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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Glück, Gustav: Rubens' Liebesgarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0088
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Gustav Glück.

dem Rasen sitzt. Nur ist hier diese Änderung viel berechtigter als auf dem Rothschildschen Ge-
mälde; der Künstler, der die Umzeichnung besorgt hat, — wir glauben: Rubens selbst, wofür auch
die vorzüglich verkürzte Rückenfigur des Kavaliers spricht, — mußte, um die linke Gruppe des
Holzschnittes zu schließen und abzurunden, wie auch um die Komposition nicht allzu sehr in die
Breite zu ziehen, auf die beiden stehenden Gestalten verzichten und sie durch Figuren, die die
übrige Gruppe überschneiden, ersetzen. Diese Lösung gelingt ihm auch vortrefflich, wenn auch

das ähnliche Motiv der beiden
sich herabneigenden Frauen neben-
einander vielleicht nicht ganz
glücklich wirkt.

Auf dem Rothschildschen
Bilde ist ein Grund für eine
solche Änderung nicht zu erken-
nen, zumal ja die beiden stehen-
den Figuren noch dahinter an-
gefügt erscheinen. Wir möchten
daher glauben, daß das Bild nach
der Zeichnung des Holzschnittes
entstanden ist. Der Maler hat
hier auch eine kleine Verbesse-
rung anzubringen geglaubt: das
letzte Paar dieser Gruppe ist
dem Holzschnitt ganz ähnlich;
doch Dame und Kavalier sind
etwas näher aneinandergerückt,
so daß die Dame die Gestalt der
sich zur Sitzenden Herabneigen-
den mehr überschneidet, wodurch
das Gleichlautende der Bewegung,
das wir bemerkt haben, vermie-
den wird. Dadurch verschwindet
aber der Arm mit dem Fächer;
der Maler hat nun dieser Dame
den Fächer — wie wir glauben:
recht ungeschickt — in die andere
Hand gegeben und so entsteht
das seltsame Motiv, das ältere
Fig. 24. Rubens, Helene Fourment mit ihrem Söhnchen Frans. Beurteiler als das der Züchtigung

München, alte Pinakothek. Amors glaubten deuten zu sollen.

Deutlich wie ein füllendes An-
hängsel nehmen sich auf dem Rothschildschen Bilde die drei stehenden Gestalten rechts aus,
die mit der geschlossenen Gruppe der Damen keinen rechten Zusammenhang haben und auch unter-
einander kaum durch Beziehungen verbunden erscheinen.

Nach allen diesen Beobachtungen glauben wir nun, daß Rubens selbst nach dem jetzt in
Madrid befindlichen Originale die Zeichnung zu dem Jegherschen Holzschnitte geschaffen oder
mindestens entworfen habe und daß sich das Rothschildsche Exemplar als eine Wiederholung
darstellt, die mit Hilfe des Madrider Bildes und des Holzschnittes in der Werkstatt des Meisters
hergestellt worden ist. Wenn wir auch das Maß der eigenhändigen Beteiligung des Künstlers an
dem Rothschildschen Bilde, das von hervorragenden Kennern, wie Wilhelm von Bode, günstig
 
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