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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 34.1918

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I. Teil: Abhandlungen
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Oldenbourg, Rudolf: Die Nachwirkung Italiens auf Rubens und die Gründung seiner Werkstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.6169#0191
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Die Nachwirkung Italiens auf Rubens und die Gründung seiner Werkstatt.

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der Himmel, helle Strahlen fallen herab, in denen fröhliche Putten flattern und die Mordtat mit
drolligem Ernst begleiten. Eine der Kreuzaufrichtung gegenüber bedeutend maßvollere Disponie-
rung erzielt hier einen sehr viel tieferen Eindruck. Nur schärfste Berechnung, von glänzender
Einbildungskraft belebt, konnte sich einen so unvergeßlichen Einzelzug vorbehalten wie das ange-
zogene Bein des Riesen, dessen kolossale Muskeln sich drohend vor dem dunklen Hintergrund auf-
bäumen. Wie matt erscheint daneben der Holofernes Tintorettos, ja sogar Michelangelos, die beide
das nämliche Motiv benützen! Die Beziehungen zu Caravaggio, neben denen Anklänge an Vero-

Fig. 17. Rubens, Cimon und Pero.
St. Petersburg, Eremitage.

neses Judith in Genua keine Rolle spielen,1 liegen nicht bloß in dem tiefen naturalistischen Ernst
der sachlichen Durchbildung aller Einzelheiten, in dem jähen Helldunkel, das jede Wölbung und
Kräuselung der Fläche scharf heraustreibt, sondern fast noch mehr in der objektiven Anschau-
lichkeit, mit der die Mordtat kaltblütig ausgekostet wird. Es herrscht hier die nämliche Ge-
sinnung wie in der greuelvollen Judith eines Caravaggisten im Neapeler Museum; nur hebt Ru-
bens den abstoßenden Vorgang durch die edle Bildgestaltung weit über seinen rohen Charakter
in das Bereich feinerer ästhetischer Genußmöglichkeit. Im Zusammenhang mit diesem Werke ge-
winnt die «Judith» von Elsheimer in Apsley House ein besonderes Interesse, um so mehr, als
sie augenscheinlich auch identisch ist mit dem Bild, das sich im Nachlaß Rubens' befand und

1 Dieses unvollendete Werk im Palazzo Rosso ist durch eine breite Anstückung oben in seiner Wirkung stark be-
einträchtigt. In den mittleren Partien sind Retuschen bemerkbar, die augenscheinlich die skizzierten Partien decken sollten
und den plumpen Pinsel B. Strozzis verraten.
 
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