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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Winkler, Friedrich: Studien zur Geschichte der niederländischen Miniaturmalerei des XV. und XVI. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0348
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336

Friedrich Winkler.

Der tätigste Übergangsmeister neben A. Bening war wohl der «Meister des Dresdener Gebetbuchs»
(Dresden, kgl. Bibl., A3n). Von ihm sind noch zahlreiche — bisher noch nicht zusammenge-
stellte — Werke erhalten, die teilweise noch den Rahmenschmuck des dritten Viertels des XV. Jahr-
hunderts tragen, teilweise bereits den Blüten-und Insektenrahmen der späteren Zeit. Eines seiner
besten Werke, das Breviar der Isabella von Spanien im Britischen Museum, ist vor 1496/7 entstan-
den. In derselben Handschrift finden wir vier hervorragende Werke eines anderen Künstlers, in
denen die Hand des jungen Gerard David wohl mit Gewißheit erkannt werden kann.

Alexander Bening ist vermutlich nicht der
früheste Vertreter des neuen Stils gewesen.
Wahrscheinlich hat die Wandlung noch unter
den Augen Karls des Kühnen oder bald nach
seinem Tode begonnen. Künstlerisch unbedeu-
tender als A. Bening ist ein Meister, in dessen
Atelier 1479 die Bible historiale für Edward IV.
(Brit. Mus., Royal ms. 18 D IX, X) ausgeführt
wurde. Falls er mit dem Meister der Xenophon-
Handschriften in Brüssel und Genf (cod. 11703
und ms. fr. 75) identisch ist, dürfte er von
nicht zu unterschätzender Bedeutung für die
Entwicklung des Randschmuckes sein. Die bei-
den Handschriften sind vermutlich noch für
Karl den Kühnen selbst ausgeführt worden und
haben als Randschmuck bereits den Blüten-
rahmen.

Keineswegs ist damit der Vorrat an da-
tierbaren Denkmälern jener Zeit erschöpft. Wir
haben ein «Livre des proprietes des choses»
(um 1482) im Britischen Museum mit tüchti-
gen Miniaturen (Royal ms. 15 E III), eine Hand-
schrift «de l'art de la chasse des oyseaux» für
Louis de Bruges, die vor 1492, dem Todesjahr
des Bestellers, entstanden sein muß (Genf).
Als Werke aus der Zeit des Ubergangs sind
auch die ausgezeichneten Miniaturen des Leip-
ziger Valerius Maximus zu bezeichnen. Der Mei-
ster des Gebetbuches der Maria von Burgund
ist ebenfalls noch am Ende der Siebzigerjahre
tätig gewesen, falls das Gebetbuch dieser Fürstin wirklich vor ihrem Tode seinen Schmuck erhielt.
Damals müssen auch die Legenden des heiligen Adrian im Wiener Hofmuseum (4996) entstanden
sein, die Ludwig XI. von Frankreich (f 1483) zum Besteller haben.

An diese Gruppen reiht sich um 1500 die Werkstatt des Meisters des «Hortulus animae»
(Gerard Horenbout?). Er verkörpert die zweite Stilstufe der Buchmalerei nach Karls des Kühnen
Tode. Kennzeichnend für ihn und seine Gefolgschaft ist der Einfluß der reifen Werke des Ge-
rard David. Schon aus diesem Grunde ist eine Ansetzung der Werke im Stile des Breviars Grimani
und des Hortulus animae vor 1500 unmöglich. Das Atelier des Hortulusmeisters ist das frucht-
barste jener Zeit, er selbst der beste der im Stile Gerard Davids arbeitenden Miniaturisten. Die
eigenhändigen Arbeiten des Meisters sind nicht allzu zahlreich, doch sind sie in vielen Handschriften
zu finden. Meist hat er wohl nur wenige Bilder selbst beigefügt, den Hauptanteil überließ er seiner
Werkstatt, die oft unverhohlen flüchtig arbeitete. Jedenfalls hatte er bei einer gewissen Anzahl von
 
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