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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 3.1898, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 30 (23. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3338#0062
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1898

JUGEND

Nr. 30

Robert Engels (Düsseldorf).

itetc sich an der Biegung des Ufers ad, cs
erschien eine schlanke, junge Frau von strah-
lend Heller Hautfarbe, mir lieblichem Auge
und einem göttlichen Munde. Ihre beiden
reizenden Hände bewegten matt die Ruder;
Schaum zog pcrlmuttcrfarbig, wie Schnee,
hinter dcr Zaubcrbarke her; mein ganzes
Wesen erzitterte vor Hingebung, Bedauern
und Flehen I

Ich versteckte mich noch mehr und hielt
meinen Athcm an; ich war so verwirrt,
daß ich beinahe das Bewußtsein verlor.
Denn sic war es, die Rönigin, die ich im
Geheimen liebte und von dcr ich den ganzen
Nachmittag unaufhörlich geträumt hatte.
Im Hinteren Lhcilc des Nachens befand
sich ein kleiner Rnabe, dcr hübsche Prinz
Rcnö, ein Neffe dcr Rönigin, und hielt das

leichte Steuer. Sic saß träumerisch, den
Schwanenhals leicht zurückgcbogcn, ihre
beiden scidenzartcn Arme vorgcstrcckt, und
ruderte immer in den gelben Strahlen.

O Du Sccgöttin! wunderbares Phan-
tasiegcbildcl

Plötzlich vernahm ich einen Schrei, ich
sah die Barke kentern und den kleinen
Prinzen in das Wasser fallen, während die

ZOI
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Robert Engels: Zeichnung zum Text "Der Kuß der Königin"
 
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