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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Baldass, Ludwig: Ein Frühwerk des Geertgen tot Sint Jans und die holländische Malerei des XV. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0048
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Ludwig von Baldass.

dieses Künstlers am stärksten in der Wiener Beweinung ausgeprägt. Die aus der Luft heran-
schwebenden Engel fehlen überhaupt nur höchst selten bei einem religiösen Bilde des Meisters.
Im Faltenstil eng verwandt sind vor allem die Gewandenden der Engel, die auf dem halbabgesägten
Aufsatz des Monfortealtars noch sichtbar sind. Aber auch die in ein enges Dreieck zusammen-
gefaßte Gruppe der um die Krippe knienden Engel findet in Tafelbildern des Genter Malers seine
Parallelen, vor allem am Portinarialtar (Fig. 5). Auf Mabuses Wiener Gemälde weicht der Typus
der Maria mit der breiten fliehenden Stirn, den starken Backenknochen, den hohen Augenbogen,

Fig. 5. Hugo van der Goes, Anbetung der Hirten.
Klorenz, Uffizien.

dem kleinen zartgeschwellten Mund und dem auffallend kleinen Kinn sosehr von dem schon auf der
Londoner Anbetung der Könige ausgebildeten Madonnentypus des wallonischen Malers ab, daß
wir wohl annehmen können, der junge Künstler sei hier seinem Vorbild besonders treu gefolgt.
Dieser Frauentypus ist nun der des Hugo van der Goes, wie er uns in den weiblichen Köpfen
des Portinari-Altars, in der sterbenden Muttergottes des Brügger Akademiebildes oder in dem
Wiener Klappaltärchen entgegentritt. Im Stile dieses Meisters ist auch der lange schmale Arm
Marias in dem eng anliegenden Ärmel. Schließlich wäre zu erwägen, ob nicht das verschollene
Original auch die Figuren der beiden zum Fenster hereinblickenden Hirten aufgewiesen hat, wie
sie sich einzig auf der Nachschöpfung Gerard Davids, der freilich auch diese Typen völlig um-
gewandelt haben müßte, vorfinden. Es handelt sich hier um ein völlig Goesisches Motiv, das sich
 
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