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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 34.1918

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I. Teil: Abhandlungen
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Baldass, Ludwig: Die niederländische Landschaftsmalerei von Patinir bis Bruegel
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https://doi.org/10.11588/diglit.6169#0152
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Ludwig von Baldass,

Vereinzelt steht im Werke des Braunschweiger Monogrammisten ein kleines sehr kühl ge-
haltenes Bildchen in der Gemäldegalerie von Braunschweig (Fig. 23). Ob die in eindeutiger Aktion
wiedergegebenen Figuren Juda und Thamar darstellen oder ob ein reines Genrebild gewollt war, ist
kaum zu entscheiden. Wir haben einen reinen Landschaftsausschnitt vor uns, die ganz unideali-
sierte Wiedergabe eines Kornfeldes vor einem niederländischen Dorf. Meisterhaft beobachtet ist
die Wirkung der Sonnenstrahlen auf das im Wind leicht wogende Ahrenfeld. Vielleicht noch
klarer als in den großen Kompositionen offenbart sich in diesem ungeschminkten Wirklichkeits-
gemälde die entwicklungsgeschichtliche Stellung des Künstlers zwischen Patinir und Bruegel. Wie
eine Vorstufe Bruegelscher Kunst mutet vor allem das reifste Werk des Braunschweiger Monogram-

Fig. 26. Herri met de Bles, Schiffbruch.
Neapel, Museo nazionale.

misten an, der in der Stuttgarter Gemäldegalerie aufbewahrte Einzug Christi in Jerusalem (Taf. KV).
Mit der strengen Parallelität der Patinirschen Weltlandschaft hat der Meister nun endgültig ge-
brochen. In der Darstellung der weiten Ferne lassen die atmosphärischen Erscheinungen keine
Einzelheiten mehr hervortreten. Von größtem tonigen Reichtum ist die Wiedergabe des Erd-
bodens im Vordergrund. Der Fortschritt gegenüber der Kreuztragung im Louvre wird durch die
ausgezeichnete Erhaltung des Stuttgarter Bildes und den verriebenen Zustand der Pariser Tafel
doppelt fühlbar.

Die Entwicklung der niederländischen Landschaftsmalerei war im XVI. Jahrhundert im wesent-
lichen den naturalistisch arbeitenden Künstlern aufgespart. Daß aber auch die romanistischen
Historienmaler, wenn sie vereinzelt eine Landschaft darstellten, mit ihren Gildenbrüdern Schritt
hielten, beweist eine Ruhe auf der Flucht in der Wiener kaiserlichen Galerie (Fig. 24). Das um
1540 entstandene Gemälde stammt von einem noch nicht näher bestimmten Schüler Barends
van Orley. Die Komposition der Landschaft steht auf der Stilstufe der Opferung Isaaks im Louvre.
 
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