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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 1.1896, Band 1 (Nr. 1-26)

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An unsere Freunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.3187#0003
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Da liegt er vor uns, der erste Band,

Biel tausend Zeilen von krausen Lettern
lind schnurrigen Bildwerks allerhand —
lind wenn wir die bunten Seiten durchblättern
Bon vorn nach rückwärts, gesteh'n wir frei,
Mag sein, es ist mancher Schnitzer dabei;
Langweilig aber ist's nicht gewesen,

Weder zu schauen noch zu lesen.

Ist schließlich ja aller Anfang schwer —
link daß wir in Zukunft immer mehr

Des reinen Weizens sonder Spreu,

Des Neuen, das gut, des Guten, das neu,

Euch bieten in der Quartale Lauf —

Verehrte LeserI Die Saud darauf! —

Sat uns auch an Feinden nicht gefehlt.

Was haben sie alles geklagt und geschmält,

In ihren Reden und Blättchen und Schriften!
wir follten das Serz der „Jugend" vergiften,
Wir hätten von idealer Runst
Reine» blassen Schein, keinen blauen Dunst,
And namentlich sei's ein Skandal
Bezüglich der sogenannten Moral,

Wie nackt und bloß in unseren Spalten
Gar mancherlei verruchte Gestalten
Umtrieben ganz ohne Feigenblätter.

Es krachte so manches Donnerwetter
Bon hoher Ranzel auf uns her,
wir hatten ja allen Respekt vergessen,

Manch wackerem Schwarzrock was aufgemessen,
Und manchen politischen Rampfhahn schwer
Geärgert, verhöhnt und im Bild geschildert.

Gs hieß: Die „Jugend" sei falsch und schlecht,

Frivol und frech und total verwildert-

Nun — dafür machten wir's Andern recht
Und zwar den Bessern in deutschen Landen,
Und haben die Bessern uns wohl verstanden,
Wir nehmen recht gerne die Schreier in Rauf!
Schlagt nur einmal den Band hier auf
Und auch ein Gegner inuß gesteh'n,

Es ist nicht wenig darin zu feh'n.
wir lassen es freilich lieber bleiben,

Einen trockenen Index davon zu schreiben,

Wer wissen will, was im Buche stünde,

Mag selbst d'rin suchen, auf daß er's finde.

Da sieht er im fröhlichen Wechselspiel
Stets wechselnd wie in Raleidoskopen
Der Bilder, der Verse, der Srosa viel,

Alt unsere Fremde

E^a liegt er nun, unser erster Band,

Schmuck und gewichtig in unserer Sand,
Vierhundert Seiten sind's, die sich da einen,

In einem Einband aus rothem Leinen.

Da wär' es glücklich nun gelandet,

Gekentert nicht und nicht gestrandet,

Das Schifflein mit dem bunten Wimpel,

Nach Sturm und Fährniß mancher Art,

Seil und bereit zur nächsten Fahrt.

Es hat uns freilich mancher Gimpel
Und mancher Neidhart prophezeit,

Das Boot der „Jugend", es käm' nicht weit:
Denn erstlich nähm' es zu wild den Flug
Und nicht nach bewährten nautischen Regeln,
Dann hält' es auch zu viel wind in den Segeln,
Und fein Ballast sei nicht schwer genug,

Und auch an Mannszucht fehl' es an Bord —

Wir aber segelten fröhlich fort,

wir hatten tüchtige Mannschaft geheuert,

Uns halfen rüstiger Arme viel,

Voll frischen Muthes und angefeuert
Bon einem schönen und hehren Ziel.

Und ging's auch durch tosende, schäumende Fluth,
Die Fahrt war gesegnet, die Fahrt war gut.
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