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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Baldass, Ludwig: Die Bildnisse von Paris Bordone aus den Jahren 1532-1540
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0267
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DIE BILDNISSE VON PARIS BORDONE AUS DEN JAHREN 1532—1540

Von

Ludwig Baldass.

aris Bordone (1500 —1570), zuerst Nachahmer des Giorgione, dann rückhaltlos
des Tizian, ist in den Bildnissen bisweilen den Größten gleichzustellen.» Mit
diesen Worten beginnt Jakob Burckhardt in seiner ersten Auflage des Cicerone
den diesem Künstler gewidmeten Abschnitt. Allerdings sind bisher in der All-
gemeinheit nur Bildnisse aus der späteren Zeit des Künstlers bekannt geworden,
unter denen vor allem die Bildnisse im Palazzo Rosso zu Genua, in den
Uffizien zu Florenz, in der Londoner National Gallery und in der Eremitage
von St. Petersburg besonders hervorragen. Lange galt das signierte und 1540 datierte, in Augsburg
gemalte Porträt des Hieronymus Crofft im Louvre (Fig. 3) als das früheste sichere Bildnis des Meisters.
Als erster hat Hadeln1 ein 1532 datiertes männliches Porträt der Liechtenstein-Galerie in Wien
(Fig. 1) als Werk des Paris Bordone besprochen: «Wichtiger für die Kenntnis Bordones ist ein seit
wenigen Jahren in der Galerie Liechtenstein zu Wien aufgestelltes Bildnis eines Mannes, wichtig,
weil es datiert ist und dieses Datum das früheste der wenigen ist, die wir haben. . . .
Es trägt die Jahreszahl MDXXXII und die Altersangabe des Dargestellten: 37/AETATIS AN NOR".
Das Bildnis ist zwar ebenfalls nicht bezeichnet, aber die für Paris charakteristische Behandlung
der Fleischteile beweist allein, daß die Benennung, die es in Wien erhalten hat, die richtige ist.»
Hadeln hat hiebei übersehen, daß das Bildnis rechts unten auf dem grauen Mauergrunde tatsächlich
signiert ist und die zweifellos echte Bezeichnung: PARIS • bordon • f. trägt. Das männliche Bildnis
aus dem Besitze des Fürsten Liechtenstein ist also unbedingt jenes Werk Bordones, von dem wir
bei Betrachtung seiner Porträtkunst ausgehen müssen.

In schwarzem, mit braunem Pelz ausgeschlagenem Gewände, die schwarze Mütze schief auf
dem Kopf, steht der Dargestellte, bis oberhalb der Knie sichtbar, in ganz einfacher Haltung vor
der Mauer eines Palastes. Die linke Hand greift in den Gürtel des Gewandes, die rechte hält die
Handschuhe. Die Palastwand ist durch einige zarte architektonische Linien und durch spärliches
Buschwerk malerisch belebt. Es ist der ruhige Aufbau, den wir von Tizians Bildnissen seiner
mittleren Zeit, zum Beispiel dem des Kardinals Hippolyt von Medici in ungarischer Magnatentracht
von 1533 im Palazzo Pitti, kennen. Aber wir bemerken in dem Bildnisse Bordones nichts von der
Energie, mit der Tizian die von ihm Porträtierten in jeder Linie und in jedem Zuge erfüllte,
sondern finden in der ganzen Linienführung und mehr noch in der malerischen Behandlung des
Gesichtes und der Hände eine Weichheit, die dem melancholischen Ausdruck der Augen und des
Mundes entspricht und die uns daran erinnert, daß Vasari von Paris Bordone berichtet,2 daß der
Stil des Giorgione ihm aufs höchste zusagte und daß er sich in den Kopf setzte, er wolle auf
jede Weise Giorgiones Manier befolgen.3

Ebenfalls in der Liechtenstein-Galerie findet sich ein zweites, dem Paris Bordone mit Recht
zugeschriebenes Bild, das nicht signiert ist aber am rechten Rande Jahreszahl und Altersangabe:

1 Zum Oeuvre Paris Bordones : Repertorium für Kunstwissenschaft XXXI (1908), S. 544.
3 Vasari, Le vite in der Obersetzung von Georg Gronau, V.Band (Straßburg 1908), S. 184.

3 In der Liechtenstein-Galerie galt das Porträt als Bildnis eines Deutschen, Nikolaus Kerbler. Ob dies auf einer Tradition
oder auf einer Inschrift der Rückseite beruht, konnte nicht ermittelt werden, da das Bild in letzter Zeit leider wieder aus
der Galerie entfernt wurde und nach Mitteilung des Galerieverwesers auf ein Schloß des Fürsten Liechtenstein gebracht wor-
den sein soll.

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