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Gustav Glück.
rativen Reiz des Madrider Gemäldes und das Fehlen der schönen Gruppe der drei Amoretten in
den Lüften macht sie dort auch noch viel eintöniger und leerer.
Wollen wir uns über das Verhältnis der beiden bisher beschriebenen Fassungen klar werden, so
müssen wir noch die dritte heranziehen: den Holzschnitt von Jegher (Taf. VIII). Es ist ein großes,
höchst wirksames Blatt von fast friesartigem Breitformat. Zwei aneinandergereihte Holzstöcke sind zum
Abdruck benützt worden. Dadurch zerfällt die Komposition in zwei gleiche aber nicht gleichwertig
abgewogene Teile; sie setzt sich aus den einzelnen ganz neu angeordneten Gruppen des gemalten
«Liebesgartens» zusammen, die entsprechend der Technik des Holzschnittes im Gegensinne wieder-
gegeben sind. Die rechte Hälfte zeigt im Vordergrunde die beiden ersten Liebespaare der linken
Fig. 22. Rubens, Spaziergang im Garten.
München, alte Pinakothek.
Seite des Madrider Gemäldes, links davon und weiter hinten die Gruppe von vier jungen Damen
und zwei Herren, die in der hier mehr grottenartig gebildeten und durch Wasserkünste belebten
offenen Halle miteinander scherzen wie auf dem Madrider Bilde. Die linke Hälfte enthält die
übrige Gesellschaft in gedrängter Anordnung, die im wesentlichen der des Bildes bei Baron
Rothschild in Paris mit Ausnahme der letzten drei Figuren rechts entspricht; darüber schweben
in den Lüften drei Amoretten, die dem Madrider Gemälde entnommen sind.
Nach dieser flüchtigen Beschreibung würde es fast so aussehen, als wären dem Schöpfer
dieser Umzeichnung beide Gemälde vorgelegen, sowohl das in Madrid als auch das bei Baron
Rothschild in Paris. Wollen wir untersuchen, ob diese Annahme richtig sei, so müssen wir uns
vor allem die Frage stellen: hat Rubens selbst die Umzeichnung besorgt oder ist sie dem Holz-
schneider zuzuschreiben? Darauf gibt eine — auf beiden Teilen des Holzschnittes angebrachte —
Inschrift eine fast unzweifelhafte Antwort: P. P. Rub. delin. et ex. cum Privilegiis. Rubens hat das
Gustav Glück.
rativen Reiz des Madrider Gemäldes und das Fehlen der schönen Gruppe der drei Amoretten in
den Lüften macht sie dort auch noch viel eintöniger und leerer.
Wollen wir uns über das Verhältnis der beiden bisher beschriebenen Fassungen klar werden, so
müssen wir noch die dritte heranziehen: den Holzschnitt von Jegher (Taf. VIII). Es ist ein großes,
höchst wirksames Blatt von fast friesartigem Breitformat. Zwei aneinandergereihte Holzstöcke sind zum
Abdruck benützt worden. Dadurch zerfällt die Komposition in zwei gleiche aber nicht gleichwertig
abgewogene Teile; sie setzt sich aus den einzelnen ganz neu angeordneten Gruppen des gemalten
«Liebesgartens» zusammen, die entsprechend der Technik des Holzschnittes im Gegensinne wieder-
gegeben sind. Die rechte Hälfte zeigt im Vordergrunde die beiden ersten Liebespaare der linken
Fig. 22. Rubens, Spaziergang im Garten.
München, alte Pinakothek.
Seite des Madrider Gemäldes, links davon und weiter hinten die Gruppe von vier jungen Damen
und zwei Herren, die in der hier mehr grottenartig gebildeten und durch Wasserkünste belebten
offenen Halle miteinander scherzen wie auf dem Madrider Bilde. Die linke Hälfte enthält die
übrige Gesellschaft in gedrängter Anordnung, die im wesentlichen der des Bildes bei Baron
Rothschild in Paris mit Ausnahme der letzten drei Figuren rechts entspricht; darüber schweben
in den Lüften drei Amoretten, die dem Madrider Gemälde entnommen sind.
Nach dieser flüchtigen Beschreibung würde es fast so aussehen, als wären dem Schöpfer
dieser Umzeichnung beide Gemälde vorgelegen, sowohl das in Madrid als auch das bei Baron
Rothschild in Paris. Wollen wir untersuchen, ob diese Annahme richtig sei, so müssen wir uns
vor allem die Frage stellen: hat Rubens selbst die Umzeichnung besorgt oder ist sie dem Holz-
schneider zuzuschreiben? Darauf gibt eine — auf beiden Teilen des Holzschnittes angebrachte —
Inschrift eine fast unzweifelhafte Antwort: P. P. Rub. delin. et ex. cum Privilegiis. Rubens hat das