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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 3.1898, Band 1 (Nr. 1-26)

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Nr. 2 (8. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3337#0043

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Neujahrs-Tnnkspruch der Münchner „Fugend^

ndefz bei klarem Gterngefu»»kel
Des Jahres letzte Grunde schlug,

Durchbraust des Südens Wogendunkcl
Der deutsche Argonaurenzug.

Hellsilbern blinkt im Mondenglaste

Die Furche, die der Schwarm sich pflügt —

Und jedes Schiff, vom Riel zum Maste,

Ist gut aus deutschem Stahl gefügt.

Ein deutsches Lied, mit Glurh gesungen,

Hallt wieder von der Panzerwand,

Und jeder unsrer blauen Jungen
Schickt feinen Gruß dem Vaterland. -
So spüren sie der Heimath Segen
Auch fern im Süd auf schwankem Boot
Und lachen der Gefahr entgegen,

Die hunderttausendfalrig droht.

vielleicht, daß sie mit jenen Braven,

Die fern im Vst der Sturm begrub,

Im fremden Ufersande schlafen,

Bevor's noch an zu lenzen Hub I

vielleicht — doch störr's der Schaar die Weihe

Der wundersamen Stunde nicht,

Denn sieghaft führt die Heldenreihe
Ein göttlicher Pilot — die Pflicht!

Und Ihr dieweil im warmen Neste?

Euch rüttelt wild kein Sturm am Haus,

Ihr schlürft zum liebgeword'nen Feste
Die dampfenden Pokale aus.

Im Gfen knistern trockne Scheiter,

Wie Tannduft weht es durch den Raum,

Und Weihnachrskerzen flimmern heiter,

Zum letzten Mal entflammt, vom Baum.

Behagen füllt Euch die vier Wände,

Die Gorgen fallen, Stück um Stück,

Und Jeder wünscht zum Jahresende

Und Jahresanfang Heil und Glück --

Zum Ruckuck! Laßt die alte Phrase
von „Glück und langem Leben" fort!

Ich weiß zum frisch gefüllten Glase
Euch heut' ein bespres Weihewort:

Es sei von Euch mit hellen Stimmen
Ein schallendes „Hurrah" gebracht
Den Iungens, die da draußei» schwimmen
Durch Wogenschwall und wetternachr,

Der Flotte, die durch ferne Meere
Hinrauscht, den Feinden kühn zu droh'n,

Auf daß sie ruhmvoll wiederkehre
t7?»t unser»» blonden Raisersohn!

Stoßt an! — Es tönt wie Glockenläuten,

So festlich — jedes Auge strahlt —
wie soll ich mir den Zauber deuten,

Der Euch die Wange»» röther »»»alt?

Wie Eure Häupter stolz sich heben!

Wie E»»er pulsschlag heißer geht!

Verspürt Ihr jetzt das Frühlingswebei»,

Das mächtig durch die Hei»»»arh weht;

Das Funken, die nur »natt geglommei»,

Zu hohen Flammen angefacht?
verspürt Ihr's, daß die Zeit geko»n»»»en,

Wo Deutschsein wieder eitel inacht?
wo Michel, den der Völker Glaube
Mit schläfrigem Symbol geschinückr,

Sich statt der sanften Zipfelhaube
Den Eichenkranz in's Haar gedrückt?

verspürt Ihr's, daß in» alten Glanze
Germania »vieder, ftahlunrblitzt,

Nun eirdlich in der Völker Rranze
Zu Haupte»» ai» der Tafel sitzt? —

Hui» denn — so leert zu»»» andern Male
In dieser Iahreswendenachc
Die düfteschwere Gpferschale
Auf Deutschlands Größe, Ruh»»» und Macht!

Trii»kc aus! Und wer nicht ehrlich handelt,

Und »ver nicht »nit uns jauchzt und trinkt,

Den» sei in sehrend Gift gewandelt
Der Truirk, der ihm i»n Becher blinkt!
wenn Buben und Philister lachen,
wenn rings die Hölle faucht u»»d tobt —

Nur zu! — Jung Siegfried braucht den Drachen,
Sonst hart' er Nothung nicht erprobt!

Fritz von Ostini.

Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. v. OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. .EICHMANN; sämmtlich in München.

Druck von KNORR L HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München
Index
Fritz Frh. v. Ostini: Neujahrs-Trinkspruch der Münchner "Jugend"
Julius Diez: Zeichnung zum Neujahrs-Trinkspruch
 
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