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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 34.1918

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I. Teil: Abhandlungen
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Kurth, Betty: Die Blütezeit der Bildwirkerkunst zu Tournai und der Burgundische Hof
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https://doi.org/10.11588/diglit.6169#0103
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Die Blütezeit der Bildwirkerkunst zu Tournai und der Burgundische Hof.

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ren Farben- und Lichtkontraste, die vorgeschrittenere Perspektive. Daß jedoch die Stücke in Sara-
gossa trotz dieser Ubereinstimmungen nicht derselben Serie zugehören wie das in Nancy, beweist
neben der Wiederholung der identischen Szenen die lateinische Sprache der Inschriften.

Fragment mit zwei Szenen aus der Geschichte der Esther. Früher Sammlung
M. A. Tollin 1

Auch dieses Werk (3 m 40 cm hoch, 3 m 25 cm lang), dessen gegenwärtiger Aufbewahrungsort
mir unbekannt blieb, ist unbeschadet enger Stilverwandtschaft keiner der beiden Esther-Serien un-
mittelbar anzugliedern. Die lateinischen In-
schriften sind ebenso wie die Darstellungen
an den Seiten fragmentiert.

Teppiche mit der Geschichte des
trojanischen Krieges.

a) Zamora, Kathedrale (gm 3o cm
lang, 4 m 75 cm hoch, Fig. 2g).2

b) Issoire, Tribunal. Stammt aus dem
Schlosse von Aulhac.3

c) London, South-Kensington-Mu-
seum, früher im Schlosse Bayard in der
Dauphine (ca. 4 m hoch, 10 m lang).4

d) Chäteau de Sully, Departement du
Loiret. Drei Fragmente.5

e) Früher Sammlung des Grafen
Schouwaloff. Drei Stücke.6

Wie ein Vergleich überzeugend dartut,
sind all diese Teppiche nicht nur untereinan-
der stammverwandt sondern sie danken wohl
auch der nämlichen Werkstatt wie die Esther-
Serien ihre Entstehung. Dies bestätigt die
Wiederkehr aller erwähnten stilistischen und
technischen Sondermerkmale.

Was aber die Darstellungen dieser Tex-
tilgemälde besonders wertvoll macht, ist die Fi8- 25- Wien, k. k. Hofbibliothek, Cod. 2583.

glückliche Auffindung der vor wenigen Jahren

vom Louvre erworbenen Skizzen des Künstlers, in denen uns der erste Entwurf zu den später
den Wirkern dienenden «Patronen» oder «Kartons» erhalten ist (Fig. 3o). Dieser singuläre Fund,
dessen Kenntnis wir der Publikation Paul Schumanns verdanken,7 läßt uns gewissermaßen einen
Blick in die Arbeitsgeheimnisse eines Bildwirkerateliers tun und entschleiert uns teilweise die
bisher dunkeln Beziehungen zwischen dem entwerfenden Maler und dem von vielen Händen aus-
geführten textilen Werkstattprodukt.

1 Catalogue des objets d'art et de haute curiosite du moyen äge et de la renaissance. Collection M. A. Tollin. Verne
1897. Über die Echtheit des Stückes wage ich ohne Autopsie nur nach der ungenügenden Reproduktion nicht zu ent-
scheiden !

- Las Yoyas de la Exposicion Historico-Europea de Madrid 1892, Tafel 229/3o, 23l/32.

3 Abg. (nach Jubinal) bei Jean Guiflrey, La guerre de Troie: Revue de l'art ancien et moderne V (1899), p. 209.

4 Abg. ebenda.

5 Ebenda.

6 Abg. bei Pinchart, Les tapisseries fiamandes, Taf. 85, und Jean Guiflrey, a. a. O., p. 515.

7 Paul Schumann, Der trojanische Krieg, Dresden 1898. Vergl. auch Jean Loubier, Französische Originalzeichnungen
für Wandteppiche aus dem XV. Jahrhundert: Zeitschrift für Bücherfreunde 1898/99, S. 307.

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