Studien zur Geschichte der niederländischen Miniaturmalerei des XV. und XVI. Jahrhunderts.
33g
Gebetbuches 1862.1 Von fol. 111 ab setzt ein neuer Meister die Arbeit fort, er schuf schon vorher
die Kreuzigung auf fol. 8g.2
Die ziemlich kleinen Bilder des Gebetbuchmeisters stehen natürlich den kleinen Bildern des
Gebetbuches 1862 am nächsten. Man vergleiche aber auch z. B. den Moses vor dem brennenden
Busch mit dem Mann im Profil am linken Rande des Pfingstbildes von Cod. 1862. Unter den Zu-
schauern der kleinen Miniatur der Königin von Saba vor Salomo (Cod. 1S87, Fol. 38; Fig. 48)
sind mehrere den Aposteln auf dem Pfingstbilde eng verwandte Köpfe. In dem Bilde mit dem
Sündenfall (Fig. 49) ist die Landschaft besonders typisch für den Meister. Die Bäume umstehen
gleich einer dichten grünen Wand die
Figuren. Der Meister hat wie auf dem
Johannesbilde keinen Versuch gemacht,
die einzelnen Büsche und Bäume von-
einander zu trennen. Die Stämme wer-
den in dem grünen Blätterwerk hie und
da durch schwarze Striche angegeben
(vgl. besonders rechts von Eva).
Wir sehen hier den Gebetbuch-
meister in engster Verbindung mit dem
Atelier des Hortulusmeisters. Das Gebet-
buch 1887 ist charakteristisch für den
Brügge - Genter Werkstattbetrieb. Der
Hortulusmeister steuerte vier Bilder bei
(fol. 37', 53', 91', 110'), die anderen Voll-
bilder sind von der Hand eines Nach-
folgers. Der Meister des Gebetbuches 1862
und der auch in dem Croy-Gebetbuch
1858 vertretene Meister teilen sich in die
Ausführung der kleinen Bilder. Es liegt
nahe anzunehmen, daß alle diese Künst-
ler in einem engen Werkstattverhältnis
zu dem Hortulusmeister gestanden haben;
doch läßt sich die Frage nicht entschei-
den, ob wir es bei diesen Künstlern mit
selbständigen Werkstattinhabern oder sehr unabhängig arbeitenden Gehilfen des Hortulusmeisters zu
tun haben.3
Die geschilderten Merkmale kehren bei dem Gebetbuchmeister so regelmäßig wieder, daß seine
Hand unschwer erkannt werden kann. Ein vollständig eigenhändiges Werk von ihm ist das Gebet-
buch im Kupferstichkabinett in Berlin (Fig. 50), das sich ehemals im Besitz eines spanischen In-
fanten befand (78 B 15). Es bedarf nur eines Vergleiches der Ausgießung des hl. Geistes (Fig. 51)
mit der gleichen Darstellung im Wiener Gebetbuch, um dieselbe Hand zu erkennen. Auf dem
Bilde des reuigen David (Fig. 52) findet sich der früher charakterisierte Baumschlag : auch hier die
hohen Stämme mit dünnem Geäst, die vom Bildrand überschnitten werden; rechts der zweite Typus
seiner Baumzeichnung: dichte grüne Blätter, dazwischen hie und da schwarzes Astwerk. In den
Fig. 54- London, British Museum, Harley Ms. 4425, Fol. 24'.
1 Es sind die Bilder auf fol. 15, 21, 38, 49, 54. 59, 64, 68, 76, 92. Auch der Schmuck des Kalenders gehört ihm
vielleicht an.
2 Dieser Meister hat auch zwei Miniaturen in einem Gebetbuche für ein Glied der Familie Croy in Wien (cod. 1885,
fol. 17', 23') geschaffen.
3 Es ist nicht ausgeschlossen, daß die ganzseitigen Bilder des Gebetbuches 1887 mit den Darstellungen in Halbfiguren
ebenfalls dem Gebetbuchmeister gehören. Ich bin einstweilen nicht in der Lage, dies nachzuprüfen.
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Gebetbuches 1862.1 Von fol. 111 ab setzt ein neuer Meister die Arbeit fort, er schuf schon vorher
die Kreuzigung auf fol. 8g.2
Die ziemlich kleinen Bilder des Gebetbuchmeisters stehen natürlich den kleinen Bildern des
Gebetbuches 1862 am nächsten. Man vergleiche aber auch z. B. den Moses vor dem brennenden
Busch mit dem Mann im Profil am linken Rande des Pfingstbildes von Cod. 1862. Unter den Zu-
schauern der kleinen Miniatur der Königin von Saba vor Salomo (Cod. 1S87, Fol. 38; Fig. 48)
sind mehrere den Aposteln auf dem Pfingstbilde eng verwandte Köpfe. In dem Bilde mit dem
Sündenfall (Fig. 49) ist die Landschaft besonders typisch für den Meister. Die Bäume umstehen
gleich einer dichten grünen Wand die
Figuren. Der Meister hat wie auf dem
Johannesbilde keinen Versuch gemacht,
die einzelnen Büsche und Bäume von-
einander zu trennen. Die Stämme wer-
den in dem grünen Blätterwerk hie und
da durch schwarze Striche angegeben
(vgl. besonders rechts von Eva).
Wir sehen hier den Gebetbuch-
meister in engster Verbindung mit dem
Atelier des Hortulusmeisters. Das Gebet-
buch 1887 ist charakteristisch für den
Brügge - Genter Werkstattbetrieb. Der
Hortulusmeister steuerte vier Bilder bei
(fol. 37', 53', 91', 110'), die anderen Voll-
bilder sind von der Hand eines Nach-
folgers. Der Meister des Gebetbuches 1862
und der auch in dem Croy-Gebetbuch
1858 vertretene Meister teilen sich in die
Ausführung der kleinen Bilder. Es liegt
nahe anzunehmen, daß alle diese Künst-
ler in einem engen Werkstattverhältnis
zu dem Hortulusmeister gestanden haben;
doch läßt sich die Frage nicht entschei-
den, ob wir es bei diesen Künstlern mit
selbständigen Werkstattinhabern oder sehr unabhängig arbeitenden Gehilfen des Hortulusmeisters zu
tun haben.3
Die geschilderten Merkmale kehren bei dem Gebetbuchmeister so regelmäßig wieder, daß seine
Hand unschwer erkannt werden kann. Ein vollständig eigenhändiges Werk von ihm ist das Gebet-
buch im Kupferstichkabinett in Berlin (Fig. 50), das sich ehemals im Besitz eines spanischen In-
fanten befand (78 B 15). Es bedarf nur eines Vergleiches der Ausgießung des hl. Geistes (Fig. 51)
mit der gleichen Darstellung im Wiener Gebetbuch, um dieselbe Hand zu erkennen. Auf dem
Bilde des reuigen David (Fig. 52) findet sich der früher charakterisierte Baumschlag : auch hier die
hohen Stämme mit dünnem Geäst, die vom Bildrand überschnitten werden; rechts der zweite Typus
seiner Baumzeichnung: dichte grüne Blätter, dazwischen hie und da schwarzes Astwerk. In den
Fig. 54- London, British Museum, Harley Ms. 4425, Fol. 24'.
1 Es sind die Bilder auf fol. 15, 21, 38, 49, 54. 59, 64, 68, 76, 92. Auch der Schmuck des Kalenders gehört ihm
vielleicht an.
2 Dieser Meister hat auch zwei Miniaturen in einem Gebetbuche für ein Glied der Familie Croy in Wien (cod. 1885,
fol. 17', 23') geschaffen.
3 Es ist nicht ausgeschlossen, daß die ganzseitigen Bilder des Gebetbuches 1887 mit den Darstellungen in Halbfiguren
ebenfalls dem Gebetbuchmeister gehören. Ich bin einstweilen nicht in der Lage, dies nachzuprüfen.