Hans Tietze.
gen gleichsetzen, die bei den Hoffronten auf dem vorigen Blatt vorgenommen sind; denn daß hier
kein Idealentwurf vorliegt, ergibt sich daraus, daß sich die Außenfront des Burggebäudes in dieser
Form, die sie ja auch heute noch zeigt, bereits am Anfang des XVIII. Jahrhunderts präsentierte.
Dies wird uns sowohl durch den Kleinerschen Stich1 als auch durch die Jeremias Wolffsche Ansicht2
bezeugt. Wann ist diese Abänderung vorgenommen worden, an die bereits im Jahre 1665 gedacht
worden sein muß? Vom 28. Juli dieses Jahres ist ein kaiserliches Dekret an den Baumeister Phil.
Luchese datiert, «ainen abriß alßbalten zu ferfertigen, wie der alte stockh bis an den purkhthurn
mit dem neien purkhbau in ein vergleichung zu bringen, auch dem tischler ein modell seiner arbeitli
halber angeben und die arbeither möglichst antreiben solle».3 Trotz dieser Dringlichkeit scheint
es zur Veränderung der Burgfront damals nicht gekommen zu sein, da die drei oben genannten,
Fig. 3l. Palais des Deutschen Ritterordens
(Fol. 211).
voneinander unabhängigen Ansichten von 1672—1682 sie nicht zeigen; ein gleiches Versehen bei
allen dreien anzunehmen, ist aber wohl untunlich. Die Durchführung des Planes muß also —
vielleicht infolge des Brandes von 1668 — unterblieben sein; erst später kam man auf die alte
Absicht zurück, vielleicht erst als sich nach der Türkenbelagerung von i683 eine umfassende Her-
stellung der arg mitgenommenen Außenfassade der Burg ohnedies als nötwendig erwies. Die Prae-
mersche Zeichnung könnte demnach eine Vedute der Burgfront nach diesem in den achtziger Jahren
geschehenen Umbau sein; dagegen spricht, daß man die Datierung des Kodex sonst nicht so tief
herunterdrücken kann, daß vielmehr seine Entstehung gegen Ende der siebziger Jahre höchstwahr-
scheinlich ist. Ist aber das Praemersche Blatt älter als der Bau, so sind zwei Erklärungen möglich:
entweder daß seine Bemühungen, sich als Architekt zu legitimieren, nicht umsonst geblieben sind und
daß er auf die Gestaltung dieser Fassade einen Einfluß geübt hat, daß das Blatt also der Entwurf zu
diesem Teil des Burgbaues ist; oder aber, daß ihm ein Projekt vorlag, das erst später zur Durch-
1 A. a. O., Fig. i63.
- Daselbst, Fig. 167.
3 Daselbst, S. 181.
gen gleichsetzen, die bei den Hoffronten auf dem vorigen Blatt vorgenommen sind; denn daß hier
kein Idealentwurf vorliegt, ergibt sich daraus, daß sich die Außenfront des Burggebäudes in dieser
Form, die sie ja auch heute noch zeigt, bereits am Anfang des XVIII. Jahrhunderts präsentierte.
Dies wird uns sowohl durch den Kleinerschen Stich1 als auch durch die Jeremias Wolffsche Ansicht2
bezeugt. Wann ist diese Abänderung vorgenommen worden, an die bereits im Jahre 1665 gedacht
worden sein muß? Vom 28. Juli dieses Jahres ist ein kaiserliches Dekret an den Baumeister Phil.
Luchese datiert, «ainen abriß alßbalten zu ferfertigen, wie der alte stockh bis an den purkhthurn
mit dem neien purkhbau in ein vergleichung zu bringen, auch dem tischler ein modell seiner arbeitli
halber angeben und die arbeither möglichst antreiben solle».3 Trotz dieser Dringlichkeit scheint
es zur Veränderung der Burgfront damals nicht gekommen zu sein, da die drei oben genannten,
Fig. 3l. Palais des Deutschen Ritterordens
(Fol. 211).
voneinander unabhängigen Ansichten von 1672—1682 sie nicht zeigen; ein gleiches Versehen bei
allen dreien anzunehmen, ist aber wohl untunlich. Die Durchführung des Planes muß also —
vielleicht infolge des Brandes von 1668 — unterblieben sein; erst später kam man auf die alte
Absicht zurück, vielleicht erst als sich nach der Türkenbelagerung von i683 eine umfassende Her-
stellung der arg mitgenommenen Außenfassade der Burg ohnedies als nötwendig erwies. Die Prae-
mersche Zeichnung könnte demnach eine Vedute der Burgfront nach diesem in den achtziger Jahren
geschehenen Umbau sein; dagegen spricht, daß man die Datierung des Kodex sonst nicht so tief
herunterdrücken kann, daß vielmehr seine Entstehung gegen Ende der siebziger Jahre höchstwahr-
scheinlich ist. Ist aber das Praemersche Blatt älter als der Bau, so sind zwei Erklärungen möglich:
entweder daß seine Bemühungen, sich als Architekt zu legitimieren, nicht umsonst geblieben sind und
daß er auf die Gestaltung dieser Fassade einen Einfluß geübt hat, daß das Blatt also der Entwurf zu
diesem Teil des Burgbaues ist; oder aber, daß ihm ein Projekt vorlag, das erst später zur Durch-
1 A. a. O., Fig. i63.
- Daselbst, Fig. 167.
3 Daselbst, S. 181.