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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Glück, Gustav: Rubens' Liebesgarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0065
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Rubens' Liebesgarten.

53

Gemahlin Isabella von Portugal, der junge Karl der Kühne und seine Tante Agnes von Burgund
und andere Persönlichkeiten des Hofes bei dem Klange von Trommel und Pfeife zum «Fackel-
tanze» vereinigt.

Hierher gehörte offenbar auch ein miniaturartiges Aquarell, das sich im XVIII. Jahrhunderte
noch in der kaiserlichen Gemäldegalerie im Belvedere zu Wien befand und das laut Mechels
Katalog vom Jahre 1783 «die alten Herzoge von Burgund mit ihren Gemahlinnen und Kindern
einer Landschaft bei fließendem Wasser» vorstellte. Auf der einen Seite standen die Frauen,
au der andern die Herren. Von den Prinzen und Prinzessinnen fischten einige mit der Angel.
Der älteste Prinz trug das Ordenskleid des goldenen Vließes und hielt eine Blume und einen Vogel
ln ^en Händen. Im Hintergrunde sah man einen dichten Wald und ein großes Schloß mit vielen

Fig. 5. Niederländisch um 1535, Porträt der Familie de Thiennes.
Im Besitze des Grafen Limburg-Stirum.

Türmen. Leider ist das merkwürdige Stück heute verschollen. Von der Art der Komposition mit
ihrem sittenbildlichen Grundzuge vermag uns ein noch erhaltenes, aus viel späterer Zeit stammendes
Beispiel dieser Gattung eine gewisse Vorstellung zu geben: das um i535 entstandene,1 der Art
des Meisters der weiblichen Halbfiguren nahestehende, merkwürdige Bildnis der zahlreichen Familie
de Thiennes im Freien, vor ihrem Schlosse Rumbeke in Westflandern (Fig. 5), heute im Besitze
des Grafen Thierry de Limburg-Stirum, zugleich wertvoll als ältestes Beispiel des Famihenportrats,
das in der vlämischen Kunst des XVII. Jahrhunderts keine geringe Rolle spielt.

Wir haben bei den frühen sittenbildlichen Darstellungen aus dem Leben des burgundischen
Hofes so lange verweilt, weil uns in einzelnen von ihnen, besonders in dem sogenannten «großen
Liebesgarten» und in jenen Kopien des Jagdfrühstücks Philipps des Guten, Darstellungen, deren

bezeichnete Person genau dieselbe Tracht zeigt wie die als «Madame d'Estampes» angegebene. Die Jahreszahl i463 ist aber,
nach den Kostümen zu schließen, durchaus glaubhaft.

1 Ober die Datierung vgl. Georges Hulin de Loo, Catalogue critique, Bruges ,902, Lxposmon de tableaux flamands
des XIV«, XV« et XVI« siecles, Gent 1902, p. 72.
 
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