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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Peltzer, Rudolf Arthur: Hans Rottenhammer
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0350
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338

Rudolf Arthur Peltzer.

mehrere erhalten haben. Die Himmelfahrt Mariens des Weimarer Museums zum Beispiel (Fig. 29),
ein Vorwurf, den Rottenhammer mehrmals für Augsburger Kirchen gemalt hat, — eine solche
wenig befriedigende Darstellung hängt noch in der Moritzkirche — ist in der oberen von Tizians
Assunta angeregten Partie nicht ohne Schwung komponiert. Wie lahm und ungeschickt wirken
dagegen die Apostel! Auch ein großer Entwurf in Braunschweig (Fig. 3o) zu einem Bilde, das sich
im Schleißheimer Depot befindet, hat den Vorzug eines geschickten Aufbaues der Komposition.
Das Darmstädter Kabinett besitzt ein großes Blatt in Breitformat, das ein Jüngstes Gericht mit
vielen Figuren wiedergibt1 (Fig. 3i), vielleicht das Bild aus der Kreuzkirche, das als Rotten-
hammers bestes Werk in Augsburg galt. Eine derartige Masse von Figuren auf einer Leinwand
vereinigt hatte man damals in Augsburg noch nicht gesehen. Das Bild muß daher als etwas Neues,
Außerordentliches empfunden worden sein.

Von dekorativen Malereien Rottenhammers hat sich in Augsburg nur das große Ölbild
mit der ziemlich langweiligen Allegorie der Flußgötter erhalten. Einen besseren Maßstab für die
Beurteilung seines Könnens auf diesem Gebiet geben uns jetzt die neuentdeckten Deckengemälde
im Bückeburger Schloß (Tafel XXXV). Diese groß gedachten allegorischen Figuren sind mit
Geschick in die fünfeckigen Flächen hineinkomponiert; nur die sorgfältige Ausführung des Details,
der Fische, Früchte und Blumen, erinnert an die Art des Miniaturmalers. Im großen und ganzen
erscheint eine Verwechslung dieser Art Plafondmalerei mit Werken der Carracci-Schule begreiflich.
Den Vergleich mit gleichzeitigen Arbeiten in Deutschland, etwa den von Candid und Kager ge-
malten Decken, halten die Bilder jedenfalls sehr gut aus.

Einen großen Eindruck haben auf die Zeitgenossen auch Rottenhammers Fresken gemacht.
Hainhofer und später Sandrart können nicht genug bewundernde Worte für diese Leistungen finden.
Wenn man den hohen Stand der Wandmalerei in Augsburg bedenkt, wo Meister wie Burgkmair,
Amberger, Giulio Licinio, Friedrich Sustris, Bocksberger, Kager und andere ihre Kunst an den
Fassaden und im Innern der Häuser zeigten, gibt die Bemerkung Sandrarts,2 daß das von Rotten-
hammer innen und außen bemalte Hopfersche Haus allgemein für das schönste der Stadt gehalten
werde, doch zu denken und wir können nur bedauern, daß von all diesen Dingen nichts mehr
übrig geblieben ist. Fast scheint es, als ob unser Meister mit seiner Freskomalerei noch einmal
einen Anlauf zu höheren Zielen genommen habe. Ohnehin lagen ihm poetische Fabeln und Hi-
storien, Landschaften und Grotesken, wie er sie an den Wänden des Kunstsaales dieses Hauses zwischen
der gemalten Architektur verteilt hatte, oder auch Nuditäten, wie die «Veneres virtutis et vanitatis»,
die er in der Loggia angebracht hatte, besser als die heiligen Gegenstände. Eine schwache Vor-
stellung von diesen Dingen gewähren zwei Stiche der Kilian und Custos, die offenbar Fresko-
gemälde wiedergeben. Das «Felicitas» genannte Folioblatt aus dem Jahre 16153 (Fig. 32) enthält
überdies in der Widmung an den Augsburger Bürger Martin Zobel den ausdrücklichen Hinweis,
daß der Stich die «emblemata patern. aedium» darstelle. Es sind zwei Frauengestalten, eine nackte
stehende und eine sitzende bekleidete, mit zwei Putten in einer Landschaft geschickt gruppiert.
Einen ähnlichen veroneseartigen dekorativen Stil zeigt das von David Custos gestochene Blatt mit
Venus und Adonis («Omnis Amans Amens»), auf dem nur die männliche Figur, wie so oft, etwas
lahm wirkt. Auch die Gestalt einer Viktoria mit Schild und Palme, von L. Kilian 1614 gestochen,
beweist wiederum, daß Rottenhammer auch derartigen monumentalen Aufgaben gewachsen war.
Es spricht für die Ursprünglichkeit der Stärke seiner Begabung, daß er auf zwei so entgegengesetzten
Gebieten, der miniaturartigen Kleinmalerei und der dekorativen Freskomalerei, den Anforderungen
seiner Zeit Genüge leisten konnte.

1 Eine ähnliche große Komposition, aquarelliert und 1613 datiert, im Wallraf-Richartz-Museum in Köln dürfte nur
eine Kopie nach Rottenhammer sein.

s Deutsche Akademie, 1675, S. 288 *>.
' Verz. V, Nr. 27.
 
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