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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — NF: 1.1926

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Dworschak, Fritz: Die Renaissancemedaille in Österreich: (mit einem Exkurs über Hubert Gerhard als Medailleur)
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https://doi.org/10.11588/diglit.68539#0234
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Die Renaissancemedaille in Österreich.


Abb. 152. Hans Kels, Wilhelm von Riesenberg und Schwihau.
Bleimedaille, 1527. Stift Wilhering.

Bedeutung geworden ist, so förderte er im zwei-
ten Jahrzehnt entscheidend die gegossene Schau-
münze, deren Zeit inzwischen auch in Deutsch-
land gekommen war. Zu Augsburg stand ihm in
der Person Hans Dauchers der geeignete Meister
zur Verfügung. Weniger geklärt ist das Frühwerk
des Kaufbeurer Bildschnitzers Hans Kels und sei-
ner Familie, die mehr als ein halbes Jahrhundert
im Dienste Habsburgs standen, ohne daß wir
über die bekannten Kleinarbeiten hinaus Zeug-
nisse dafür besäßen. Mit ziemlicher Sicherheit
sind die Medaillen Ferdinands und Annas von
1523 und einzelner Personen ihres Kreises dem
aus der schwäbischen Holzbildnerei hervorgegan-
genen Meister zuzuschreiben11. Ein österreichi-
scher Aufenthalt des älteren Hans Kels — der
Anteil dreier Meister dieses Zunamens an der
von Habich zusammengestellten Medaillenreihe
ist noch nicht geklärt — erscheint mehr als
wahrscheinlich. Wie ich glaube, müssen ihm auch
die posthume Medaille auf Friedrich III. von 1526
(Heraus 12, Nr. 9) [Äbb. 151) und die gleichfalls
bei Habich nicht angeführte auf den Hofmeister

Ferdinands I. als König von Böhmen Wilhelm von Riesenberg und Schwihau [Abb. 152) 1527 zugesprochen
werden12. Der Nachguß dieses Stückes im Wiener Kabinett wird durch ein allerdings nicht sehr gutes Blei im

Münzkabinett des Zisterzienserstiftes Wilhering ergänzt. Ebenso möchte ich hier schon meiner Vermutung
Ausdruck geben, daß der »Tiroler Meister von 1518« gleichfalls dem Augsburger Kreise angehört (Medaille
auf Kaiser Maximilian und Franz von Sickingen [Heräus 16, Nr. 5] und das Triumphrelief im Louvre)13.
Jedenfalls waren die schönen Plolzmodelle eines Plans Schwarz oder Hans Kels nicht ohne Einfluß auf
ein Schnitzwerk, das 1533 datiert ist und »Anna ein Dochter Benedicts Fronleitners Bürgers zu Wien«
darstellt [Abb. 153) 14. Das heute in der Sammlung Figdor in Wien aufbewahrte Stück zeigt noch völlig die
Gebundenheit der alten Kunst und die gotische Schrift. Daß es aber überhaupt geschaffen werden konnte, zeugt
doch stark für das Eindringen des neuen Geistes in Österreich. Das in einem siegelkapselähnlichen Behälter
gearbeitete Bildnis hat Karl Schalk in richtiger Erkenntnis seiner Bedeutung für die österreichische Kleinplastik
erstmals veröffentlicht15; um so bedauerlicher ist es, daß jeder Versuch, es mit einem bestimmten Meister
zu verbinden, zunächst noch als vergebliches Beginnen angesehen werden muß. Unverkennbar ist der große
Fortschritt gegenüber der anderen Inkunabel auf dem Gebiete des Porträtreliefs in Österreich, dem Melker
Buchs auf den Humanisten und Arzt Maximilians I. Georg Tannstetter und sein Söhnchen Christian von 152116.

Als dieses Holzmodell entstand, arbeitete zu Wien bereits ein Bildhauer, der schon ganz von der
deutschen Renaissanceskulptur beeinflußt ist. Die Medaille des Konrad Osterer, der seine Einführung in die
Kunstgeschichte Hans Tietze verdankt, auf die Anwesenheit Karls V. zu Wien (i532) ist eigentlich nur eine
Nachahmung des Gebelschen Porträts von 1 53017; dem fränkischen Kreise stand er jedenfalls auch als Bild-
hauer nahe. Das Stück auf den Göttweiger Abt Bartolomäus Schönleb (l$33) stellt sich aber bereits als
durchaus selbständige Arbeit neben die gleichzeitigen deutschen Medaillen; die breite Modellierung des ins

11 Georg Habich, Deutsche Medailleure, S. 54 ff. Theodor Hampe, Allgäuer Studien zur Kunst und Kultur der Renaissance.
Nürnberg 1918, S. 42 ff.
13 I. Bergmann a. a. O., I, S. 89 ff.
13 Habich, Deutsche Medailleure, S. 28 f.
14 Buchs, 140 mm.
15 Karl Schalk, Eine Holzmedaille auf eine Wiener Patrizierstochter a. d. J. 1533, Nurn. Zs. XXV. Bd. (1893), S. 433 ff-
16 Österreichische Kunsttopographie, III. Bd. (Melk), S. XX und 321, Fig. 319.
17 Max Bernhart, Die Bildnismedaillen Kaiser Karls V. München 1919, Nr. 70 und Nr. 65.

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