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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 1
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Assmann, Ernst: Das Schiff von Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0045
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36

Aßmann, Das Schiff von Delphi.

erlauben, zum Teil jedoch eine semitische. Zweck und Gestalt der homerischen
Schiffsspeere können nicht scharf bestimmt werden. Die Länge von 22 Ellen ist
dichterisch übertrieben, nicht einmal 22 Fuß wären glaubhaft. Nach Admiral Serre
{Revue maritime et col. 1891, 250) sollten jene Speere zum Durchstoßen der feind-
lichen Bodenplanken gedient haben; ich halte diese Ansicht für irrig. Ein Lanzen-
stoß vermochte dickere Planken schwerlich zu durchdringen, das Eisen würde selbst
in dünneren Brettern kein klaffendes, gefährliches Leck schaffen, häufig aber sich
unlösbar festklemmen oder abbrechen. Bei ausgedehntem Nachsuchen konnte ich
nirgends in der Welt eine Spur davon entdecken, daß man ein Schiff mit Spießen
in den Grund zu bohren versucht hätte. Harder, Homer 184, meint vielleicht ähn-
liches wie Serre, wenn er die großen Schiffsspeere »ähnlich den späteren Schiffs-
schnäbeln zur Abwehr angreifender Schiffe« dienen läßt, doch ist seine Ausdrucks-
weise nicht klar genug, zumal der Sporn nur eine Waffe zum Angriff, nicht zur
Abwehr, darstellt. Pernice, Athen. Mitt. 1892, 301, suchte den Hauptzweck der
ξυστά ναύμαχα im »Abstoßen vom Lande«, obgleich dieses mit dem Seegefecht nichts
zu tun hat und allezeit bei den Griechen mittels der κοντοί (Staken, Bootshaken)
> besorgt wurde, obgleich die Lanzenspitze der antiken Bilder gar nicht zu solchem
Gebrauche paßt. Die langen Schiffsspeere werden wohl im Nahkampf gedient
haben wie jene Enterpiken, welche noch vor hundert Jahren auf den Kriegsschiffen zu
finden waren; ihre Länge betrug höchstens 14 Fuß, meist weniger. Daß die Speer-
bündel an Bug und Heck vorrätig gehalten wurden, ist leicht zu verstehen; es war
ja damals die Zeit, wo ex prora tantum et puppi pugnabatur (Plin. 7, 57.). Marcellus
gab seinem Fußvolk bei Nola δόρατα των ναυμάχων μεγάλα zum Vorteil über die kurzen
Lanzen der Karthager (Plut. Marc. 12).
Betrachten wir nunmehr das erhaltene Bruchstück des Mittelschiffes. Der
Bord wird durch eine Reihe übereinander greifender Rundschilde verdeckt und
gedeckt. Das ist auffallend und beachtenswert, weil es sonst — meines Wissens —
in Hellas nicht vorkommt. Die Vasenbilder, Reliefs, Münzen, Inschriften, Schrift-
steller der Hellenen melden nichts von solchem Brauche, der also dort nur spärlich
vertreten gewesen sein kann. Wir müssen, um ähnliches zu finden, nach Etrurien
gehen: die Reliefs zweier Aschenkisten aus Volterra, abgebildet bei Overbeck, Bild-
werke zum thebischen und troischen Heldenkreis Taf. 31 Abb. 18, Taf. 32 Abb. 14,
zeigen eine (nicht eng geschlossene) Reihe von Rundschilden außen am Schiffsbord,
ebenso eine Terrakotte des Louvre aus Italien (Cartault, triere athen. 61). Auf
einem Naumachiebilde aus Pompeji (Baumeister, Denkmäler Abb. 1697) sieht man
drei Rundschilde über Bord hängen. Bei den Römern dienten, wie die biremis
praenestina (Baumeister, Abb. 1695) sehr schön erkennen läßt, Rundschilde auch in
anderer Weise als Schmuck der äußeren Schiffswand, wo sie in ganzer Fläche auf-
lagen, den Bord nicht überragten. Hierfür findet sich das unverkennbare Vorbild
auf den Phoinikerschiffen der Reliefs von Ninive aus der Zeit um 700 v. Chr. (abge-
bildet bei Layard, Monum. of Nineveh I Taf. 71). Jaehns, Geschichte des Kriegs-
wesens 86, sagt über die phoinikischen Kriegsschiffe: »Die Söldner hingen ihre
 
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