entstehung unseres Gebetbuches. Man erkennt in G leicht den Brügger
Miniaturisten Wilhelm Vrelant wieder.1 Vrelant ist in Brügge von 1454—1481 nachweisbar. Da
er schon im Gründungsjahr der Miniaturistengilde S. Johannes, 1454, in ihren Registern aufgeführt
wird, ist anzunehmen, daß er schon vorher in Brügge war. 1482 bezahlt seine Witwe den Jahres-
beitrag für die Gilde.
Unsere Kenntnis von Vrelants Stil stammt aus den Miniaturen des zweiten Bandes der be-
rühmten Chronik von Hennegau in Brüssel (cod. 9243), für die er vom burgundischen Hofe 1468
Fig. 10. Paris, Petit Palais, Sammlung Dutuit Nr. 456, Fol. 89'.
bezahlt wird. Die Bilder der Handschrift tragen Merkmale ausgiebiger Gehilfenarbeit deutlicher
als manches kleine Gebetbuch seiner Werkstatt. Wir verdanken Durrieu die erste Studie, die mit
großem Erfolge auf stilkritischem Wege dem Meister Werke zuteilte.2 Die Resultate des ausge-
zeichneten französischen Gelehrten sind, wie ich mich — außer bei der Sieneser und der Aren-
berghandschrift — durch Autopsie überzeugen konnte, unanfechtbar. Durrieu nennt als Werke
Vrelants:
1. «Histoire du bon roi Alexandre.» Sammlung Dutuit, Paris (Petit Palais). Vor 1476. Der
zweite Teil der Miniaturen vom Meister des Goldenen Vließes (Figg. 9, 10).
2. Zweiter Band der «Histoire de Hainaut». Brüssel (cod. 9243; Fig. 11). Vor 1468.
' Urkunden über Vrelant bei Laborde, Les ducs des Bourgogne I; Pinchart im Bulletin des commissions royales d'art
et d'archeologie IV (1865), p. 477; Weale in Le Beffroi IV. Eine Zusammenstellung der Lebensdaten bei Schestag: Jahrbuch
der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses XX. — Im Burlington Magazine, Bd. XII (1907/8), p. 309, bringt
Weale ohne nähere Angabe ein Dokument, wonach «Willem van Vreelant. f. Jacob, van Utrecht» 1456 das Bürgerrecht in
Brügge erwirbt und aus Utrecht stammt. Da Vrelant schon 1454 im Mitgliederverzeichnis der Miniaturistengilde in Brügge
genannt wird, müssen wir annehmen, daß er sich geraume Zeit in Brügge aufhielt, ohne Bürger der Stadt zu sein.
- Revue de l'art ancien et moderne 1903, I.