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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Glück, Gustav: Rubens' Liebesgarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0102
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Gustav Glück.

Sowohl in dem Bilde des Louvre als auch in der Zeichnung der Albertina hat schon Max
Rooses,1 wie auch wir glauben, richtig die dargestellte Person erkannt: Susanna Fourment, die
viel ältere Schwester Helenens. 1599 geboren, hat sie 1617 Raimondo Delmonte, in zweiter Ehe
1622 Arnold Lunden, der mit Rubens befreundet war, geheiratet. Ihr Geschick war auch sonst
mit dem der Rubensschen Familie verbunden: nach Rubens' Tode heiratete sein Sohn Albert am
3. Januar 1641 Susannens Tochter aus erster Ehe Clara Delmonte, und da zwischen dieser Hochzeit

und dem Trauerfall nur ein hal-
bes Jahr liegt, möchte man fast
glauben, der große Meister habe
noch selbst etwas von der bevor-
stehenden Verbindung der beiden
Familien gewußt. Die äußeren
Gründe für die Bestimmung der
beiden Bildnisse sind freilich nicht
sehr schlagend: für das Bild im
Louvre wird angeführt, daß es
aus dem Nachlasse einer Baronin
van Boonem herrührt, die im
XVIII. Jahrhundert ihre Abstam-
mung von Clara Petronilla, einer
Tochter von Albert und Clara
Rubens, herleitete, eine Herkunft,
die für diese Annahme sprechen
würde, und für die Zeichnung in
der Albertina wird es als eine
Art von Wahrscheinlichkeitsbeweis
angesehen, daß das Blatt auf sei-
nem oberen Rande von einer
Hand des XVII. Jahrhunderts die
Bezeichnung «Suster van Heer
Rubbens» trägt, was man nicht
ohne Berechtigung in «schoon-
suster» (Schwägerin) verbessern
zu sollen glaubt, da Rubens' ein-
zige Schwester Blandine zur Zeit
der Entstehung der Zeichnung
längst verstorben gewesen ist.

Zwingende Gründe dafür,
in den beiden Porträten Susanna
Fourment zu erkennen, liegen
sicherlich damit nicht vor. Wenn wir aber mit urkundlicher Gewißheit erfahren,. daß Rubens diese
junge Frau mindestens sieben- bis achtmal gemalt hat, so gewinnt die Annahme an innerlicher
Wahrscheinlichkeit. Eine Uberlieferung des XVIII. Jahrhunderts hat sogar diese Susanna, an deren
ehrenhaftem Lebenswandel zu zweifeln wir keinen Grund haben, zu einer Geliebten des Rubens
gemacht und auf einem Stich aus dieser Zeit, der eine ganz andere Person vorstellt, findet sich
die Bezeichnung: «Mademoiselle Lunden, maitresse de Rubens»; noch Rooses ist diesem Gedanken
nicht ganz fremd, wenn er meint, Rubens sei weniger durch die Schönheit als durch den Geist

Fig. 34. Rubens, Bildnis einer Dame («Chapeau de paiile»).
London, Nationalgalerie.

1 L'Oeuvre de Rubens IV, p. 179 (Nr. 950) und V, p. 264 (Nr. 1506) und Rubens, sa vie et ses ceuvres, p. 304
und 3o6.
 
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