Rubens' Liebesgarten.
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von den anderen Figuren überschnitten erscheint, für unsere weitere Untersuchung besonders im
Auge behalten wollen. Nun folgt endlich ein Paar, das im allgemeinen dem letzten des Madrider
Bildes entspricht. Nur hält hier die weißgekleidete Dame keinen Fächer sondern faßt mit ihrer
Rechten die zurückgebogene Linke jener angeblichen Züchtigerin Amors und die Gesichtszüge der
jungen Frau und ihres Kavaliers sind durchaus von denen des Bildes im Prado verschieden.
Viel mehr Raum nimmt, wie schon angedeutet wurde, auf dem Rothschildschen Bilde im
Verhältnis zu den Figuren Archi-
tektur und Landschaft ein. Der
Torbogen stimmt ziemlich genau
mit dem des Madrider Gemäldes
überein; nur gewisse Einzelhei-
ten, wie besonders die Kartusche
unter dem Giebel, sind hier der
Pforte von Rubens' Hause in
Antwerpen noch ähnlicher. Merk-
würdigerweise führt aber der Tor-
bogen nicht wie auf dem Madri-
der Bilde in eine Halle sondern
in eine Grotte, in der ein Wasser-
fall sichtbar ist.1 Vor dieser
Grotte, die sich recht unorganisch
an die Architektur anschließt,
steht ein großer blühender Rosen-
strauch, in dessen Zweigen sich
zwei Amoretten tummeln. Weiter
oben ganz am Bildrande schießt
ein — in kühner Verkürzung wie-
dergegebener — fliegender Amor
einen Pfeil ab, d essen Richtung
aber kaum die zärtliche Gesell-
schaft des Vordergrundes zu tref-
fen scheint. Stark verändert ist
auch der sich nun rechts an-
schließende Springbrunnen: aus
der kauernden, kräftig gebildeten
Venus des Madrider Bildes ist
eine stehende, sehr schlanke weib-
liche Gestalt geworden, die auf
dem Rothschildschen Gemälde
eine Urne hoch emporhält, aus
der sich, ebenso wie aus ihren
Brüsten, das Wasser ergießt (auf den anderen uns bekannten Wiederholungen trägt sie einen Del-
phin); zu ihren Füßen, auf der Schüssel des Brunnens, spielen zwei kleine Liebesgötter mit den
Wasserstrahlen, die sich aus der Brust der Venus ergießen; ein weiterer Amor schwebt hinter
dem Brunnen, mit einer Fackel in der Hand. Stark verändert ist endlich auch das kleine Stück-
chen Landschaft auf der linken Seite: auf dem Rothschildschen Bilde hat sie lange nicht den deko-
Fig. 21. Rubens, Helene Fourment.
München, alte Pinakothek.
1 Wir ziehen hier bei der Beschreibung die Kopien in Wien und Dresden und den Kupferstich von Lempereur mit
heran, weil gerade diese Partie auf dem Rothschildschen Bilde stark nachgedunkelt zu sein scheint.
XXXV. v 10
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von den anderen Figuren überschnitten erscheint, für unsere weitere Untersuchung besonders im
Auge behalten wollen. Nun folgt endlich ein Paar, das im allgemeinen dem letzten des Madrider
Bildes entspricht. Nur hält hier die weißgekleidete Dame keinen Fächer sondern faßt mit ihrer
Rechten die zurückgebogene Linke jener angeblichen Züchtigerin Amors und die Gesichtszüge der
jungen Frau und ihres Kavaliers sind durchaus von denen des Bildes im Prado verschieden.
Viel mehr Raum nimmt, wie schon angedeutet wurde, auf dem Rothschildschen Bilde im
Verhältnis zu den Figuren Archi-
tektur und Landschaft ein. Der
Torbogen stimmt ziemlich genau
mit dem des Madrider Gemäldes
überein; nur gewisse Einzelhei-
ten, wie besonders die Kartusche
unter dem Giebel, sind hier der
Pforte von Rubens' Hause in
Antwerpen noch ähnlicher. Merk-
würdigerweise führt aber der Tor-
bogen nicht wie auf dem Madri-
der Bilde in eine Halle sondern
in eine Grotte, in der ein Wasser-
fall sichtbar ist.1 Vor dieser
Grotte, die sich recht unorganisch
an die Architektur anschließt,
steht ein großer blühender Rosen-
strauch, in dessen Zweigen sich
zwei Amoretten tummeln. Weiter
oben ganz am Bildrande schießt
ein — in kühner Verkürzung wie-
dergegebener — fliegender Amor
einen Pfeil ab, d essen Richtung
aber kaum die zärtliche Gesell-
schaft des Vordergrundes zu tref-
fen scheint. Stark verändert ist
auch der sich nun rechts an-
schließende Springbrunnen: aus
der kauernden, kräftig gebildeten
Venus des Madrider Bildes ist
eine stehende, sehr schlanke weib-
liche Gestalt geworden, die auf
dem Rothschildschen Gemälde
eine Urne hoch emporhält, aus
der sich, ebenso wie aus ihren
Brüsten, das Wasser ergießt (auf den anderen uns bekannten Wiederholungen trägt sie einen Del-
phin); zu ihren Füßen, auf der Schüssel des Brunnens, spielen zwei kleine Liebesgötter mit den
Wasserstrahlen, die sich aus der Brust der Venus ergießen; ein weiterer Amor schwebt hinter
dem Brunnen, mit einer Fackel in der Hand. Stark verändert ist endlich auch das kleine Stück-
chen Landschaft auf der linken Seite: auf dem Rothschildschen Bilde hat sie lange nicht den deko-
Fig. 21. Rubens, Helene Fourment.
München, alte Pinakothek.
1 Wir ziehen hier bei der Beschreibung die Kopien in Wien und Dresden und den Kupferstich von Lempereur mit
heran, weil gerade diese Partie auf dem Rothschildschen Bilde stark nachgedunkelt zu sein scheint.
XXXV. v 10