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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 4
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Six, Jan: Apelles
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0179
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170

Six, Apelles.

Gemälde hervorzuragen schienen, digiti eminere videntiir et fulmen extra tabulam
esse5. Zu diesem Zwecke war selbstverständlich die Figur in Tönen gemalt.
So ungewöhnlich auch die mehr als lebensgroßen Bilder in der griechischen
Malerei sind, scheint es diesmal nicht unmöglich, daß der Riesentempel zu Ephesos
ein solches barg. Es erzählt nämlich Plinius5, daß dieses Bild um 20 Talente
Gold gemalt wäre (yiginti talentis auri\ und daß der Maler das Gold nicht in
fester Summe erhalten habe, sondern in Goldstücken nach dem Maße (manupretium
eins tabulae in nummo aureo mensura accepit non numero). Nimmt man Plinius beim
Wort und berechnet die Fläche, die zwanzig Talente Gold in Goldstücken bedecken
würden, so ist man gezwungen, eine Kolossalfigur von zwei- bis dreifacher Lebens-
größe anzunehmen. Auch bei der Annahme, daß Plinius zwanzig Talente Silber
in Goldwährung meinte, würde man eine Fläche erhalten, wie sie eine lebensgroße
Figur verlangt. Auf keinen P'all war es ein Staffeleibild.
Wenn ich aber Brücke6 richtig verstehe, so müßte man aus der Erklärung
des berühmten Physiologen von dem Hervorragen einzelner Teile aus der Tafel
schließen, nicht nur daß die Figur jedenfalls nicht kleiner, sondern vielleicht auch
nicht größer als lebensgroß hat sein können. Es scheint ja dieser Effekt zu verlangen,
daß an einer im vordersten Grunde hingestellten lebensgroßen Figur die hervorragenden
Teile überlebensgroß gezeichnet sind.
Brückes Ausführungen kann man auch entnehmen, daß der vordere Fuß der
Figur hart am unteren Rande hat stehen müssen, wie in Rembrandts »Nachtwache«
der Leutnant mit der »Partisane«. Ich habe früher schon darauf hingewiesen7, daß
sowohl bei Rembrand wie bei Apelles hierbei das Experiment die perspektivische
Kenntnis kann ersetzt haben, daß aber eine Absicht nicht zu verkennen ist.
Von dem Wesen der Kunst des großen Meisters von Ephesos geben aber
solche Berichte doch kaum eine Vorstellung; höchstens dürfte man vermuten, daß
die Vasengruppe, die Furtwängler (Griechische Vasenmalerei zu Tafel 40, 68—70)
dem Ende des vierten Jahrhunderts zuschreibt, in den schimmernden Farben ihrer
Hauptfiguren die versicolora (Fronto) des Apelles nachgeahmt zeige, indem ihre
rotfigurige Umgebung abgetönte Nebenfiguren dieses Meisters ersetzen dürfte; und
solange es an gesicherten Kopien seiner Werke fehlt, darf ich vielleicht eine Kombi-
nation vorlegen, die ich schon lange gemacht habe, und die mir bei jeder neuen
Prüfung ansprechender wird.
Plinius8 erwähnt zu Rom einen dem Apelles zugeschriebenen Herakles mit
diesen Worten: eiusdem arbitrantur manu esse et in Annae templo Herculem aversum,
ut, quod est difficillimum, faciem eins ostendat verius pictura quam promittat.
Viele Maler haben seitdem, von Giotto bis Rembrandt und Terborch, und

5) N Η. XXXV 92. 7) Bulletin uitgegeven door den Nederlandschen
6) Principes scieniifiques des Beaux-Arts S. 63—66 oudheidkundigen Bond 1902 S. 202.
der französischen Ausgabe. 8) N. Η. XXXV 94.
 
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