Nr. 24
JUGEND
1898
Unteroffizier: „nun habt Ihr erst gestern Eurem obersten Kriegsherrn Treue und Gehorsam geschworen
und heut wollt Ihr meineidigen Kerls nicht einmal ordentlich in die Kniebeuge gehen!"
Feldbauer (München).
„Jugend" verzieren muß, ist es schlimm genug!
Die sollte man ihr schon so ansehen. Uebrigcns
istbas Titelsranenzimmer immerhin noch hübscher
ausgefallen, als die ztoei Backsischchen im Nacht-
hemd von Linda Kögel, welche ans der Treppe in
einem Stück Papier lesen, und diese hinwiederum
sind noch die reinen Venüsse gegen das irrsinnige
Geschöpf auf Seite 365, unter welches Elisabeth
Hähnel »Belladonna» geschrieben hat, Belladonna
heißt: schöne Frau und nicht Wetterhexe! Selbst
das Pfauenauge nebenan blickt ganz wild über
diese entsetzliche Visage darein. Blumen, wie sie
Gertrud Kleinhempel malt, sind mir, als gebildetem
Leser, noch nicht vorgekommen, und wenn sie Vor-
kommen, so malt man sie nicht. Man malt Rosen
und Vergißmeinnicht, Veilchen und Lilien, aber
nicht solche vegetabilische Ungeheuer, von denen
im Blumenladen die Portion 3 Mark kostet. An
dem Bilde „Bor der Himmelsthür" ist mir nichts
verständlich, als die Verwunderung des heiligen
Petrus über das Gesindel, das da herein will.
Ich hoffe zuversichtlich, einmal in ein besseres
Jenseits zu kommen und möchte dort wenigstens
vor dem Vergnügen bewahrt sein, von Veloeipe-
disten überfahren zu werden. Der Kerl hat übri-
gens nicht einmal eine Glocke. Die mannsdicke
Wassers.lstange von Marie Stüler ist für den
Zoologen genau so interessant, wie die Blumen
der G. K. für den Botaniker: Beide gibt's nicht.
Die geflügelte Frauensperson ans der Zeichnung
von M. Ade thut gut, die bewußten Aepfel zu
nehmen, während ihr Hüter wegsieht; sie ist so
wüst, daß ihr auch der Teufel von den verbotenen
Früchten nichts geben würde. Der Akt mit den
Krampfadern auf der nächsten Seite gefiele mir
so weit nicht schlecht, wenn ich nur wüßte, wo
der linke Schenkel angewachsen ist; offenbar dicht
unter der Achsel? M. Stüler hat eine entschie-
dene Vorliebe für Naturmerkwürdigkeiten. Das
Haar des jungen Mädchens auf Seite 375 be-
steht offenbar ans Lederriemen, Hobelspänen,
Papierschlangen oder anderen bandförmigen
Gegenständen? Diese Dame möchte ich einmal
frisirt sehen. Was den Text betrifft, so finde ich
gleich auf der ersten Seite der Damen-Nummer
Gedichte eines Herrn Ernst Rosmer! Recht con-
sequent! Und das Uebrige ist meist so kräftig,
wie wenn es recht emaneipirte Herrn geschrieben
hätten. Besonders wie die Heldin von „Treulose
Treue" auf den Esel schlägt und den Sack meint —
das ist wieder einmal hoch-„jugendlich" und mo-
ralisch; „Die Modistin" ditto. Eine Dame sollte
vom Vorhandensein solcher schmutzigen Verhält-
nisse gar nichts wissen. Und die „Amazone" —
na ich danke — gleich in den Sand! Daß sie ihre
magere Damen-Nummer mit einem Beitrag der
Sarah Bernhardt schmücken, macht ihrem Ge-
schmack eb.nsoviel Ehre, ivie ihrem Patriotismus.
Auch „Duo-Trio-Dno" würde ich meiner Tochter
nicht in die Hand geben, wenn ich eine hätte, und
die „Charakterstudie" von Kory Towska nicht ein-
mal meinem Sohn. Außer einer Champagner-
Annonee hat in der ganzen Nummer nichts Ge-
nießbares gefunden
ihr Hochachtungslos in sein Geschick ergebener
B Lckmesser
Zwangsabonnent und gebildeter Leser.
Ucbersetzungskünste
Modestuni esse decet iuvenem.
Es schickt sich für den Jüngling, mit Uko-
distinnen zu essen.
lstemo fere saltat sobrius, nisi forte insanit.
Keiner, der durch Nießen schwer erkrankt
ist, nimmt nüchtern Salat zn sich.
VDie Herr Pantöffle
nach Z jähriger Ehe die Glocke zitirt:
„Die Leidenschaft flieht; die Liebe muß
bleiben!"
Henneberg-Seide
schwarz, weiß und farbig von 75 pfg. bis Mk. 18.65 per Meter
— in den modernsten Geweben, Farben und Dessins.
K» Private porto- und steuerfrei ins Kaus!
Selden-Damaste b. fflk. 1.35—18.65
Seiden-Bastkleider p.Sftö.l'e „ 13.80—68.50
Seiden-Foulards bebrucCfü. 95 Pfge.— 5.85
Ball-Seide b. 75 Pfge.—18.65
Seiden-Qrenadines „Mk. 1.35—11.65
Saiden-Bengalines „ „ 1.95— 9.80
— nur ächi,
iveiru direkt ab meinen Fabriken bezogen
per Meter. Sei&ett-Armüres, Monopols, Cristalliques, Moire antique, Duchesse,
Princesse, Moscovite, Marcellines, gestreifte und karrierte Seide, seidene Stepp-
decken- uno Fahnenstoffe etc. etc. — Muster und Katalog umgehend. — Doppeltes
Briefporto nach der Schweiz.
iK. Migrant).
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JUGEND
1898
Unteroffizier: „nun habt Ihr erst gestern Eurem obersten Kriegsherrn Treue und Gehorsam geschworen
und heut wollt Ihr meineidigen Kerls nicht einmal ordentlich in die Kniebeuge gehen!"
Feldbauer (München).
„Jugend" verzieren muß, ist es schlimm genug!
Die sollte man ihr schon so ansehen. Uebrigcns
istbas Titelsranenzimmer immerhin noch hübscher
ausgefallen, als die ztoei Backsischchen im Nacht-
hemd von Linda Kögel, welche ans der Treppe in
einem Stück Papier lesen, und diese hinwiederum
sind noch die reinen Venüsse gegen das irrsinnige
Geschöpf auf Seite 365, unter welches Elisabeth
Hähnel »Belladonna» geschrieben hat, Belladonna
heißt: schöne Frau und nicht Wetterhexe! Selbst
das Pfauenauge nebenan blickt ganz wild über
diese entsetzliche Visage darein. Blumen, wie sie
Gertrud Kleinhempel malt, sind mir, als gebildetem
Leser, noch nicht vorgekommen, und wenn sie Vor-
kommen, so malt man sie nicht. Man malt Rosen
und Vergißmeinnicht, Veilchen und Lilien, aber
nicht solche vegetabilische Ungeheuer, von denen
im Blumenladen die Portion 3 Mark kostet. An
dem Bilde „Bor der Himmelsthür" ist mir nichts
verständlich, als die Verwunderung des heiligen
Petrus über das Gesindel, das da herein will.
Ich hoffe zuversichtlich, einmal in ein besseres
Jenseits zu kommen und möchte dort wenigstens
vor dem Vergnügen bewahrt sein, von Veloeipe-
disten überfahren zu werden. Der Kerl hat übri-
gens nicht einmal eine Glocke. Die mannsdicke
Wassers.lstange von Marie Stüler ist für den
Zoologen genau so interessant, wie die Blumen
der G. K. für den Botaniker: Beide gibt's nicht.
Die geflügelte Frauensperson ans der Zeichnung
von M. Ade thut gut, die bewußten Aepfel zu
nehmen, während ihr Hüter wegsieht; sie ist so
wüst, daß ihr auch der Teufel von den verbotenen
Früchten nichts geben würde. Der Akt mit den
Krampfadern auf der nächsten Seite gefiele mir
so weit nicht schlecht, wenn ich nur wüßte, wo
der linke Schenkel angewachsen ist; offenbar dicht
unter der Achsel? M. Stüler hat eine entschie-
dene Vorliebe für Naturmerkwürdigkeiten. Das
Haar des jungen Mädchens auf Seite 375 be-
steht offenbar ans Lederriemen, Hobelspänen,
Papierschlangen oder anderen bandförmigen
Gegenständen? Diese Dame möchte ich einmal
frisirt sehen. Was den Text betrifft, so finde ich
gleich auf der ersten Seite der Damen-Nummer
Gedichte eines Herrn Ernst Rosmer! Recht con-
sequent! Und das Uebrige ist meist so kräftig,
wie wenn es recht emaneipirte Herrn geschrieben
hätten. Besonders wie die Heldin von „Treulose
Treue" auf den Esel schlägt und den Sack meint —
das ist wieder einmal hoch-„jugendlich" und mo-
ralisch; „Die Modistin" ditto. Eine Dame sollte
vom Vorhandensein solcher schmutzigen Verhält-
nisse gar nichts wissen. Und die „Amazone" —
na ich danke — gleich in den Sand! Daß sie ihre
magere Damen-Nummer mit einem Beitrag der
Sarah Bernhardt schmücken, macht ihrem Ge-
schmack eb.nsoviel Ehre, ivie ihrem Patriotismus.
Auch „Duo-Trio-Dno" würde ich meiner Tochter
nicht in die Hand geben, wenn ich eine hätte, und
die „Charakterstudie" von Kory Towska nicht ein-
mal meinem Sohn. Außer einer Champagner-
Annonee hat in der ganzen Nummer nichts Ge-
nießbares gefunden
ihr Hochachtungslos in sein Geschick ergebener
B Lckmesser
Zwangsabonnent und gebildeter Leser.
Ucbersetzungskünste
Modestuni esse decet iuvenem.
Es schickt sich für den Jüngling, mit Uko-
distinnen zu essen.
lstemo fere saltat sobrius, nisi forte insanit.
Keiner, der durch Nießen schwer erkrankt
ist, nimmt nüchtern Salat zn sich.
VDie Herr Pantöffle
nach Z jähriger Ehe die Glocke zitirt:
„Die Leidenschaft flieht; die Liebe muß
bleiben!"
Henneberg-Seide
schwarz, weiß und farbig von 75 pfg. bis Mk. 18.65 per Meter
— in den modernsten Geweben, Farben und Dessins.
K» Private porto- und steuerfrei ins Kaus!
Selden-Damaste b. fflk. 1.35—18.65
Seiden-Bastkleider p.Sftö.l'e „ 13.80—68.50
Seiden-Foulards bebrucCfü. 95 Pfge.— 5.85
Ball-Seide b. 75 Pfge.—18.65
Seiden-Qrenadines „Mk. 1.35—11.65
Saiden-Bengalines „ „ 1.95— 9.80
— nur ächi,
iveiru direkt ab meinen Fabriken bezogen
per Meter. Sei&ett-Armüres, Monopols, Cristalliques, Moire antique, Duchesse,
Princesse, Moscovite, Marcellines, gestreifte und karrierte Seide, seidene Stepp-
decken- uno Fahnenstoffe etc. etc. — Muster und Katalog umgehend. — Doppeltes
Briefporto nach der Schweiz.
iK. Migrant).
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