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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0113
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Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert.

byzantinisierenden Kunst der vorausgegangenen Periode. Die Köpfe der beiden Heiligen dagegen
stehen ganz unter toskanischem Einfluß.

Die Gesamtkomposition dieses Reliefs ist im Grunde nichts anderes als die in der venezia-
nischen Kunst der nächsten Jahrhunderte so beliebte Sacra conversazione. Für unsere Zeit
ist sie aber keine venezianische Erfindung. Wie am Altare des San Ranieri in der Ammanati-
Kapelle des Camposanto zu Pisa findet man sie recht häufig an Werken von lombardischen
Bildhauern vor und nach Gio-
vanni di Balduccio.

Ein Beispiel dieser Art auf
der Terraferma ist der Sarko-
phag des Rainaldus della
Torre in der Basilika zu
Aquileja (f 1332) (Fig. 70).1
Obwohl durch kein Dokument be-
wiesen, scheint doch die An-
nahme Merzarios, der diesen Sar-
kophag für lombardisch erklärte,
richtig zu sein. Das Werk steht
der zeitgenössischen veneziani-
schen Skulptur ferne, nähert sich
hingegen sehr den Arbeiten der
lombardischen Comacini.2 Da es
vor Giovanni di Balduccio ent-
standen und daher noch nicht
mit der Formensprache der Tos-
kana vertraut ist, ist die seine
wie jene der Comacini und Cam-
pionesen überhaupt eine äußerst
rohe, die sich mit der gleichzei-
tigen venezianischen nicht mes-
sen kann.

Im Zusammenhang mit der
Area Gradenigo, ja sogar als der
gleichen Bildhauerwerkstatt an-
gehörend, bespricht Gabelentz3
das Grabmal des Fulgenzio
Sala im Kreuzgang des Santo

zu Padua (Fig. 71).4 Der übliche Sargkasten, an dessen Ecken — wie am Gradenigo-Sarkophag
— die Verkündigungsfiguren angebracht sind, trägt inmitten der Vorderwand ein Relief mit der
thronenden Madonna und dem Kinde, das der hier besprochenen Gruppe angehört. Rechts von
der Madonna, in schreitender Stellung, die Figur des Verstorbenen.

Die Betrachtung des Gradenigo-Sarkophags, der seiner Qualität wegen an die Spitze dieses
Kapitels gestellt wurde, ermöglichte eine Reihe von Ausblicken auf die venezianische Skulptur

Fig. 69. Madonnenrelief.
Venedig, S. Pietro di Castello.

1 V. Joppi, Archeografo Triestino, N. S. XX (1895). — Lanckoroiiski, Der Dom von Aquileja, [906.

2 Parallelbeispiele im Museo archeologico zu Mailand, wo auch ähnliche Kompositionen auftreten.

3 Gabelentz a. a. 0., S. 244.

4 Das Grabmal zeigt deutliche Spuren einer alten Polvchromierung. Am Fuße des Mittelreliefs kann man noch das
Knde einer Inschrift lesen: . . . CORADYS. — Man vergleiche den Verkündigungsengel mit dem Kngel (Fig. 63) in den
Estensischen Sammlungen.

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