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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 34.1918

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I. Teil: Abhandlungen
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Oldenbourg, Rudolf: Die Nachwirkung Italiens auf Rubens und die Gründung seiner Werkstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.6169#0211
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Die Nachwirkung Italiens auf Rubens und die Gründung seiner Werkstatt.

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seiner Mutter» (Fig. 37) kurz nach der Kreuzabnahme entstanden zu denken. Sie ist verschollen
ebenso wie der Altar der heiligen Therese aus der Brüsseler Karmeliterkirche, der für die Zeit
von i6i3 —1614 ein besonders charakteristisches Werk gewesen zu sein scheint. Der kühle, pein-
lich ausbalanzierte Aufbau liegt noch in der Radierung von Derov (Fig. 38) vor, und was Decamps
über die malerische Beschaffenheit des Werkes ergänzend berichtet, könnte für alle gleichzeitigen
Gemälde von Rubens gelten: «Der Christus ist . . . hart, was auf die peinliche Vollendung zurück-
zuführen ist; denn in seiner Glätte wirkt er wie Email, weshalb ihm die Leichtigkeit mangelt, die den
übrigen Werken des Meisters eigen-
tümlich ist. Dieses Bild ist jeden-
falls nicht in seiner guten Manier,
obwohl es ihm viel Arbeit ge-
kostet zu haben scheint.»

Erst um 1615 folgt das sehr
viel freiere, prächtige Gemälde
der Madrider Akademie, das den
knienden Augustinus zwischen
dem Auferstandenen und der Ma-
donna darstellt. Auch hier wieder
der muskulöse Christus und die
bausbäckige Maria mit Anklängen
an die liebenswürdigen Züge von
Rubens' junger Gemahlin, das
Ganze aber durch überlegte Licht-
führung wirkungsvoll gegliedert.
In denselben Bilderkreis gehört
ferner noch der seit der Pommers-
feldener Auktion verschollene «Tod
des Antonius» (gestochen von Clou-
wet) und das große Bild der vier
Evangelisten in Sanssouci (Fig. 3g)
mit seiner eigentümlich matten
Färbung und der ausdruckslosen
Typik, die für die ganze Zeit be-
zeichnend ist; aber gerade an aka-
demischen Arbeiten wie diese übt
sich die monumentale Gestaltungs-
kraft des Künstlers sowohl in der
sicheren Verteilung und Bewegung
der Figuren als auch im Duktus
des Faltenwurfes. Wie sich bald
darauf bei wärmerem Anteil am

Stofflichen aus dem Markus des Potsdamer Bildes der andachtsvolle «Hieronymus» der Dresdener
Galerie entwickelt, so dürften dem nämlichen, hier schon ganz markanten Typus der Draperiefigur
die als Gegenstücke gedachten Apostel Petrus und Paulus angehört haben, die Rubens im Jahre
seines Dekanats (1. Juli i6i3 — 1. Juli 1614) der Romanistengesellschaft zum Geschenk machte;
während der Revolution verschollen, scheinen sie sich wenigstens in der Schulwiederholung in
München erhalten zu haben.

Die hartnäckige Strenge, mit der sich Rubens in diesen Jahren zu allmählicher Vervollkomm-
nung gewisser Vorwürfe und kompositioneller Gedanken anhält, begegnet uns auch auf anderen

Fig. 35.

Ruhens, Kopie nach Parmeggianino.
Schleißheim, Gemäldegalerie.
 
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