Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

DOI article:
Winkler, Friedrich: Studien zur Geschichte der niederländischen Miniaturmalerei des XV. und XVI. Jahrhunderts
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0332
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
2>20

Friedrich Winkler.

kann nach den Untersuchungen von Le Roux de Lincy und Tisserand dahin resümieren, daß
Guillebert um i38o schon in Paris war. — Schilderungen in seiner berühmten Beschreibung von
Ereignissen dieser Zeit, die er selbst gesehen haben will, lassen es annehmen — dort auch später
lange lebte, daß er sich 1432 in Grammont aufhielt,1 1434 noch am Leben ist und Beziehungen

zu Johann ohne Furcht hatte.2
Unser Miniaturmaler hat
nicht allein an dem Boccaccio
des Arsenals gearbeitet, doch läßt
sich sein Anteil genau feststellen.
Er schuf alle Miniaturen bis fol.
46', dann fol. 97' (Fig. 37), io3',
108', 116 (Fig. 38) bis 144', 150',
J75» r9S—221'. Inkarnat, Falten-
zeichnung mit den merkwürdigen
schwarzen Linien, Drolerien und
anderes kommen genau wie in
Brüssel vor und lassen nicht den
geringsten Zweifel über die Zutei-
lung. Obgleich sich nur unter den
Miniaturen unseres Meisters flämi-
sche Beischriften finden, un er
Meister also sehr wahrscheinlich
Flame war, wird der Zusammen-
hang mit französischer Kunst in
keinem anderen Werk des Künst-
lers so deutlich wie hier.3 Be-
sonders auffälliger Art scheint
mir der Zusammenhang mit dem
Meister des «Terence des ducs»
(Arsenalbibliothek) zu sein.4 Die
Analogien können indes einst-
weilen nicht zu weiteren Folge-
rungen genützt werden, da in
keinem anderen Werk des Guille-
bertmeisters so «französische»
Miniaturen anzutreffen sind.5
In einem anderen Werke spielt der Meister eine ziemlich untergeordnete Rolle. Das Brevier
Johanns ohne Furcht im British Museum (add. ms. 35311 und Harley ms. 2897), das ein Erzeugnis

1 Das geht aus einer Le Roux de Lincy und Tisserand unbekannt gebliebenen Rechnung hervor: 1432: «A Guilbert
de Metz, demeurant ä Grammont, pour 2 livres que monseigneur [sc. Philipp der Gute] a fait prendre et acheter de lui,
Tun nomme la Somme le Roy et l'autre Sydrac 63 1. 12 s. de 14 gr.» [vgl. Gachard, Rapport ä M. le Ministre de l'Interieur
sur les Archives de la Chambre des comptes ä Lille, Bruxelles 1836].

2 Was Le Roux de Lincy und Tisserand über einen Aufenthalt Guilleberts von 1407—1434 in Paris sagen, ist nur
geeignet, Verwirrung zu stiften. — Eine ausführliche Abhandlung über Guillebert von V. Fris in den «Annales de l'Academie
royale d'archeologie de Belgique» 1912, p. 333/66, ist mir erst nach Abschluß dieser Studie zu Gesicht gekommen. Fris
sucht nachzuweisen, daß Guillebert aus Grammont stamme, wo er 1425 und 1434 als Schöffe, 1430 als Steuereinnehmer er-
wähnt wird. «De Mets» bedeutet für Fris «der Steinmetz». Es ist nach diesen Untersuchungen nicht unmöglich, daß unser
Miniaturmaler ein von Guillebert in Grammont beschäftigter Künstler ist.

3 Über die Beischriften vgl. S. Berger und P. Durrieu, Bulletin de la Societe des Antiquaires de France 1892, p. 27.

4 H. Martin, Le Terence des Ducs, Paris 1907.

5 Durrieu hat sich ebenfalls über die Arsenalhandschrift geäußert. Er wies (Bibliotheque de l'ecole des chartes LXXI
[1910], p. i3) nach, daß «ce fameux decameron de 1'Arsenal n'est au point de vue de son illustration qu'une Imitation, pres-

Fig. 36. Brüssel, königl. Bibliothek, Cod. 9005, Fol. 338.
 
Annotationen