Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

DOI Artikel:
Tietze, Hans: Wolfgang Wilhelm Praemers Architekturwerk und der Wiener Palastbau des XVII.Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0361
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wolfgang Wilhelm Praemers Architekturwerk und der Wiener Palastbau des XVII. Jahrhunderts.

baUmaister und liebhaber zu wissen sich befleissen solle, allen dißer kunst sich beliebenten zu son-
derbaren nutzen, auß vasallischer schuldiger treu aber dedicirt dem allerdurchsichtigsten, groß-
mächtigsten und unübenvündlichisten römischen kaiser Leopoldo dem Ersten von Wolffgang Wilhelm
Prämer, ritter zu S. Marco.»

Auf der nächsten Seite ist der gleiche Titel in italienischer Sprache wiederholt; Ausdrücke
wie die *tugendsamme verwändnus (Virtuosa Costitutione)» scheinen darauf hinzudeuten, daß er
sogar italienisch und nicht deutsch gedacht ist, daß der Autor zumindest seine literarische Aus-
drucksweise an italienischem Sprachgefühl geschult hat. Die gleiche Empfindung beherrscht uns
auch bei den folgenden Erläuterungen, die durchwegs in beiden Sprachen verfaßt sind; immer ist
der deutsche Text ungefüge und verworren und man zieht gern die fremdsprachige Fassung heran,
die trotz alles barocken Bombastes den Sinn der technischen Erörterungen ungleich präziser und

Fig. I. Portal des Praemerschen Lustgartens
(Fol. 179).

verständlicher ausdrückt als die Muttersprache. Nicht nur die Überlegenheit der italienischen
Sprachkultur über die deutsche Sprachbarbarei des XVII. Jahrhunderts drückt sich darin aus;
noch wichtiger ist es für uns zu beobachten, wie sich die technische Kunstsprache mühsam zu
gestalten beginnt und sich naturgemäß an dem Idiom bildet, in dem sie ihre klassische Formung
erfahren hatte.

Auf ein eingeheftetes Pergamentblatt mit einer allegorischen Tuschzeichnung — sechs die
mathematischen Wissenschaften und die Künste verkörpernde Frauengestalten huldigen dem Apoll —
folgt die Dedikation an den Kaiser; Praemer erklärt sein Werk als eine Kompilation, deren Wert
in der Heran- und Zusammenziehung dessen liege, was frühere Autoren geschrieben hätten. Seine
eigenen praktischen Erfahrungen würden ihn zu einem solchen Unternehmen nicht berechtigen;
aber es «. . . könte doch diße wenige praxis vermög vorlaufender theoria durch künftige aplica-
tion, fehrneren fleiß, vasalischer treu und affection noch wöl erwachsen und dißes umb sovil mehrers,
derweilen ich zeit meiner etlichjährigen dienste stättigs dahin getrachtet, wie ich mich möchte mit

46*
 
Annotationen