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1899

Er hat sein derz enthüllt

Die ..Abendpost" hast Du gelesen,
Beschämt stehst Du nun da —

Wie thöricht bist Du gewesen,

D Zrau Germania!

Begreif' es endlich und faß es:

Graf Thun, er ist Dir gut,

Lr birgt unter Worten des Hasses
Die zärtlichste Liebesglut.

Die Zunge nur scheint zu grollen,

Lein Herz ist treu, wie Gold,

Wohl schien er Dich fressen zu wollen,
Doch hat er's aus Liebe gewollt.

Proteus.

Worte der Weisheit

Aus den Rezepten eines berühmten Arztes
Serie II*)

. Man mutz einen Ort haben — wenn nicht
m der Gegenwart, so doch in der Zukunst —,
wo man überflüssige Gedanken von sich geben
kann. Das erleichtert!

M gibt auch noch andere Aerzte, als die
Chirurgen, andere Christen, als die General-
superintendenten, andere Muhammedaner, als die
Türken, andere Zupfträger, als die Chinesen,
andere Städtchen, die auch schöne Mädchen
haben n. s, tu. u. s. w. Es gibt überhaupt mehr

‘ " !r" -'.* -—re,.*,,, man cte-

haben u. f. tu. u.s. w. Es gibt überyau
Dinge zwischen Himmel und Erde, als man ge-
wöhnlich glaubt.

. JUGEND .

oftmals auch zu einem Ziel, aber nicht auf so
einfache Weise, nicht mit der frischen Leichtigkeit
und — sie sind nicht für Jeden begehbar.

Wie die Einbildung keine undurchdringliche
Wand gegen die Vertrocknung bildet, was so
viele trockene Schleicher beweisen, so hindert sie
auch nicht die Verwässerung.

Wie wenige Menschen vertragen es doch,
näher beschnuppert zu werden! Manchmal wäre
es besser, sie nur aus der Zeitungsperspektive
und im Abglanz eines großen Lichts zu kennen,
wo die trefflichen und die geringen Eigenschaften
versöhnlich ineinanderschwimmen, als so in näch-
ster Nähe, wo das eigene Licht, das sie leuchten
lassen, bedenklich qualmt und — sein Geruch

stört. .

Ja, überhaupt der Geruch! Darin bin ich
eigen! Mir ist jeder ländliche Misthausen mit
seinem angeborenen, urgesunden Naturgeruch
und seinem bescheidenen stillen Wirken lieber,
als alle die ausstudirten, anspruchsvollen Odeurs
und Parfüms, mit denen so viele „Gebildete"

— Weiblein, wie Männlein — ihrer eigentlichen
Natur Zwang anthun! Sollten sie Etwas zu

verdecken haben?

Deutschland braucht mehr Muskeln als Nerven,
mehr Arme und Beine, als komplizirte Hirn-
windungen, mehr ehrliche und gescheidte Knoten
und Hausknechte, als glatte, abgefeimte Zier-
bengel und Höflinge, mehr unbekümmerte und
ungeschminkte Naivetät, als gewundenes Sehran-
zenthum und schmeichelnde Speichelleckerei, mehr
gesunde Halbbildung und frische Trivialität, als
raffinirtes, von des Gedankens Blässe angekrän-
keltes Gelehrten- und Kiinstlerthum.

(Rsckalctionssclrluss: 2. Jan. 1899'

Raffael, Dante, Evviva, Gentilezza, Rossini,
rfaechino, Adagio, Maeearoni sind für die Ita-
liener ebenso charakteristisch, wie für die Deut-
schen : Nibelungen, Geheimräthe, Luther, Lu-
eanus, 5pochwohlgeboren, Frühschoppen, Eugen
Richter, Sauerkraut.

Der richtige Mensch mutz zur richtigen Zeit
zugleich ettvas von Mann und Weib, von Kind
und Greis, von Onkel und Tante in sich haben.

Zwei Seelen und ein Gedanke! — Ob auch
Schwiegersohn und Schwiegermutter in derselben
Menschenbrust vereint denkbar sind? Das ist
wir zu transeendent!

Napoleon, Nietzsche, Luecheni und Müller!
Rrelch' ungleiche Menschenleiber! In
oem ersten steckt ein Obermensch, im
zweiten ein llebermensch, im dritten
Untermensch und im vierten ein
witttelmensch. Die letztere Spezies ist
Re gangbarste. Auch ich - -

®ir ist die Liebe zur Wahrheit und Freiheit
"d zur eigenen Kraft und Weisheit, die ich
verstehe, wenn sie auch etwas in die Höhe ge-
utzelt ist, viel lieber, als eine weibliche verweich-
"chende Kunst, von der ich Nichts verstehe.

^. Bosheit, Berrath, Niedertracht, Eifersucht,
Spickaal, Gänseleberpasteten, Rieinusöl und
^lmersalz sind noch nie auf die Dauer gut be-
kommen! Man merkt die Absicht und man wird
verstimmt.

Zu allen Plätzen in der Welt sührt ein Weg,
uuch zu den Gemeinplätzen, — welche nicht immer
Re verstecktesten sind. Der nächste Weg ist stets
oer beste. Weitere Wege, welche nur ans Grund
einer umständlichen allseitigen Geistes- und
liietchmacksbildung zu finden sind, führen zwar

*) Serie I dieser bedeutsamen Geistesblitze hat der
oeMhniteGelehrtevr. Entfettinger nnlängsttneiner
ebenso berühmten Berliner Wochenschrift.veröffentlicht.

Die einseitige Herrschaft der sogenannten
wissenschaftlich Gebildeten ist eine unerträgliche
Tyrannei für den noch unverbildeten ahnungs-
losen Natur-, Krast- und Origiualmenschen.

Ob wir tiefsinnig oder trivial sind: die Sache
bleibt sich ganz gleich: aber im letzteren Falle
gewinnen wir den nicht zu unterschätzenden Vor-
theil, einer größeren Menge von Menschen ver-
ständlicher zu sein — auch uns selber! Und

das fördert!

Wie cheilt man
die Frauen in Preußen ein?

Nach dem „Deutschen Reichsanzeiger" wurde
die Erlaubnis; zum Tragen von Orden ertheilt:
der Gemahlin eines kaiserlichen Botschafters,
der Ehegattin eines Militärattaches, der
Ehefrau eines Zeitungsherausgebers.

wie sehr haben die Blätter Unrecht, sich über
diese Klassifizirung der Frauen nach dem Rang
ihrer Gatten zu entrüsten! Die Sache zeigt doch
im Gegentheil den feinsten Takt, und mit Auf-
wand von vielem Scharfsinn ist da eine Stufen-
leiter für die Titnlirung der Frauen von der
Ersme der Menschheit bis zu ihrer Hefe ge-
schaffen, deren Erfinder zum Mindesten den

k. pr. Kronenorden IV. Klasse verdiente.

Als höchste Bezeichnung gilt nach dieser uns
gütigst zur Verfügung gestellten „Rangliste"

l. „Das Ehegemahl", eine fff. Bezeichnung
für die Frauen sehr hoher Herrschaften vom
Ministerpräsidenten und Feldmarschall aufwärts.

II. sagt man „Die Gemahlin" eines Bot-
schafters, Ministers, kommandirenden Generals,
Hofmarschalls rc. III. Die „Ehegattin" eines
Generalmajors, Gesandtschaftsattachös, Aka-
demiedirektors, Geheimraths rc. re. IV. Die
„Ehefrau" eines Stabsoffiziers, Kammer-
junkers, Superintendenten, Tommerzienraths
u. s. f. V. Die „Gattin" eines Subaltern-
offiziers, Oberamtsrichters. VI. Die „Frau"
eines Hofbediensteten, Künstlers, Universitäts-
professors, Feldwebels re. VII. Die „Haus-
frau" eines Angehörigen der mittleren Steuer-
klassen ohne Titel. VIII. Das „Ehege-
s x o n s " eines Pastors. IX. Die „Ehe-
liebste" eines predigtamtseandidaten. X. Die
„Lebensgefährtin" eines Subalternbeamten,
Pferdebahnkutschers. XI. Das „Eheweib"
eines Journalisten an offiziösen Zeitungen,
Tentrumsabgeordneten rc. XII. Das „Weib"
eines liberalen Journalisten und Abgeordneten,
eines nichtanerkannten Dichters ohne hoftitel,
eines Handwerkers, Privatgelehrten u. f.. f.
XIII. Die „Alte" eines beliebigen Angehör-
igen der unteren Steuerklassen. XIV. Die „Ge-
nossin" eines notorischen Sozialdemokraten.
XV. Die „Ehehälfte". XVI. Die „bessere
Hälfte". XVII. Das „h aus kreuz". XVIII.

Der „h ausdrach e".

Es wäre absolut thöricht, in dieser Elassi-
fizirung irgend etwas besonders Unzeitgemäßes

zu erblicken in einem Lande, wo es noch hoch-,
Hochwohl-, Wohl-, einfach und gar nicht
geborene Menschen gibt, wo der höchststehende
Forscher, Künstler, Dichter und Denker, der nicht
zufällig von Adel ist, „geringer" betitelt wird,

als der jüngste Lieutenant.

Uebrigens wird die Sache demnächst die
Gerichte beschäftigen: in Dingsda ist das
Weib eines dramatischen Dichters,
das sich bei einem Steuerboten als
die „Gemahlin" ihres Mannes be-
zeichnete, wegen Anmaßung eines
falschen Titels verklagt worden.

Hi-Ki-Ki.

Noch ist China nicht verloren!

rsocu io» —

, mina Herold“ berichtet: „General
Der „tiorth von <jer Kaiserin-Wittwe i

Tung wurde «« Bei clieser Gelegenheit bat

Audienz empia £,.jss, seine tapferen Krieger s0"
er um die E> ‘ ,,'.\cniuanlisehaften der fremde
fort gegen <be ziidürfen. Zugleichkönpte

Gesandtschafte ; erklären. Er verpflichte

man Europa ( e pyenulen alle miteinander in

sich, die verhassten T

man
.sieb,

Mpp.r zu wer

Germania und der Rrämer

Der Krämer spricht:

Hat Dich der Machbar beschimpft?
Drück.' mir zu Liebe ein Aug' zu!

List eine Kundschaft von mir;

störe mir nicht den Profit!

st.-
Register
St.: Germania und der Krämer
[nicht signierter Beitrag]: Worte der Weisheit
Ki-Ki-Ki: Wie theilt man die Frauen in Preußen ein?
Monogrammist Eule: Noch ist China nicht verloren!
Proteus: Er hat sein Herz enthüllt
 
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