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1899

3u Delbrück's Disciplinirung

Ihr hättet ihn sollen schwätzen lassen,

Dies Aufsch'n meidend,

Dce Mann ist nicht ernsthaft anzufasscn,
Der Mann ist leidend.

Danz nagelneu in der Pathologie
^st die Erscheinung:

Er leider an chronischer Hypertrophie
Don Wort und Meinung.

Er hat auch die ganze Kehle voller
Gcschwollncr Phrase,

Er leidet am profcssorcnkollcr
Im höchsten Maße!

Ralt Wasser, kräftig auf's Haupt gegossen,
Das würd' ihn kurircn;

Doch war' cs verfehlt von Doktor Lossen,
Ihn a b z u f ü h r e n l

&

Pips

Die Theaterrede
des Wiener Bürgermeisters

Auf dem Bankett bei Eröffnung des Jnln-
läumstheaters in Wien hat der Bürgermeister
Or. Lueger nach den Zeitungen eine Teastrcde
gehalten, in der er u. a. sagte:

„Sind Sie böse, lieber Direktor, wenn ich
Ihnen den Rath, gebe, sich nicht mit der Tra-
gödie abzuplagen? Allen Respekt vor Kleist
und vor seiner Hermannsschlacht; aber denken
Sie sich nur, meine Herren und Damen: bei
der Währinger Linie ein Stück, worin ein
Frauenzimmer ihren Liebhaber einem Bären
vorwirst! (Heiterkeit.) Einen Liebhaber selber
vor Liebe fressen, das komnrt auch in Wien
vor (StürmischeHeiterkeit); aber ein Schaudstück
wie die Hermannsschlacht wollen die Wiener
nicht. .. Frl. Barsescu würde mir als Sou-
brette am besten gefallen. Wir wollen lachen
in einem Theater. Namentlich in der
heutigen Zeit, dieja ohnehin eineso trau-
rige ist, kommt man doch nicht in's Thea-
ter, um tragische Geschichten zu sehen."

Wir sind zu unserer Freude in der
"nge, diese Rede, die einen so vornehme»
Geschmack und ein so hohes Bildungs-
niveau erkennen läßt, noch zu ergänzen
und einige weitere Aeußerungen des
Weltstadtoberhauptes in ihrer ursprüng-
i'chen, nicht redigirtcn, sondern noch mit
^ni ganzen Erdgeruch der Gesinnung
behafteten Fassung wiedcrzugeben.

Herr Dr. Lueger sagte:

„Wissen Se, lieber Direkter, lassen
Se doch den gansen Schluß mit de
„Tragedien" I Was kauf ich mer for
iv 'n Trauerschpiell Was ihn ich mit
de „Hermannsschlacht" und mit de
„Befraiung Deutschlands" ? Lassen
Se das doch de Juden! Das is was
ior Jppelmaier und Cohnsortcn I Ma-
chen Se Wihe, lieber Direkter, Witzei
Schn Sc: ich bin ä witziger Mann!

Haben Se geheert, wie be finite haben
gelacht über niainen Witz? He? Bin
ich ä witziger Mann? He? Bin ich
ä gaistraicher Mann? Will ich Ihnen
erzählen n o ch ä Witz I A uiederdnit-
sches Ehepaar hat bekommen ä Täch-
lcrche, was is geboren ßwai Monate
nach der Hochßait. Se wissen nich, wie
se es sollen taufen. Kommt ä Fraind
und sagt: Tauft sedoch „Thusnelda"!

. JUGEND .

Berschtchn Se? „To snell da"I Nu? Nich
ausgeßaichnet? Sehn Sc: das is besser als
de ganse „Hermannsschlacht"! L a ch cn woll'n
definite! Ich kann lachen. Worum soll
ich nich lachen?? Wissen Se was? Sziehn
Se de Barsescu korze Klaider an und lassen Se
sc anftreten als Soubrette! Und denn lassen
Se se singen — so was — na, Se wissen wohl:
„Das kitzelt,

Das kitzelt,

Das kitzelt ja so schön"
oder so was — he? Sehn Se: so 'ne netten
Scherze, die machen Se man; Se sollen
sehn : de Laite lachen. Dann werd'.ich auch
komiuen in's Theater, und am vielen Lachen
werden Se erkennen den Bürgermalslcr von
Wien. Prost!"

Oer norwegische Llaggenstrcit

Das muß ich sagen: Eins thut mir leid —
Das ist der norwegische Flaggenstreit,
war' dieser geschlichtet, da war' ich froh.

Ich will Euch erzählen, warum und wie so?

wir sind eines Tages vor anderthalb Jahren
Zum Longreffe der presse nach Stockholm

gefahren:

Der Schulze, der Müller, der Löwy, der Nohn
Und der Meyer sammt Gattin, Tochter und Sohn.
(Der Meyer näinlich schreibt hin und wieder
Für das Fachblatt der deutschen Seifensieder.)
Auch aus andern Ländern gab's viele Kollegen,
Sie Alle fuhren nach Schweden-Norwegen,

Sie Alle wurden begeistert empfangen.

Sehr angenchin ist uns die Zeit vergangen.

Ein treffliches, tüchtiges Volk find die Schweden.
Da gab es Bankette mit langen Reden,

Da hörte das Volkslied man fort und fort:
„Du alter, Du frischer, Du felsiger Nord" —

(UeäalctionssLbluss: 24. vsr. 1898)

Da gab cs vcrbrüd'rung mit Iubelgetön,

Und Alles war gratis, und Alles war schön.

Da gab's ein Toncert im Berzeliusgarten,

Da bliesen die Bläser, da sangen die Barden.

Ich saß bei Max Halbe, der war sehr verdrossen:

Ein Kellner hatt' ihm die Hose begossen,

Die neue Hose — verdammt, verdammt! —

Doch die klebrigen freuten sich insgesammt:

Der Schulze, der Löwy, der Müller, der Aoh»

Und der Meyer sammt Gattin, Tochter

und Sohn.

Aber das Schönste in dieser Zeit —

Denk' ich daran, wird das Herz mir weit —
war, als wirAlle saßen zu Gaste
In Drottningholm, im Königsxalaste.

Da gab es Schüsseln in großer Zahl,

Da faß der König im hohen Saal
Und winkte freundlich mit seinem Finger,

(Zu seiner Linken saß Wilhelm Singer.)

Und wie der König gewinkt, ward stumm
Das ganze geehrte Publikum,

Und König Dskar der Zweite von Schweden,
Hurrjeh, der versteht's, der Mann kann reden,

Er hielt einen Speech, den ich nie vergesse,

Zu unserem Ruhme, zum Ruhme der Presse,

Und der Schulze umarmte den Müller und Kohn -
Und der Löwy des Meyers Gattin und Sohn.

Und als wir Abends beim schwarzen Lass
vor dem Schlosse saßen, kam wieder — hurrjeh —

Der König Gskar der Zweite heraus.

Er wurde bejubelt mit Sturmgebraus.

Französisch, magyarisch und italien'sch
Riefen sie Alle. Deutsch rief kein Mensch.
Evviva! Eljen! Yive le roi!

Ich denk' mir: „Die Deutschen sind auch

noch da!"

Und brülle, bis niir der Hals anschwillt —

„Es lebe der König!" so ruf' ich wild,

Und wie ich so brüllte, dacht' ich im Stillen:
„Ich lass' mich als Deutscher nicht niederbrüllen!"
Da stand — den Lylinder tief im Genicke
Mit rosigem Antlitz und freundlichem Blicke -
Plötzlich der König vor mir und lachte,
weil er sich sehr wahrscheinlich dachte:
„Der Royalismus stieg diesein zu Kopf —
Besänftigen muß ich den armen Tropf!"
Und er nimmt meine Hand und schüttelt sic

warm,

Und später nimmt er den ganzen Arm,
Und zärtlich und innig plaudern nur Beide. —
Das sahen von Ferne mit stillem Neide
Der Löwy, der Müller, der Schulze, der Kohn
Und der Meyer sammt Gattin, Tochter

und Sohn.

Seit jenem schönen Longressc der Presse
Verfolg' ich immer mit regem Int'rcssc,
was der Draht berichtet vom Schwedenkönig.
Das ist nun leider zumeist sehr wenig,
Und ganz besonders der Flaggenstreit,

Mit dem man ihn ärgert, der thut mir leid —
D wär' doch verschont bald von diesen: Streite
Mein Freund, der König Gskar der Zweite!

loki

Ä

Unkollegial;

Dichter Wimmerl: Hast Du's gelesen: Lonrad Ferdinand
Meyer war Millionär.

Dichter Bimmerl: Ja.

Dichter Wimmerl: Ja, nun sage mir bloß: wozu brauchte
der Mann uns Konkurrenz zu machen?!

Aus Oesterreich

— Der Dbermeier-Nazi is a ganz a
wüster Kerl! Schimpfen thut er wia a
Rohrspatz und raufen is sein Haupt-
g'schäft! lvann er aucn anpackt, dem
bricht er glei d'Rippcn entzwei!

— Mit einem Wort: er beherrscht die
parlamentarischen Formen.

3)
Register
Monogrammist Eule: Unkollegial!
Loki: Der norwegische Flaggenstreit
[nicht signierter Beitrag]: Die Theaterrede des Wiener Bürgermeisters
[nicht signierter Beitrag]: Aus Österreich
Pips: Zu Delbrück's Disziplinierung
 
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