DOI Heft:
Nr. 9 (Fasching)
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.3279#0146
Nr. 9
JUGEND
4
1897
Don Pizarro, span’scher Grande,
Reiste durch die deutschen Lande,
Sehenswerthes zu besicht’gen.
Vieles fand er und bestaunt’ er
So Natur- wie Kunstgebilde.
Nichts doch schien so wunderbar ihm,
So bemerkenswerth wie eines,
Nämlich, dass sich alle Stühle,
Sopha’s, Canapee’s und Divan’s
Viel zu niedrig und im Sitztheil
Schrecklich viel zu kurz erwiesen!
*
Dies schuf stets ihm neues Staunen.
Staunend grübelt’ er dem Ding nach:
Liegt hier Unverstand zu Grunde,
Unverstand der Tapezierer?
Oder wollen diese Wackern
Durch die martervollen Möbel
Gar ihr Volk vor Müssiggehen,
Vor Bequemlichkeit bewahren ?
Per los Dios — sie erreichen’s!
Als der edle Don am Wirthstisch
Wieder mal so meditirte,
Da versetzt’ ein Nachbar höflich:
„Herr, Ihr überschätzt die Dummheit
Und das patriot’sche Fühlen
Uns’rer deutschen Tapeziere.
Glaubt,’s ist beides nicht imSpielhier...
Aber — habt Ihr nie, mein Werther,
Euer Bein werk Euch betrachtet?
Beine solcher Dimensionen,
Solcher geisterhaften Länge,
Sind zu Land hier nicht gebräuchlich.
Sitzmobilien, die Euch passen,
Könnt Ihr hier drum nicht verlangen,
Solche findet Ihr auch schwerlich
Anderswo als in der Heimath
Des Mustern De la Mancha,
In dem Land phantast’scher Formen,
Fabelhafter Proportionen . . .
Dorthin, dorthin konzentrirt Euch
Rückwärts, rückwärts, edler Don!“
Ein Plakatvorselilag der „Jugend“
zur Ausstellung der wiedervereinigten „Genossenschaft“
und „Secession“ im Sommer 1897.
Briefkasten der Redaktion.
Herrn Fcrd. Fürst, Bulgarien. Ihr
Liedercyclus „21 n Nikolaus" vcrräth mehr Em-
pfindung als Formgewandtheit und Talent. Reime
ivie „König — sehn’ ich", „Boris — wohr is’s",
„MarieLouise—excusez!" klingelt nicht ganz rein.
Eccolo-Nfcola, Montenegro. Wir
gewährenJhnen gerne inLlnbetrachtJhrerFinanz-
Verhältnisse beim Abonnement ans die „Jugend"
50 Prozent Rabatt, bitten aber, der Konsequenzen
halber, von dieser Ermäßigung gegenüber den
Potentaten von Griechenland, der Türkei, Spanien,
Portugal u. s. w. keinen Gebrauch zu machen.
Herrn E. Richter, Berlin. Verschonen
Sie uns doch ettblid) mit ihren ewigen Bismarck-
hymnen ! Die Gedichte „Mein Gott im Sachsen-
walde", „Otto der Große", „Der Eselstritt",
'„DeutschlandsHort", sind doch zu überschwänglich.
Junger Mann, Salzwedel. Sie schrei-
ben: „Ick) habe zwar nick)ts gelernt, begreife
langsam und bin drei Mal wegen Verleumdung,
Erpressung und groben Verlrauensmißbrauch
cingesperrt gewesen — aber ick) möchte doch eine
einträgliche Stellung fittden." Wendctt Sie sich
dock) an Herrn v. Tausch in Berlin. Sie sind
ja wie geschaffen zum journalistischen Vertrauens-
mann der politischen Polizei!
Frau A. Meier, München. Sie leiden
an Platzangst? — Essen Sie weniger!
Herrn Omalmer, Pinneberg. Wenn der
Lieferant Ihrer Lieblingszigarre den Preis dieses
Genußmittels von 2'h auf 3 Pfennige ge-
steigert und dies mit der Vertheuerung des
Habanatabaks durck> die Revolution ans Cuba
motivirt hat, so betrügt er Sie.
Jette v., Berlin. In einer Postkarte
vom 24. d. M. schreiben Sie uns: „Verehrlichte
Schriftleidung! Dürfte xcl) Sie nicht um die
Adresse des jungen Mannes bitten, den wo Sie
sein Porträ in Nr. 31 auf Seite 497 abgebilted
haben? Ick) habe ehrliche Absichten behufs spetcrer
Verheiradunk und einigtes erspahrtes!" — Aber
Jette! Das wäre ja der Teufel!
♦ 4 I 1 I t 4 t I H F ♦ I I ♦ 4 » t I ♦ i I t j t + 4t i 4 t 4 t 4 t
'*r
(FffTÄrilltlll Um gegenteiligen Ansichten energisch ZN begegnen,
U I ♦ erkläre ich, daß die in meiner politischen Laufbahn oft
vorgekommenen Abweichungen meiner Behauptungen vom wirklichen Thatbestand
(z. B. im Prozeß Witte) lediglich in meinem mimosenhaft entwickelten, hochchrist-
lichen Schaiiiaettibl ihren Grund haben. Einem Alaun von meiner Sittlichkeit wird es
eben schwer, die nackte Wahrheit zu sagen.
8. Soctfcr, mehrfacher Ex —
-r
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Don Pizarro, span’scher Grande,
Reiste durch die deutschen Lande,
Sehenswerthes zu besicht’gen.
Vieles fand er und bestaunt’ er
So Natur- wie Kunstgebilde.
Nichts doch schien so wunderbar ihm,
So bemerkenswerth wie eines,
Nämlich, dass sich alle Stühle,
Sopha’s, Canapee’s und Divan’s
Viel zu niedrig und im Sitztheil
Schrecklich viel zu kurz erwiesen!
*
Dies schuf stets ihm neues Staunen.
Staunend grübelt’ er dem Ding nach:
Liegt hier Unverstand zu Grunde,
Unverstand der Tapezierer?
Oder wollen diese Wackern
Durch die martervollen Möbel
Gar ihr Volk vor Müssiggehen,
Vor Bequemlichkeit bewahren ?
Per los Dios — sie erreichen’s!
Als der edle Don am Wirthstisch
Wieder mal so meditirte,
Da versetzt’ ein Nachbar höflich:
„Herr, Ihr überschätzt die Dummheit
Und das patriot’sche Fühlen
Uns’rer deutschen Tapeziere.
Glaubt,’s ist beides nicht imSpielhier...
Aber — habt Ihr nie, mein Werther,
Euer Bein werk Euch betrachtet?
Beine solcher Dimensionen,
Solcher geisterhaften Länge,
Sind zu Land hier nicht gebräuchlich.
Sitzmobilien, die Euch passen,
Könnt Ihr hier drum nicht verlangen,
Solche findet Ihr auch schwerlich
Anderswo als in der Heimath
Des Mustern De la Mancha,
In dem Land phantast’scher Formen,
Fabelhafter Proportionen . . .
Dorthin, dorthin konzentrirt Euch
Rückwärts, rückwärts, edler Don!“
Ein Plakatvorselilag der „Jugend“
zur Ausstellung der wiedervereinigten „Genossenschaft“
und „Secession“ im Sommer 1897.
Briefkasten der Redaktion.
Herrn Fcrd. Fürst, Bulgarien. Ihr
Liedercyclus „21 n Nikolaus" vcrräth mehr Em-
pfindung als Formgewandtheit und Talent. Reime
ivie „König — sehn’ ich", „Boris — wohr is’s",
„MarieLouise—excusez!" klingelt nicht ganz rein.
Eccolo-Nfcola, Montenegro. Wir
gewährenJhnen gerne inLlnbetrachtJhrerFinanz-
Verhältnisse beim Abonnement ans die „Jugend"
50 Prozent Rabatt, bitten aber, der Konsequenzen
halber, von dieser Ermäßigung gegenüber den
Potentaten von Griechenland, der Türkei, Spanien,
Portugal u. s. w. keinen Gebrauch zu machen.
Herrn E. Richter, Berlin. Verschonen
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hymnen ! Die Gedichte „Mein Gott im Sachsen-
walde", „Otto der Große", „Der Eselstritt",
'„DeutschlandsHort", sind doch zu überschwänglich.
Junger Mann, Salzwedel. Sie schrei-
ben: „Ick) habe zwar nick)ts gelernt, begreife
langsam und bin drei Mal wegen Verleumdung,
Erpressung und groben Verlrauensmißbrauch
cingesperrt gewesen — aber ick) möchte doch eine
einträgliche Stellung fittden." Wendctt Sie sich
dock) an Herrn v. Tausch in Berlin. Sie sind
ja wie geschaffen zum journalistischen Vertrauens-
mann der politischen Polizei!
Frau A. Meier, München. Sie leiden
an Platzangst? — Essen Sie weniger!
Herrn Omalmer, Pinneberg. Wenn der
Lieferant Ihrer Lieblingszigarre den Preis dieses
Genußmittels von 2'h auf 3 Pfennige ge-
steigert und dies mit der Vertheuerung des
Habanatabaks durck> die Revolution ans Cuba
motivirt hat, so betrügt er Sie.
Jette v., Berlin. In einer Postkarte
vom 24. d. M. schreiben Sie uns: „Verehrlichte
Schriftleidung! Dürfte xcl) Sie nicht um die
Adresse des jungen Mannes bitten, den wo Sie
sein Porträ in Nr. 31 auf Seite 497 abgebilted
haben? Ick) habe ehrliche Absichten behufs spetcrer
Verheiradunk und einigtes erspahrtes!" — Aber
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lichen Schaiiiaettibl ihren Grund haben. Einem Alaun von meiner Sittlichkeit wird es
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