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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Weingartner, Josef: Die alten Kirchen Innsbrucks
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0201
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Die alten Kirchen Innsbrucks.

1S1

die Überhöhung und Giebelabwalmung des Schiffes und der erst in der Höhe des Kirchendaches
aus einem viereckigen Unterbau frei herauswachsende achteckige Turm mit seiner Kuppelhaube.
Die Streben sind am Chore auffallend einförmig und schwächlich gebildet, an der Fassade fehlen

Die Fassade selbst (Fig. 3) ist leider im Jahre 1848 verändert worden. Ursprünglich war der
Giebel weniger breit und plump und überdies, ähnlich wie an der Chorseite, leicht abgewalmt.
Statt der jetzigen Fensterrose glie-
derte den Oberteil ein Spitzbogen-
fenster, die nüchterne Putzquade-
rung fehlte. Intakt blieb nur das
Portal,1 allerdings der weitaus
interessanteste Teil der Fassade.
Die Gliederung der abgeschrägten
Türleibung durch Pilaster und
durch einen säulenähnlichen Rund-
stab setzt sich, nur durch ein
gebälkartiges Zwischenglied unter-
brochen, auch im Tympanon fort.
Außerdem umrahmen die Tür-
öffnung zwei Halbsäulen, die auf
hohen Postamenten stehen und
deren breites Gebälk einen Mu-
schelaufsatz trägt. Dem Ganzen ist
auf zwei Säulen, denen an der Kir-
chenwand zwei Pilaster entspre-
chen, eine kleine Vorhalle. mitRund-
bogenöffnungen und geradem
Kranzgesims vorgebaut. Die struk-
tiven und ornamentalen Teile des
Portals bestehen aus rotem Marmor,
der mit dunkelfarbigen rauten- und
kreisförmigen Einlagen verziert ist.

Das ungewöhnliche Interesse
nun, daß der Hofkirche als Bau-
werk zukommt, beruht in erster
Linie auf ihrer merkwürdigen Stil-
mischung, deren einzelne Elemente
wir im folgenden auseinanderlösen
wollen.

Die Gesamtanlage der Kirche, eines dreischiffigen Hallenbaues mit eingezogenem einschiffigen
Chor, entspricht vollständig der spätgotischen Tradition und der einheimischen Art. Fast alle
größeren gotischen Kirchen Deutschtirols (Meran, St. Pauls, Franziskaner- und Dominikanerkirche
in Bozen, Imst, Hall, Franziskanerkirche in Schwaz, Rattenberg, Kitzbichl und Kufstein) stimmen
darin überein. Einschiffig ist nur die Pfarrkirche in Brixen, vierschiffig und doppelchörig die in
Schwaz. Bei der Bozener Pfarrkirche ist auch der Chor dreischiffig und basilikale Anlage —
wahrscheinlich in Anlehnung oder mit Benützung des früheren Baues — zeigt einzig die Pfarr-
kirche in Lienz. Auch die weite Spannung des Mittelschiffes und die enge Anlage der Seitenschiffe

Fig. 3. Innsbruck, Hofkirche, ursprüngliche Fassade.
Aignersclier Kodex im Museum Fcrdinandeum.

1 Vgl. Jahrbuch XI (1890), Taf. XXXVI zu S. 246.
 
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