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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Tietze-Conrat, Erika: Die Erfindung im Relief, ein Beitrag zur Geschichte der Kleinkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0131
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Die Erfindung im Relief, ein Beitrag zur Geschichte der Kleinkunst.

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greifen aus der ins Unermeßliche verzweigten Kunstentfaltung die Kleinkunst des XVI. und XVII.
bis zum Beginn des XVIII. Jahrhunderts heraus; an ihrem Relief die Stufen der künstlerischen Er-
findung zu zeigen, ist unsere Aufgabe.

Vor allem soll diese Beschränkung als eine nicht zufällige chronologische Eingrenzung sondern
als in der Natur des Problems wohlbegründet erklärt werden. Die Skulptur eignet sich vor der
Malerei zur Beweisführung, weil sie — wie es schon die historischen Beispiele dargelegt haben —
häufig auf die Erfindung verzichtet und sie direkt vom Maler übernimmt; innerhalb der Skulptur
wieder das Relief, weil es nicht nur die Einzellösung sondern ein ganzes kompositionelles Schema
bringt. Die Kleinkunst aber, weil sie in ihrem breiteren Umfang sich nicht der speziellen Vor-
zeichnung, sondern der den Typus bewahrenden Mittel — der Plaketten und Stiche — bedient.

Fig. r$

Landschaftsstich nach P. Bril von J. Sadeler.

Diese Mittel wieder bestimmen die Zeitgrenze der Arbeit nach unten. Der weitere Verlauf des
XVIII. Jahrhunderts aber wurde ausgeschieden, weil einerseits die Bewertung selbständiger Erfindung
eine andere wurde und anderseits der wichtigste Zweig der Kleinkunst, das Porzellan, schon selbst
eine reproduzierende Kunst darstellt. Hierin liegt im Vergleich mit dem wichtigsten Material der
Kleinkunst des XVII. Jahrhunderts, dem Elfenbein, die technische Erweiterung, die zugleich eine
andere ethische Einstellung nach sich zieht. Die Werke der Kleinkunst des XVI. und XVII. Jahr-
hunderts, die Arbeiten in Elfenbein, in Bernstein und Holz, in Wachs und den köstlichen Halb-
edelsteinen, deren Beispiele vornehmlich dem alten Bestand unserer Hofsammlung entnommen sind,
verbinden die Einmaligkeit der Erscheinung mit der Verallgemeinerung der kompositionellen Idee.

Wenn der Maler, der Architekt für den Bildhauer das dekorative Denkmal, das malerische Der Bildhauer
Relief erfindet, so denkt er nicht nur die allgemeine Anordnung, die Proportionen des Aufbaues, bekommt den
er gibt durch die lineare Innenzeichnung, durch das Netz der Rahmenparallelen, durch die stoßenden "eu^"'/"

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