Nr. 23
1898
Zwecke der Kunst
Was Kunst nicht alles „soll" — der arme Sklave!
...Doch, thut sie's nicht, was kriegt sie wohl
für Strafe?
Literarisches TRarius-Rezept
Zerhackt, zerklopft, zerrissen, zerfetzt...!
— Und dann sich stolz auf die Trümmer gesetzt
wenn der Montblanc tanzt und der Kheinstrom
brennt,
wenn ein Dichter den andern anerkennt,
Und logisch denken die Frau'n und die Frommen,
■-— Dann ist das Ende der Welt gekommen
Zehn-IRark-Dichter
(i?7ach einem Prospekt „Deutsche Dichter in Wort
und Bild.")
„Den Größten nur gelingt's, daß man sie
Konterfeit!
— Zehn Mark für ein Llichs, — und gleich
seid ihr soweit!"
Der literarische Zrifurgenius
Vom Mähnengelock durch die Lausallee
Kam ich heraufgeschritten,
... Und habe mir jetzt so peu ä peu
Linen Stirnbalkon erstritten.
Acsthetische Grauschimmel
Kur ja nichts, was abenteuerlich riecht,
Dder phantastisch über die Seele kriecht!
Nichts zu grell, zu komisch oder pathetisch!
...Kur das Graue wirkt ästhetisch!
Auch welchen
Gebt uns Empfindung, kein Gemachte,
Das man mit Händen fühlt und tappt.
Kein Flitterzeug, von dem man dächte,
Aus hundert Feyen sei's gepappt!
Zhr glaubt, es soll den gosst erhöhen,
Ze mehr man Stoffe mengt und schichtet?
— So lernt das Kochen erst verstehen,
Und dann besinnt euch, wie man dichtet
Lin Mißverftändniß
Einfalt wünschen wir vom Dichter
Linfältigkeit bringt dies Gelichter I
Beter Bauer (München).
Der (Effekt
D wunderliche poeterei!
Kommt niemalen nichts heraus dabei,
Als daß sie vor allen Leuten
— Stolz auf ihr Leibweh deuten!
Kritikomanie
Kur immer gleiche „was halten Sie davon?"
Kur immer gleich: „wie denken Sie darüber?"
— wenn mich was sticht, was kitzelt, sag'
ich's schon!
... Man „hält" und „denkt" nicht so entsetzlich
fir, mein Lieber!
ZRacher — ZReister
was scheidet Macher von Meistern?
wo diese Begeisterung faßt,
Fragen jene in Hast:
wofür sollen wir uns begeistern?
Das Schönste
Das Schönste schweigt; es weiß sich nicht zu melden
Zn Wort und Sang. . .
Zm Dämmerduft verzittert's ob den Welten,
Wie Sonnenuntergang. —-
Fritz Lennar.
Ä
Und unten Paris —
es donnern und jagen.
Es rollen und poltern und knattern die Wagen;
Und Heulen und Pochen und Pfeifen und
Schrei’n;
Und Hundegekläffe mitten darein;
Dreliorgelgewimmer; Lachen und Singen;
Kindergeschrei und Glockenklingen —
Das surret und klingelt, das kreischt und greint,
Alles zu einem Ton vereint,
Zu mir herauf von ferne — von ferne —
Als kam’ es von einem andern Sterne!-
Und hier oben so stumm!
Ein Dächermeer,
Dunst, Rauch und Nebel darüber her.
Und um das Gewimmel von Giebeln,
von Schloten,
Von Thürmen und Zinnen und Kuppeln!
Es röthen
Die letzten sterbenden Strahlen schwach
Hier noch ein Thurmkreuz — dort ein Dach —
Und dann ist Alles im Dust versunken.
Von allen den goldenen Himmelsfunken
Schickt keiner noch nieder sein
freundlich Licht -—
Der Rauch so grau und der Dunst so dicht,
So düster Alles so arm an Glanz —
Und unten Paris:
Ein Flammenkranz!
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1898
Zwecke der Kunst
Was Kunst nicht alles „soll" — der arme Sklave!
...Doch, thut sie's nicht, was kriegt sie wohl
für Strafe?
Literarisches TRarius-Rezept
Zerhackt, zerklopft, zerrissen, zerfetzt...!
— Und dann sich stolz auf die Trümmer gesetzt
wenn der Montblanc tanzt und der Kheinstrom
brennt,
wenn ein Dichter den andern anerkennt,
Und logisch denken die Frau'n und die Frommen,
■-— Dann ist das Ende der Welt gekommen
Zehn-IRark-Dichter
(i?7ach einem Prospekt „Deutsche Dichter in Wort
und Bild.")
„Den Größten nur gelingt's, daß man sie
Konterfeit!
— Zehn Mark für ein Llichs, — und gleich
seid ihr soweit!"
Der literarische Zrifurgenius
Vom Mähnengelock durch die Lausallee
Kam ich heraufgeschritten,
... Und habe mir jetzt so peu ä peu
Linen Stirnbalkon erstritten.
Acsthetische Grauschimmel
Kur ja nichts, was abenteuerlich riecht,
Dder phantastisch über die Seele kriecht!
Nichts zu grell, zu komisch oder pathetisch!
...Kur das Graue wirkt ästhetisch!
Auch welchen
Gebt uns Empfindung, kein Gemachte,
Das man mit Händen fühlt und tappt.
Kein Flitterzeug, von dem man dächte,
Aus hundert Feyen sei's gepappt!
Zhr glaubt, es soll den gosst erhöhen,
Ze mehr man Stoffe mengt und schichtet?
— So lernt das Kochen erst verstehen,
Und dann besinnt euch, wie man dichtet
Lin Mißverftändniß
Einfalt wünschen wir vom Dichter
Linfältigkeit bringt dies Gelichter I
Beter Bauer (München).
Der (Effekt
D wunderliche poeterei!
Kommt niemalen nichts heraus dabei,
Als daß sie vor allen Leuten
— Stolz auf ihr Leibweh deuten!
Kritikomanie
Kur immer gleiche „was halten Sie davon?"
Kur immer gleich: „wie denken Sie darüber?"
— wenn mich was sticht, was kitzelt, sag'
ich's schon!
... Man „hält" und „denkt" nicht so entsetzlich
fir, mein Lieber!
ZRacher — ZReister
was scheidet Macher von Meistern?
wo diese Begeisterung faßt,
Fragen jene in Hast:
wofür sollen wir uns begeistern?
Das Schönste
Das Schönste schweigt; es weiß sich nicht zu melden
Zn Wort und Sang. . .
Zm Dämmerduft verzittert's ob den Welten,
Wie Sonnenuntergang. —-
Fritz Lennar.
Ä
Und unten Paris —
es donnern und jagen.
Es rollen und poltern und knattern die Wagen;
Und Heulen und Pochen und Pfeifen und
Schrei’n;
Und Hundegekläffe mitten darein;
Dreliorgelgewimmer; Lachen und Singen;
Kindergeschrei und Glockenklingen —
Das surret und klingelt, das kreischt und greint,
Alles zu einem Ton vereint,
Zu mir herauf von ferne — von ferne —
Als kam’ es von einem andern Sterne!-
Und hier oben so stumm!
Ein Dächermeer,
Dunst, Rauch und Nebel darüber her.
Und um das Gewimmel von Giebeln,
von Schloten,
Von Thürmen und Zinnen und Kuppeln!
Es röthen
Die letzten sterbenden Strahlen schwach
Hier noch ein Thurmkreuz — dort ein Dach —
Und dann ist Alles im Dust versunken.
Von allen den goldenen Himmelsfunken
Schickt keiner noch nieder sein
freundlich Licht -—
Der Rauch so grau und der Dunst so dicht,
So düster Alles so arm an Glanz —
Und unten Paris:
Ein Flammenkranz!
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