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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Weingartner, Josef: Die alten Kirchen Innsbrucks
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0229
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Die alten Kirchen Innsbrucks

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selbständig ausarbeiten und weiterbilden. Dies gilt von den Malern und Bildhauern so gut wie
von den Architekten, von denen nun in Osterreich, in Böhmen, in Bayern und in Schwaben eine
ganze Reihe glänzender deutscher Namen auftauchen. Und wie wir bisher jederzeit feststellen
konnten, daß der Stand der Dinge in Innsbruck nur ein Abbild der allgemeinen süddeutschen
Verhältnisse im kleinen war, so trifft das auch bei der letzten Periode der älteren Kirchenbau-
kunst zu, die wir nun näher darzustellen haben. Auch hier ist sie an die Tätigkeit einer ein-
heimischen Baumeisterfamilie geknüpft, nur daß zwischen 1700 und 1730 der Anschluß an die
italienischen Vorbilder in Innsbruck noch etwas enger ist, als es sonst im allgemeinen der Fall war.

Bei der Kirche in Mariahilf
tritt uns zum erstenmal ein Bau-
meister Gump entgegen. Ein
Tischlermeister Gump wird 1628
bis i63o für die Beichtstühle in
der Jesuitenkirche bezahlt, Chri-
stoph Gump aber war schon Hof-
baumeister und dieses Amt bleibt
nun fast ein Jahrhundert lang in
derselben Familie. Während die-
ser ganzen Zeit finden wir die
Gump bei allen größeren Inns-
brucker Profan- und Kirchenbau-
ten irgendwie beteiligt und die
Fortentwicklung des Stils ist da-
her mit ihnen eng verknüpft.

Die beiden ersten Kirchen-
bauten, die zu Beginn des XVIII.
Jahrhunderts gleichzeitig ausge-
führt wurden, sind die Ursuli-
nen- und die Spitalkirche. Die
Ursulinen kamen 1691 nach Inns-
bruck. 1700 begann der Bau des
Klosters, 1701 wurde der Grund-
stein zur Kirche gelegt, 1704
baute man am Turme, 1705 wurde
das Gewölbe vollendet und die
Weihe vorgenommen. Als Bau-
leiter nennt die Klosterchronik
Johann Martin Gump, den Sohn
Christophs, von dem wohl auch
der Plan herrührt. Den Entwurf zum Türmchen zeichnete dessen Sohn Johann Martin d. J., der
mit seinem Bruder Georg Anton den Vater auch sonst in der Bauleitung unterstützte. Als aus-
führender Maurermeister wird genannt Franz Appeller, als Zimmermeister Hans Mayr mit seinem
Palier Peter Stigler. Nur die Ausstattung mit Stukkaturen und die Altäre wurden Italienern, den
Gebrüdern Bartolomeo und Carlo Carlone, übertragen.1

Die kleine Kirche besteht aus dem einfachen Langhaus und dem stark eingezogenen, quadra-
tischen Chore. Die Langhauswölbung bildet eine hohe Tonne mit Stichkappen über den gestelzten
Halbkreisfenstern, deren auffallend hohe Lage durch das angebaute Kloster gefordert wurde. Dafür

Fig. 24. Rom, S'* Agnese auf Piazza Navona.

1 Nach dem Diarium des Ursulinenklosters, das M. Rafaela Pokorny für den Verfasser exzerpierte.

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