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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Loehr, August: Karl Domanig
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0437
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Karl Domanig.

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hier besonders seiner Wirksamkeit als Vorstand der modernen Münzensammlung des allerhöchsten
Kaiserhauses gedenken und damit gleichzeitig die wichtigsten Ereignisse dieser für die Entwick-
lung der Sammlung entscheidenden Periode aufzeichnen.1

Das alte Münz- und Antikenkabinett war zu einer rein äußerlichen Vereinigung von reich-
haltigen, aber ganz disparaten Sammlungen geworden, deren Verwaltung Fachleute mit ganz ver-
schiedener Vorbildung erforderte. Das Hauptgewicht war auf die antiken Objekte und Forschungs-
gebiete gelegt, die Münzen des Mittelalters und der Neuzeit und die Medaillen wurden nur als
Nebensache betrachtet.2

Es war hohe Zeit, daß ein Mann kam, der durch seine Vorbildung befähigt war, auch die
Objekte dieser Sammlung zu würdigen und die mit ihnen in Verbindung stehenden wissenschaft-
lichen Fragen nach Grundsätzen zu lösen, die auf den anderen Gebieten der Geschichte des Mittel-
alters und der Neuzeit längst maßgebend geworden waren; ein Mann, der sich der Pflichten bewußt
war, die der ersten Münzensammlung Österreichs, der Familiensammlung des Hauses Habsburg
obliegen.

Am 20. Februar 1884 war der Direktor des Münz- und Antikenkabinetts, Dr. Eduard Frei-
herr von Sacken, gestorben. Mit dem r, März wurde Karl Domanig zur provisorischen Dienst-
leistung in der Spezialsammlung 3 (Münzen und Medaillen) der ersten Gruppe der kunsthistorischen
Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses aufgenommen.

Nach seinem aus dieser Zeit stammenden Curriculum vitae war er am 3. April 1851 zu
Sterzing in Tirol geboren. Sein Vater, ein wohlhabender Kaufmann, bekleidete dort durch viele
Jahre die Würde eines Magistratsrates, sein Großvater Elias war ein aus dem Jahre 1809 wohl-
bekannter tirolischer Patriot. Karl Domanig absolvierte die Gymnasialstudien in Brixen, Salzburg
und Meran, widmete sich dann dem Studium der Philosophie und der Rechte an den Universitäten
Innsbruck und Straßburg und begab sich im Jahre 1873 nach Rom, wo er am Collegio Romano
den philosophischen Kursus durchmachte und dem Studium der italienischen Kunst mit Eifer oblag;
hier promovierte er im Jahre 1875 und hörte dann, nach Innsbruck zurückgekehrt, noch ein weiteres
Jahr philologische Vorlesungen, namentlich über altdeutsche Literatur. Nachdem er schon früher
Reisen nach Oberitalien, Deutschland und Belgien unternommen hatte, ermöglichte ihm eine
Unterstützung des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht im Jahre 1880 eine abermalige
viermonatliche Reise nach Italien zum Zwecke eingehender Studien namentlich über mittelalter-
liche Kunst.

Als Früchte dieser Studien erschienen auf literaturgeschichtlichem Gebiete nebst vielen kleineren
Aufsätzen über alte und neueste Literatur bei Schöningh in Paderborn zwei Hefte »Parzival-
studien« (1878 und 1880) und im historischen Jahrbuch 1882 ein Exkurs über Wolfram v. Eschen-
bach und seine Gattin. Seine kunstgeschichtlichen Studien zeitigten nebst kleineren Abhandlungen
einen Vortrag über mittelalterliche Kunstdenkmäler in Tirol und einen Aufsatz über alte Fresken
in St. Kathrein bei Deutsch-Matrei,3 der seine Ernennung zum Korrespondenten der k. k. Zentral-
kommission veranlaßte. Außerdem beschäftigten ihn kunstkritische Arbeiten über den Dom von
Orvieto, über die Fontana Maggiore in Perugia und die Capella Spagnuoli in Florenz.

1 Für diese Arbeit ist außer dem Archiv des Münzkabinettes mit gütiger Erlaubnis des Herrn Kanzleidirektors auch
die Registratur Seiner k. u. k. Apost. Majestät Oberst-Kämmereramtes benützt worden.

1 Wie aus den Akten hervorgeht, hatten vier von den fünf an der Sammlung tätigen Beamten ihr Interessengebiet auf
dem Boden der Antike. Von dem Fünften hieß es, «daß für ihn der Schwerpunkt seiner Spezialität im hohen Mittelalter liegen
müsse, da einerseits die Besorgung der Münzen und Medaillen neuerer Zeit als einer uns näherliegenden leichter verständlichen
Epoche auch mit geringeren Schwierigkeiten verknüpft sei und andererseits die Medaiilenkunde der Renaissance mannigfaltige
Berührungen mit der Kunstarchäologie des klassischen Altertums und ihrer Quellenstudien habe.»

3 Erschienen in den Mitteilungen der k. k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und histori-
schen Denkmale, neue Folge (1884), S. XXVI f. — In derselben Zeitschrift erschienen später eine Mitteilung über Kirche und
Kapelle in Prissian (XII [1884]), S. XXXVf.; über die Kirchenruinen zu Taufers im Münstertale (XIII [1887]), S. CLXXXVII;
über die St. Johanneskirche im Münstertale (XIV [1888]), S. 58 f., und Reisenotizen aus dem obersten Inntal und Vintschgau
(ebenda, S. 179 ff.).

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