Nr. 23
JUGEND
1899
Der neue PlutarN
Dem Dichter Joseph Laufs las einer
seiner Freunde mehrere empfindliche 'Kri-
tiken seines neueste» Bühnenwcrkes, „Der
Eiscnzahn", vsr.
Der Dichter begleitete die Vorlesung
von Zeit zu Zeit mit energischem beifälligem
Ropfnickcn
Als der Freund hierüber seine Ver-
wunderung aussprach, sagte er:
„was wollen Siel Ich fühle mich
nicht getroffen!"
Aguinaldo fiel eines Tages ein Frag-
ment einer amerikanischen Zeitung in die
Hände. 2lls er einen flüchtigen Blük hinein-
warf, las er, daß die Amerikaner einen
Sieg nach dem andern erfochten.
»Ich habe doch gar nichts davon gehört,
daß die Yankees gegenwärtig auch noch wo
anders Rrieg führen!" sagte er verwundert.
Paul Krüger, der Präsident der süd-
afrikanischen Republik, stand von jeher de»
modernen Verkehrsmitteln ziemlich kühl
gegenüber.
Als ihm berichtet wurde, daß cJTcctl
Rhodcs in Berlin werthvolle Zugeständnisse
bezüglich einer Tclcgraphenlinic durch ganz
Afrika erhalten habe, sagte er achsclzuckend:
„wozu denn überhaupt die ganze
Tclcgraphicrerei!"
Maximilian Harden war eben wegen
Nlajestätsbclcidigung vcrurthcilt worden.
Da murmelte er vor sich hin:
„In der Zukunft wcrd' ichs bleiben
lassen!"
Mac Kinlex wurde Bericht darüber
erstarret, daß die Soldaten sich über den
ekelerregenden Zustand der Flcischkonscrvcn
beschwert hätte».
„Da ist jedenfalls nur ein Versehen bei
der Verfrachtung schuld daran!" sagte er.
„Die Sendungen werden wohl für Deutsch-
land bestimmt gewesen sein!"
(Zeichnungen v. A. Schmidhammet)
Kaiser von China — ein Christ
Nach den von den „Tinies" gebrachten
Mittheilungen eines Missionärs der Lon-
doner „Religious Tract Society“ ist der
Raiser von China heimlich ein Theist. —
wir können ergänzend noch berichten: Er
ist bereits getauft auf den Namen: Sim-
pl izius Damianus. tim die pathcn-
schaft stritten sich Zar Nikolaus und Löni-
gin Viktoria. Als Firmungsspruch wählte
er Psalm lS,2Z: „Sie theilen unter sich."
Zwischen den verschiedenen Geschlechtern
der Vanderbilts ist ein heftiger Rangstreit ans-
gebrochen. Die Cornelius-Sippe rechtet mit
der William-Sippe daruni, wer die vornehmere
sei. Keiner weiß es.
Die eine Sippe wirft der andern vor, ihr
Ahnherr sei ein einfacher Taglöhner ge-
wesen. Der Ahn der andern wird halt fotiv
plizirter Tagdieb gewesen sein.
Ein adliger „Fuchs" in Berlin, um dessen
Mitgliedschaft sich viele Korporationen bewar-
ben und der den Kommilitonen durch schneidige
Eleganz imponirte, wurde als Kellner und Lang-
finger entlarvt. Er wird eine längere Freiheits-
strafe verbüßen und dann in den „Club der
Harmlosen" eintreten, vorausgesetzt, daß er
nicht als zu harmlos befunden wird.
Zola als Reformator
Lmil Zota's neuer Soman „F£condit£“,
den er in der „Verbannung" geschrieben, hat ;um
Mittelpunkt der Handlung einen Mufterfarnitien-
vater, wie er jenseits der Vogesen seiten zu finden
sein dürfte. Er ist eifriger Gegner des Maithustanis-
mus, der feiner Ueberzeugung nach Frankreich ver-
heert. In der Wiederherstellung des den Iranzofen
abhanden gekommenen Familiensinnes sieht er die
einzige Möglichkeit, dem geliebten vaterlande wieder
auf die Beine zu helfen....
vernehmt was 3ola-3arathustra predigt:
Der Malthus — sagt er — ist es, der uns schädigt,
weil er uns warnt, uns reichlich fortzupflanzcn,
Gleich den Kaninchen oder gleich den Wanzen,
pflanzt euch nicht fort! mahnt er. Ach aber meine:
Die Fruchtbarkeit, ste Hilst uns aus die Beine,
Und zum Beweis, daß dies kein leerer Wahn,
Schrieb im Exil ich solgenden Roman:
„Es war einmal ein Mustermensch und Gatte,
Der viele (legitime!) Linder hatte,
Die seine Gattin alle selber nährte,
weil dies allein er als correct erklärte.
Stets blieb sein Lebenswandel ein solider,
Und auch die Linder waren stramm und bieder,
Der Friedenseugcl schwebte mit der Lilie
Den ganzen Tag herum um die Familie,
Und Abends saß man bei der großen Lampe
Und las vergnügt den Robinson von Lampe.
Der Vater rauchte, und die Mutter strickte,
Dann ging's zu Bett, wo sie der Schlaf erquickte.
Am nächsten Tag begann dies Spiel auf's Neue —
Lurzum man übte Redlichkeit und Treue,
wich keinen Finger breit vom rechten Pfad.
Sonnabends gab es stets ein warmes Bad.
Einst aber traf der Mustermensch — ich glaube:
Es war Früh Morgens in der Gartenlaube —
Sein sechzehnjährig' Töchterlein, die Lola,
Als diese las das Buch - „Nana" von 3ola.
Der Mustermensch nahm Lola rasch beim Gehrchen
Und schlug ge so mit einem spanischen Röhrchen,
Daß ihr gar sehr das arme Berzchen pochte,
Und ste sehr lang — zu sitzen nicht vermochte.
,G'schieht's noch einmal, zerbrech ich Dir
die Gliederl'
So rief er. Aber Lola that's nicht wieder.
Und glücklich blieben diese braven Leute.
Sind ste nicht todt, so leben ste noch heute."
„Beil Dir, o Tugend, sei gegrüßt, gesegnet,
Damit's in Frankreich kleine Linder regnet!
Fluch dir, du freches, unfruchtbares Laster!"
Schließt 3ola-3arathu st ra-5oroa ste r.
Josefus
oavD
Auf dem Flur des Iustizpalastes
— „Messen sind Sie denn angeklagt?"
— „Der Aufreizung zu tu Mord und zur Plünderung."
— „Hä, Sie können wohl lachen! Ich bin wegen
groben Unfugs angeklagt."
— „Armer Deubel!"
Das Programm der Deutschen in Oesterreich
Michel: „Jetzt hätt'n wir ste ja glücklich beinander, — wenn nur der Hut was taugt!"
JUGEND
1899
Der neue PlutarN
Dem Dichter Joseph Laufs las einer
seiner Freunde mehrere empfindliche 'Kri-
tiken seines neueste» Bühnenwcrkes, „Der
Eiscnzahn", vsr.
Der Dichter begleitete die Vorlesung
von Zeit zu Zeit mit energischem beifälligem
Ropfnickcn
Als der Freund hierüber seine Ver-
wunderung aussprach, sagte er:
„was wollen Siel Ich fühle mich
nicht getroffen!"
Aguinaldo fiel eines Tages ein Frag-
ment einer amerikanischen Zeitung in die
Hände. 2lls er einen flüchtigen Blük hinein-
warf, las er, daß die Amerikaner einen
Sieg nach dem andern erfochten.
»Ich habe doch gar nichts davon gehört,
daß die Yankees gegenwärtig auch noch wo
anders Rrieg führen!" sagte er verwundert.
Paul Krüger, der Präsident der süd-
afrikanischen Republik, stand von jeher de»
modernen Verkehrsmitteln ziemlich kühl
gegenüber.
Als ihm berichtet wurde, daß cJTcctl
Rhodcs in Berlin werthvolle Zugeständnisse
bezüglich einer Tclcgraphenlinic durch ganz
Afrika erhalten habe, sagte er achsclzuckend:
„wozu denn überhaupt die ganze
Tclcgraphicrerei!"
Maximilian Harden war eben wegen
Nlajestätsbclcidigung vcrurthcilt worden.
Da murmelte er vor sich hin:
„In der Zukunft wcrd' ichs bleiben
lassen!"
Mac Kinlex wurde Bericht darüber
erstarret, daß die Soldaten sich über den
ekelerregenden Zustand der Flcischkonscrvcn
beschwert hätte».
„Da ist jedenfalls nur ein Versehen bei
der Verfrachtung schuld daran!" sagte er.
„Die Sendungen werden wohl für Deutsch-
land bestimmt gewesen sein!"
(Zeichnungen v. A. Schmidhammet)
Kaiser von China — ein Christ
Nach den von den „Tinies" gebrachten
Mittheilungen eines Missionärs der Lon-
doner „Religious Tract Society“ ist der
Raiser von China heimlich ein Theist. —
wir können ergänzend noch berichten: Er
ist bereits getauft auf den Namen: Sim-
pl izius Damianus. tim die pathcn-
schaft stritten sich Zar Nikolaus und Löni-
gin Viktoria. Als Firmungsspruch wählte
er Psalm lS,2Z: „Sie theilen unter sich."
Zwischen den verschiedenen Geschlechtern
der Vanderbilts ist ein heftiger Rangstreit ans-
gebrochen. Die Cornelius-Sippe rechtet mit
der William-Sippe daruni, wer die vornehmere
sei. Keiner weiß es.
Die eine Sippe wirft der andern vor, ihr
Ahnherr sei ein einfacher Taglöhner ge-
wesen. Der Ahn der andern wird halt fotiv
plizirter Tagdieb gewesen sein.
Ein adliger „Fuchs" in Berlin, um dessen
Mitgliedschaft sich viele Korporationen bewar-
ben und der den Kommilitonen durch schneidige
Eleganz imponirte, wurde als Kellner und Lang-
finger entlarvt. Er wird eine längere Freiheits-
strafe verbüßen und dann in den „Club der
Harmlosen" eintreten, vorausgesetzt, daß er
nicht als zu harmlos befunden wird.
Zola als Reformator
Lmil Zota's neuer Soman „F£condit£“,
den er in der „Verbannung" geschrieben, hat ;um
Mittelpunkt der Handlung einen Mufterfarnitien-
vater, wie er jenseits der Vogesen seiten zu finden
sein dürfte. Er ist eifriger Gegner des Maithustanis-
mus, der feiner Ueberzeugung nach Frankreich ver-
heert. In der Wiederherstellung des den Iranzofen
abhanden gekommenen Familiensinnes sieht er die
einzige Möglichkeit, dem geliebten vaterlande wieder
auf die Beine zu helfen....
vernehmt was 3ola-3arathustra predigt:
Der Malthus — sagt er — ist es, der uns schädigt,
weil er uns warnt, uns reichlich fortzupflanzcn,
Gleich den Kaninchen oder gleich den Wanzen,
pflanzt euch nicht fort! mahnt er. Ach aber meine:
Die Fruchtbarkeit, ste Hilst uns aus die Beine,
Und zum Beweis, daß dies kein leerer Wahn,
Schrieb im Exil ich solgenden Roman:
„Es war einmal ein Mustermensch und Gatte,
Der viele (legitime!) Linder hatte,
Die seine Gattin alle selber nährte,
weil dies allein er als correct erklärte.
Stets blieb sein Lebenswandel ein solider,
Und auch die Linder waren stramm und bieder,
Der Friedenseugcl schwebte mit der Lilie
Den ganzen Tag herum um die Familie,
Und Abends saß man bei der großen Lampe
Und las vergnügt den Robinson von Lampe.
Der Vater rauchte, und die Mutter strickte,
Dann ging's zu Bett, wo sie der Schlaf erquickte.
Am nächsten Tag begann dies Spiel auf's Neue —
Lurzum man übte Redlichkeit und Treue,
wich keinen Finger breit vom rechten Pfad.
Sonnabends gab es stets ein warmes Bad.
Einst aber traf der Mustermensch — ich glaube:
Es war Früh Morgens in der Gartenlaube —
Sein sechzehnjährig' Töchterlein, die Lola,
Als diese las das Buch - „Nana" von 3ola.
Der Mustermensch nahm Lola rasch beim Gehrchen
Und schlug ge so mit einem spanischen Röhrchen,
Daß ihr gar sehr das arme Berzchen pochte,
Und ste sehr lang — zu sitzen nicht vermochte.
,G'schieht's noch einmal, zerbrech ich Dir
die Gliederl'
So rief er. Aber Lola that's nicht wieder.
Und glücklich blieben diese braven Leute.
Sind ste nicht todt, so leben ste noch heute."
„Beil Dir, o Tugend, sei gegrüßt, gesegnet,
Damit's in Frankreich kleine Linder regnet!
Fluch dir, du freches, unfruchtbares Laster!"
Schließt 3ola-3arathu st ra-5oroa ste r.
Josefus
oavD
Auf dem Flur des Iustizpalastes
— „Messen sind Sie denn angeklagt?"
— „Der Aufreizung zu tu Mord und zur Plünderung."
— „Hä, Sie können wohl lachen! Ich bin wegen
groben Unfugs angeklagt."
— „Armer Deubel!"
Das Programm der Deutschen in Oesterreich
Michel: „Jetzt hätt'n wir ste ja glücklich beinander, — wenn nur der Hut was taugt!"
[nicht signierter Beitrag]: Zwischen den verschiedenen Geschlechtern...
[nicht signierter Beitrag]: Ein adliger "Fuchs"...
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
[nicht signierter Beitrag]: Kaiser von China - ein Christ
Josefus: Zola als Reformator
Arpad Schmidhammer: Kleine Zeichnungen zum Text "Der neue Plutarch"
Monogrammist Frosch: Programm der Deutschen in Österreich
[nicht signierter Beitrag]: Ein adliger "Fuchs"...
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
[nicht signierter Beitrag]: Kaiser von China - ein Christ
Josefus: Zola als Reformator
Arpad Schmidhammer: Kleine Zeichnungen zum Text "Der neue Plutarch"
Monogrammist Frosch: Programm der Deutschen in Österreich