VON W. BODE. 249
sieht man den Leviten mit dem Esel von dannen ziehen. Die Behandlung ist sehr
leicht und flüssig, die Farbenstimmung besonders tief.
Die Gemälde der Galerie zu Braunschweig sind schon im Verlaufe dieser
Arbeit näher gewürdigt. Die „Landschaft mit Bergferne" (No. 769), wie ich nachzu-
weisen suchte, eine frühe Arbeit der römischen Zeit, ist das umfangreichste mir bekannte
Bild des Meisters, von seinem Selbstportrait abgesehen. Wenn diese ungewöhnliche
Grösse, die geringere Zeichnung der wenigen unbedeutenden Figürchen, theilweise auch
die Behandlung des Vordergrundes auf den ersten Blick an der Aechtheit des Bildes
zweifeln lassen und mich bewegen, dasselbe seiner früheren Zeit zuzuweisen, so ist doch
schon die ganze Auffassung, die feine Stimmung, die leuchtende Färbung durchaus
charakteristisch für Elsheimer und zwar nur für diesen. Das zweite Gemälde, die
durch Goudt's Stich allgemein bekannte Aurora (No. 770), hat leider den grössten
Theil ihres Reizes, worin sie einst trotz ihres winzigen Umfanges mit Claude Lorrain
wetteifern konnte, durch unbarmherzige Verputzung eingebüsst.
Grade durch seine köstliche Erhaltung zeichnet sich ein kleines, unbeachtetes
Bildchen der Aschaffenburger Galerie aus, Christus zwischen den beiden Jüngern
auf dem Wege nach Emmaus. In hügliger Landschaft liegen im Mittelgründe zwei
kleine Seen, zwischen denen man eine kleine italienische Ortschaft gewahrt. In der
ruhigen Fläche des vorderen Sees spiegelt sich das phosphorgelbe Abendlicht, das
über die unteren Schichten des Himmels ausgegossen ist. Die kleinen Figuren sind
von geschickter Zeichnung, die Färbung der Landschaft von einem klaren hellen Grün,
und das Ganze wieder von äusserster Vollendung. Dieses kleine Meisterwerk könnte
in jedem Betracht ein Gegenstück zu der Aurora der Braunschweiger Galerie abgeben,
welche es bei dem jetzigen Zustande derselben weit übertrifft.
Ein ganz kleines ächtes Bildchen hat unter den deutschen Sammlungen noch
die Karlsruher Galerie aufzuweisen, den hl. Laurentius, welcher, auf dem Rost
lehnend, in einer Landschaft mit reizender Bergferne steht (No. 3g5). Das Bildchen
ist der gleichen (mir in Bezug auf die Aechtheit zweifelhaften) Darstellung in den
Uffizien sehr verwandt, wenn nicht damit übereinstimmend, in der Landschaft der-
selben überlegen, in der Zeichnung und in der Behandlung des Colorits aber gleich-
falls noch mässig und in der Färbung noch kalt, sodass es wohl seiner früheren Zeit
zugewiesen werden muss.
Die Wiener Galerien besitzen eine Anzahl Werke des Meisters, die wesentlich
für seine frühere Entwickelung von Interesse sind. Die „Ruhe auf der Flucht" im
Belvedere (No. 16 im 4. Saal des II. Stocks) ist ein sehr charakteristisches Werk der
ersten Zeit von Elsheimers Aufenthalt in Italien. Die Composition ist im Wesentlichen
Correggio's Madonna della Scodella entlehnt; die Figuren haben jedoch etwas ober-
flächlich Akademisches, die Färbung hat eine Helligkeit von unangenehmer Härte;
beides verräth den Einfluss der römischen Schule. Feineres Eingehen in die Natur
fehlt sowohl in den verhältnissmässig grossen Figuren wie selbst noch in der Land-
schaft. — Von ganz ähnlichem Charakter und aus gleicher Zeit ist auch eine Geburt
Christi in der Galerie Czernin, welche auch fast den gleichen Umfang (o,36 Μ. Höhe
bei 0,28 Μ. Breite) und die gleiche Grösse der Figuren hat, wie das Bild des Belvedere.
Auch hier zeigt sich namentlich Correggio's Einfluss und zwar das Vorbild seiner
„Nacht". Elsheimers Eigenart beweist sich schon in der mannigfachen, geschickten
Beleuchtung: während das Hauptlicht vom Kinde ausgeht, ist die Gruppe der Hirten
26
sieht man den Leviten mit dem Esel von dannen ziehen. Die Behandlung ist sehr
leicht und flüssig, die Farbenstimmung besonders tief.
Die Gemälde der Galerie zu Braunschweig sind schon im Verlaufe dieser
Arbeit näher gewürdigt. Die „Landschaft mit Bergferne" (No. 769), wie ich nachzu-
weisen suchte, eine frühe Arbeit der römischen Zeit, ist das umfangreichste mir bekannte
Bild des Meisters, von seinem Selbstportrait abgesehen. Wenn diese ungewöhnliche
Grösse, die geringere Zeichnung der wenigen unbedeutenden Figürchen, theilweise auch
die Behandlung des Vordergrundes auf den ersten Blick an der Aechtheit des Bildes
zweifeln lassen und mich bewegen, dasselbe seiner früheren Zeit zuzuweisen, so ist doch
schon die ganze Auffassung, die feine Stimmung, die leuchtende Färbung durchaus
charakteristisch für Elsheimer und zwar nur für diesen. Das zweite Gemälde, die
durch Goudt's Stich allgemein bekannte Aurora (No. 770), hat leider den grössten
Theil ihres Reizes, worin sie einst trotz ihres winzigen Umfanges mit Claude Lorrain
wetteifern konnte, durch unbarmherzige Verputzung eingebüsst.
Grade durch seine köstliche Erhaltung zeichnet sich ein kleines, unbeachtetes
Bildchen der Aschaffenburger Galerie aus, Christus zwischen den beiden Jüngern
auf dem Wege nach Emmaus. In hügliger Landschaft liegen im Mittelgründe zwei
kleine Seen, zwischen denen man eine kleine italienische Ortschaft gewahrt. In der
ruhigen Fläche des vorderen Sees spiegelt sich das phosphorgelbe Abendlicht, das
über die unteren Schichten des Himmels ausgegossen ist. Die kleinen Figuren sind
von geschickter Zeichnung, die Färbung der Landschaft von einem klaren hellen Grün,
und das Ganze wieder von äusserster Vollendung. Dieses kleine Meisterwerk könnte
in jedem Betracht ein Gegenstück zu der Aurora der Braunschweiger Galerie abgeben,
welche es bei dem jetzigen Zustande derselben weit übertrifft.
Ein ganz kleines ächtes Bildchen hat unter den deutschen Sammlungen noch
die Karlsruher Galerie aufzuweisen, den hl. Laurentius, welcher, auf dem Rost
lehnend, in einer Landschaft mit reizender Bergferne steht (No. 3g5). Das Bildchen
ist der gleichen (mir in Bezug auf die Aechtheit zweifelhaften) Darstellung in den
Uffizien sehr verwandt, wenn nicht damit übereinstimmend, in der Landschaft der-
selben überlegen, in der Zeichnung und in der Behandlung des Colorits aber gleich-
falls noch mässig und in der Färbung noch kalt, sodass es wohl seiner früheren Zeit
zugewiesen werden muss.
Die Wiener Galerien besitzen eine Anzahl Werke des Meisters, die wesentlich
für seine frühere Entwickelung von Interesse sind. Die „Ruhe auf der Flucht" im
Belvedere (No. 16 im 4. Saal des II. Stocks) ist ein sehr charakteristisches Werk der
ersten Zeit von Elsheimers Aufenthalt in Italien. Die Composition ist im Wesentlichen
Correggio's Madonna della Scodella entlehnt; die Figuren haben jedoch etwas ober-
flächlich Akademisches, die Färbung hat eine Helligkeit von unangenehmer Härte;
beides verräth den Einfluss der römischen Schule. Feineres Eingehen in die Natur
fehlt sowohl in den verhältnissmässig grossen Figuren wie selbst noch in der Land-
schaft. — Von ganz ähnlichem Charakter und aus gleicher Zeit ist auch eine Geburt
Christi in der Galerie Czernin, welche auch fast den gleichen Umfang (o,36 Μ. Höhe
bei 0,28 Μ. Breite) und die gleiche Grösse der Figuren hat, wie das Bild des Belvedere.
Auch hier zeigt sich namentlich Correggio's Einfluss und zwar das Vorbild seiner
„Nacht". Elsheimers Eigenart beweist sich schon in der mannigfachen, geschickten
Beleuchtung: während das Hauptlicht vom Kinde ausgeht, ist die Gruppe der Hirten
26