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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Winkler, Friedrich: Studien zur Geschichte der niederländischen Miniaturmalerei des XV. und XVI. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0322
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3 io

Friedrich Winkler.

Fig. 25. Paris, Bibliotheque Nationale, Ms. francais 6185, Fol. I.

Tournai kommt als Sitz des Miniators in Betracht, schuf er doch Bilder in dem Augustinus des
Jean Chevrot von Tournai.1 Zu diesem würde gut die Anbetung des Kindes der Chevrot-Hand-
schrift stimmen, die das seltene Motiv der Zelomi und der ungläubigen Salome bringt, deren ver-
dorrte Hand durch Berührung des Körpers des Christuskindes geheilt wird (Fig. 27). Eben dieses
Motiv hat auch die Anbetung des Kindes in Dijon vom Meister von Flemalle. Die Forschung
der letzten Jahre glaubt, diesen Künstler auf Nordfrankreich, beziehungsweise Südbelgien lokali-
sieren zu können, einige Gelehrte nehmen schon Tournai als Ort seiner Tätigkeit an. Auch die
Anordnung der Figuren auf der Miniatur und dem Tafelbild bietet wohl einige Verwandtschaft.
Daß wir es nicht mit einem Franzosen sondern zweifellos mit einem flämischen Künstler zu tun
haben, wird sich im Verlaufe der Untersuchung auch für den ergeben, der im Stil des Künstlers
nicht ohne weiteres das flämische Element zu erkennen vermag.

1 A. de la Grange und L. Cloquet (Etudes sur l'art a Tournai 1889, II, p. 17) möchten annehmen, daß der Augustinus
von Künstlern aus Tournai ausgeschmückt sei. Interessant ist in diesem Zusammenhange der folgende Passus bei E. de Busscher
(Messager des sciences historiques 1859, p. 114): «Au XVe siecle la ville de Gand resortissait ä l'ancien diocese de Tournai,
qui etait uni ä celui de Noyon et se trouvait dans le cercle de l'archeveche de Rheims. L'eveque Jean Chevrot, con-
seiller de Philippe le Bon, residait d'ordinaire ä Bruges. II avait des hötels episcopaux ä Gand et ä Tournai. II mourut ä
Lille, en septembre 1460.» Jedenfalls illustriert diese Stelle die Beziehungen der drei Städte Brügge, Gent und Tournai
aufs neue.
 
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