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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Tietze, Hans: Wolfgang Wilhelm Praemers Architekturwerk und der Wiener Palastbau des XVII.Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0363
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Wolfgang Wilhelm Praemers Architekturwerk und der Wiener Palastbau des XVII. Jahrhunderts. 347

bar gemacht, alß die herrlichen gebä'u hier und dort zu sehen. Nichts wird in der heiligen schritt
(»'aß unter denen künsten anlanget) mehrers gerüehmbt alß die herrliche baukhunst, weilen auf dißen
zcrgänglichen erdenkraiß (waß künsten betrifft) diße am längsten dauren und der nachweit zu-
nuczen dienen kann.

Aber dass es jecziger zeit so wenig gebraucht wird, beschihet nit, daß es an liebhabern oder
großen herren, die es verlangten, ermanglete, sondern weilen gar wenig baumeister gefunden »'er-
den, die mit einen so reifen verstand die sach eines bau dergestalt zu fihren wissen, wo nit taußen-
terlei fähler und unachtsambkeiten vorbeilaufen, wo dem nit allein der rühm, die großen aufge-
wendten spessen und der lust eines großen herrn alßdan zu boden geworfen ist, wordweh der nechste
sich fast scheuet und abgehalten wirdt. Darumben ihr baumaister, so ihr änderst dißes ehrntitls

Fig. 3. Gartenfront des Praemerschen Gartenhauses
(Fol. 183).

wollet gewürdiget bleiben, worinen sovil hundert zillen solchen zu überkhomen; scheinet euch nicht
eueres hartes und anhabenden jähren halber, die zeit eueres noch übrigen lebens forth zu studiren;
dan sich keiner einbilden mueß, daß man außgelehrnet und sein zill erreichet habe. Nein, sondern
gleich alß einer, der Schiffbruch gelitten und imer arbeithet, sich ans land zu bringen, also immer
studiern, biß er stirbt.»

So warm und persönlich dieses Lob der Baukunst klingt und so sehr es in seinem zweiten
Teil auf tatsächliche Verhältnisse, auf eine zaghaft einsetzende und ungenügende Ausführungsmittel
vorfindende Baulust hinzudeuten scheint, so sind doch seine Grundgedanken keineswegs originell;
diese Verherrlichung der Architektur ist die ständige Einleitung der theoretischen Architektur- und
Säulenbücher, an deren Disposition sich Praemer nun mehr und mehr anschließt. Denn das sechste
Buch, das den wirklichen Fragen der Architektur gewidmet ist, schildert die fünf Säulenordnungen,
ihre Besonderheiten in Entstehung und Verwendung ganz in der Weise der landläufigen Bücher
dieser Art. Die Erörterung der Säulenordnungen soll, wie dies auch sonst der Fall zu sein pflegt,
wenn sie nicht das einzige Thema des betreffenden Werkes sind, die Einleitung zu eigentlichen
Baufragen bilden. Vorangeht (Fol. 141') eine <vorbereithung und examinirung eines baumaislers
 
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