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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Weingartner, Josef: Die alten Kirchen Innsbrucks
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0232
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Josef Weingartner.

der eben damals beginnenden Freiheit und Lebendigkeit des süddeutschen Barocks näherzukommen
als die Ursulinenkirche. Ob dieser Umstand vielleicht auf eine intensivere Anteilnahme des
jüngeren Gump zurückgeht und demnach die schon erwähnte Tradition doch richtig ist, muß vor-
läufig dahingestellt bleiben. Jedenfalls bedeutet die Spitalkirche noch keinen jähen Bruch mit den
vorangehenden Jahrzehnten, wofür man in Ermangelung kirchlicher Denkmale am besten auf die

Fassaden des Palais Taxis und
des alten Regierungsgebäudes (Fi-
gur 22) hinweisen kann, die wohl
ebenfalls mit Johann Martin Gump
d. Ä. in Beziehung stehen. Sicher
aber ist soviel, daß Georg Anton
jedenfalls in den unmittelbar dar-
auffolgenden Jahren eine Entwick-
lung durchmachte, die ihn über
die von seinem Vater vertretene
Stilstufe weit hinaustrug.

Im Diarium des Ursulinen-
klosters finden wir unter dem
1. Oktober 1709 folgende Eintra-
gung: «Herr Martin Gumpp hat
sich for seiner abreis nacher Rom
beurlaubet.» Gemeint ist hier wohl
Johann Martin der Jüngere, und
wenn er Gelegenheit fand, nach
Rom zu gehen, so dürfen wir
dasselbe jedenfalls auch von sei-
nem Bruder annehmen. Das Fer-
dinandeum in Innsbruck hat uns
nun tatsächlich ein Zeugnis für
diesen römischen Aufenthalt auf-
bewahrt, das uns deutlich vor
Augen führt, wie Gump seine Stu-
dienreise verwendete und welche
Bauten in Rom auf ihn den stärk-
sten Eindruck machten. Es be-
sitzt nämlich einen Fassadenent-
wurf, der von späterer Hand den
Vermerk trägt: «Erster Entwurf
zur Pfarrkirche St. Jakob zu Inns-
bruck von Martin Gump.» Da
sich aber aus den gleichzeitigen Aufzeichnungen Schenachers1 nachweisen läßt, daß der erste
Entwurf zur Pfarrkirche von Georg Anton stammt, so liegt diesem Vermerk jedenfalls eine Ver-
wechslung des Vornamens zugrunde. Georg Anton verfertigte auch ein Modell, das 1714 im Hof-
garten zur öffentlichen Besichtigung ausgestellt wurde, heute aber verschollen ist. Auf dem Ent-
würfe dagegen ist nur die Fassade sichtbar (Fig. 23). Sie zeigt zwei Türme, deren drittes Geschoß
durch Kantenabschrägung und vorgesetzte Säulenpaare ins Achteck übergeführt wird. Den
Abschluß bilden bewegte Hauben mit Ovalfenstern zwischen Eckvoluten und mit bekrönenden

Fig. 27. Rom, Confraternitä del Ss. Sacramento.

1 Johann Schenacher, Denkwürdigkeiten, Manuskript, Ferdinandeum, S. 21 v. und 34.
 
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