Studien zur Geschichte der niederländischen .Miniaturmalerei des XV. und XVI. Jahrhunderts.
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weise auch die geringeren französischen Handschriften vom Anfang des Jahrhunderts auszeichnet.
Eine unerfreuliche Gleichförmigkeit der Bilder, gepaart mit einer Interesselosigkeit des entwerfenden
Meisters an dem Inhaltlichen der Handschrift, machen es unmöglich, in das hohe Lob, das diesen
vielgewandten und betriebsamen Kleinkünstlern oft gespendet wird, einzustimmen. Nur der
Kulturhistoriker wird bei den mit erstaunlicher Treue geschilderten Szenen aus dem trojanischen
Kriege, aus dem Leben Alexanders und Karls des Großen auf seine Rechnung kommen. Sind
doch alle diese Miniaturen nichts als Spiegelbilder der Trachten und Sitten der Zeit des Künst-
lers selbst.
Keiner der burgundischen Hof-
miniaturisten hat Karl den Kühnen lange
überlebt. Vrelant ist um 1481/2 in
Brügge gestorben, Liedet schon 1478,
Mazerolles um 1480, Marmion 148g.
Die nachfolgende Generation hat
nur noch selten so umfangreiche Co-
dices zu schmücken gehabt. Louis de
Bruges, Seigneur de Gruuthuyse, war
der einzige, der auch jetzt noch der-
artige Aufträge gab. Hie und da ließ
ein ausländischer Fürst, ein reicher Ade-
liger eine Chronik oder einen Roman
ausschmücken. Im allgemeinen über-
wiegt aber das liturgische Buch. Schon
Vrelant und die anderen Hofkünstler
hatten Gebetbücher zu zieren. Wir
hören von einem solchen — anschei-
nend sehr kostbaren — für Philipp den
Guten, das Marmion aufgetragen wurde,
einem zweiten, das die Bürger von
Brügge Karl dem Kühnen schenkten
und das dieser durch Mazerolles er-
gänzen ließ. Von Tavernier ist ein
Gebetbuch für Philipp den Guten in
der Bibliothek im Haag erhalten.
Gewiß waren dies nicht die Haupt-
aufträge. Liedet scheint nur selten
Hand an ein Gebetbuch gelegt zu
haben, Vrelant lassen sich mehrere zu-
weisen, von dem Petersburger Marmion sind bisher nur Fragmente eines solchen bekannt geworden.
Der Zeit um 1500 werden alle die liturgischen Handschriften zugewiesen, deren Miniaturen
Rahmen mit großen Blüten, Schmetterlingen und anderen Insekten auf dunklem Grund haben. Ihre
Entstehung verteilt sich in Wirklichkeit auf die Zeit von etwa 1480—1530. Bessere oder geringere
Proben dieser Kunst besitzt fast jede Bibliothek, die Handschriften ihr eigen nennt.
Der dank Durrieu bisher am deutlichsten erkennbare Vertreter des neuen Stils ist Alexander
Bening. Es ist bemerkenswert, daß auch er wie die früheren Künstler einen Mäzen hat: Louis de
Bruges. Benings Schaffen läßt sich von etwa 1480 an verfolgen. 1483 tritt bei ihm zuerst jener
Randschmuck der Brügge - Genter Gebetbücher um 1500 auf. In der Zeit des Übergangs war
auch Jean van der Moere tätig, ein ziemlich schwacher Künstler, dem ein 1484 vollendetes Catho-
licon der Brüsseler Bibliothek zuzuschreiben ist, — einiges in dem Buche ist von anderer Hand.
XXXII. 45
Fig. 51. Berlin, kgl. Kupferstichkabinett, 78 B. 15.
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weise auch die geringeren französischen Handschriften vom Anfang des Jahrhunderts auszeichnet.
Eine unerfreuliche Gleichförmigkeit der Bilder, gepaart mit einer Interesselosigkeit des entwerfenden
Meisters an dem Inhaltlichen der Handschrift, machen es unmöglich, in das hohe Lob, das diesen
vielgewandten und betriebsamen Kleinkünstlern oft gespendet wird, einzustimmen. Nur der
Kulturhistoriker wird bei den mit erstaunlicher Treue geschilderten Szenen aus dem trojanischen
Kriege, aus dem Leben Alexanders und Karls des Großen auf seine Rechnung kommen. Sind
doch alle diese Miniaturen nichts als Spiegelbilder der Trachten und Sitten der Zeit des Künst-
lers selbst.
Keiner der burgundischen Hof-
miniaturisten hat Karl den Kühnen lange
überlebt. Vrelant ist um 1481/2 in
Brügge gestorben, Liedet schon 1478,
Mazerolles um 1480, Marmion 148g.
Die nachfolgende Generation hat
nur noch selten so umfangreiche Co-
dices zu schmücken gehabt. Louis de
Bruges, Seigneur de Gruuthuyse, war
der einzige, der auch jetzt noch der-
artige Aufträge gab. Hie und da ließ
ein ausländischer Fürst, ein reicher Ade-
liger eine Chronik oder einen Roman
ausschmücken. Im allgemeinen über-
wiegt aber das liturgische Buch. Schon
Vrelant und die anderen Hofkünstler
hatten Gebetbücher zu zieren. Wir
hören von einem solchen — anschei-
nend sehr kostbaren — für Philipp den
Guten, das Marmion aufgetragen wurde,
einem zweiten, das die Bürger von
Brügge Karl dem Kühnen schenkten
und das dieser durch Mazerolles er-
gänzen ließ. Von Tavernier ist ein
Gebetbuch für Philipp den Guten in
der Bibliothek im Haag erhalten.
Gewiß waren dies nicht die Haupt-
aufträge. Liedet scheint nur selten
Hand an ein Gebetbuch gelegt zu
haben, Vrelant lassen sich mehrere zu-
weisen, von dem Petersburger Marmion sind bisher nur Fragmente eines solchen bekannt geworden.
Der Zeit um 1500 werden alle die liturgischen Handschriften zugewiesen, deren Miniaturen
Rahmen mit großen Blüten, Schmetterlingen und anderen Insekten auf dunklem Grund haben. Ihre
Entstehung verteilt sich in Wirklichkeit auf die Zeit von etwa 1480—1530. Bessere oder geringere
Proben dieser Kunst besitzt fast jede Bibliothek, die Handschriften ihr eigen nennt.
Der dank Durrieu bisher am deutlichsten erkennbare Vertreter des neuen Stils ist Alexander
Bening. Es ist bemerkenswert, daß auch er wie die früheren Künstler einen Mäzen hat: Louis de
Bruges. Benings Schaffen läßt sich von etwa 1480 an verfolgen. 1483 tritt bei ihm zuerst jener
Randschmuck der Brügge - Genter Gebetbücher um 1500 auf. In der Zeit des Übergangs war
auch Jean van der Moere tätig, ein ziemlich schwacher Künstler, dem ein 1484 vollendetes Catho-
licon der Brüsseler Bibliothek zuzuschreiben ist, — einiges in dem Buche ist von anderer Hand.
XXXII. 45
Fig. 51. Berlin, kgl. Kupferstichkabinett, 78 B. 15.