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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Glück, Gustav: Rubens' Liebesgarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0066
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Gustav Glück.

Urbilder um 1430 angesetzt werden müssen, die ältesten Beispiele des niederländischen Gesell-
schaftsstückes erhalten zu sein scheinen. Freilich, wie sich diese Gattung im späteren Verlaufe des
XV. Jahrhunderts weiterentwickelt hat, läßt sich nicht leicht verfolgen und nur weniges mag
aus Nachwirkungen erschlossen werden. Unter den Kupferstichen des deutschen Meisters E. S.,
der manches von den Niederländern übernommen hat, findet man einige solche gesellige Unter-
haltungen von Männern und Frauen im Freien, wobei meist der Hofnarr nicht fehlt, der ja schon
auf jenem Jagdfrühstück Philipps des Guten vorkommt. Einem dieser Kupferstiche des Meisters
E. S., in denen schon die Gesellschaftsschichte, worin der Vorgang spielt, nicht immer ganz klar
ist, sind zwei zusammenhängende Blätter des bekannten mittelalterlichen Hausbuches im Besitze
des Fürsten von Waldburg1 im Motiv durchaus ähnlich, ja man könnte vermuten, sie gingen auf

Fig. 6. Niederländisch um 1540, Musizierende Gesellschaft.
Budapest, Museum.

ein gemeinsames Vorbild zurück; hier sieht man nicht weit von der tafelnden Gesellschaft von
zärtlichen Paaren einen Falken, der auf eine Ente herabstößt, eine Einzelheit, die noch, obwohl
etwas verblaßt, an jenen ursprünglichen Vorwurf des Jagdfrühstücks erinnert. Nun begegnen uns,
ungefähr zu derselben Zeit, ähnliche Gegenstände in Italien, und zwar zunächst in einem Kreise, bei
dem auch sonst mannigfaltige Beziehungen zur nordischen Kunst, zur französischen und zur nieder-
ländischen, nachgewiesen worden sind. Im Besitze der Medici befanden sich schon damals unter
den zahlreichen Wasserfarbenmalereien auf Leinwand, die den Palast zu Florenz und die Villa
Careggi schmückten, manche Darstellungen von Gelagen, von Gastmählern und geselligen Unter-
haltungen beider Geschlechter im Freien und es liegt nahe anzunehmen, daß jene Kunstgattung, die
eine Art von billigerem Ersatz für die kostbaren Wandteppiche gebildet zu haben scheint, auch auf
diesem Stoffgebiete die Vermittlerrolle zwischen dem Norden und Italien gespielt habe.2

1 H. Th. Bossen und W. F. Storck, Das mittelalterliche Hausbuch, Leipzig 1912, Taf. 3l und 32.

2 Bei einem verwandten Gegenstande, wie es die Darstellung der Planeten der Liebe ist, hat A. Warburg (Rivista
d'Arte 1905, Nr. VII, VIII, Appendice, und Sitzungsberichte der kunstgeschichtlichen Gesellschaft in Berlin II [1905], S. y) einen
solchen Zusammenhang mit Sicherheit festgestellt.
 
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