Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 26 (RedaktionsySfrluss 14. Juni 1899)

JUGEND

1899

Qucsnay de Beaurepaire

will, wenn das Urtheil des Kriegsgerichts
zu Neunes auf Freisprechung lautet, in
furchtbarster Aufregung folgende Rede
halten:

Franzosen I Die Unschuld siegt I Das
Verbrechen unterliegt I Franzosen! Die
Schurken der Gerechtigkeit triuiuvhiren!
Tic Helden der Niedertracht liegen im
Staub! Franzosen l Ihr weint! Wir
weinen! Ich weine! Der Lowe weint I
Der Hund bellt I Die Hunde bellen!
Franzosen! Wir leben in Frankreich!
Frankreich will nicht sterben! Ich auch
nicht! Wir alle nicht! Wir wollen lebenI
Die Offiziere wollen leben! Es lebe die
Armeei Die Armee hat noch Soldaten!
Der Soldat hat ein Gewehr! Die Sol-
daten haben Gewehre! Die Soldaten
werden schießen I Ich werde lügen! Du
wirst betrügen I Er wird falschen I Wir
werden verleumden I Ihr werdet schwin-
deln! Sie werden unterschlagen! 'Rieder
mit den Inden! Rieder mit der Ver-
nunft! Es lebe der Irrsinn! Frankreich
ist der Irrsinn! Ich bin der Irrsinn!
Ich bin Frankreich I Franzosen! Haltet
mich, das; ich nicht platze! Wenn ich
platze, geht Frankreich zu Grundel Es
stirbt I Es würde sterben! Sterben
würde es!

An dem Geruch!

£

Dom klassischen Boden

Als ein Schulinspcktor im Großher-
zogthum Weimar dieser Tage eine Schule
zum Zwecke der Inspektion betrat, bot
sich ihnr ein entsetzlicher Anblick dar.
Sr fand sämmtliche Lehrer der Schule
erhängt vor und sah den Oberlehrer
damit beschäftigt, den Kindern die Leichen
als Anschanungsobjckte vorzuführen.
Die Schreckensthat fand bald ihre Er-
klärung. vom großherzoglichen Bezirks-
direktor war nämlich den Schulen fol-
gendes Schreiben zugegangcn:

„Sie erhalten hierbei zo Stück
von; Deutschen Kriegs- und Militär-
Abreißkalender zur gefl. vertheilnng
an die Mitglieder Ihrer Konferenz,
welche nach dem Willen des Gebers
anfgehängt und gelegentlich, an, besten
wochenweise, den Kindern erklärt
werden sollen."

Der Oberlehrer erhielt wegen seines
Gehorsams eine Belobigung.

Zeit gewonnen alles gewonnen

Gefängnißwärter: Welches ist
Ihr Lieblingsgericht?

p ct t v d» El a m: lvenn'sschon sein
muß: das jüngste!

Dom Exerzierplatz

Unteroffizier: „Musketier Meyer,
weshalb mußten gerade Sie vor der
Abrüstung zwanzig Jahre alt werden?"

Dir Lichrn ftth'n in hrilrin iBriin,
flnfro nicht der Mold in Mkilmrn,
Dorbri örs Mintrrs üiift'rr Hrit
Doll örijrrrlmi und Lrrmglmrn!

Mir honten auf im Sonnenfchrin
Isiach horten lkanipfes Müiirn
Dali Jouchzrn uns rin goid'nro Leit,
Drin nrnrs Glück will dlührn.

Drr grohr Weihetog ilt da,
üjcrbri Du Dalir in lEljrrn!

Stimm an Drin hrliltro Sirgrslied,
kein Frrmdiing kann'» wehr mrlirrn!

Lin drrikach vjeii drin Datrrland
Lis in dir frrnftrn Marken!

Lin donnrrnd viril drr Linigkrit,
Drr lvundrrmächtig ltarkrn!

Gen Walhall kraul' drr hudrlrnf:
Lrrndrutlchrn Gruh drn jflhnen!
Jin virrzrn tirf drn altrn Schwur —
ölnd hoch die altrn 1/ahnen!

Dir Lohr itrigt, dir J/ntlirl flammt,
Dir Frurrrädrr rollen:

Linlt lrhrn wir dir Wrlt in Lrand,
Lu frirrn drn Sieg, drn vollrn!

Michael Georg Lonrad

Danilos Brautfahrt

Der schöne Erbprinz Danilo
lvär', einfach als Partie genommen,
Als Bräutigam wohl nur „so so"

Und mancher Jungfrau unwillkommen.

Denn meistens kommt auf seinen Tisch
Nur sehr bescheidner Hammelbraten -
(Und der ist auch nicht inmter frisch
Bei jenen tapfer» Halbasiaten.)

Doch, daß der schwarzen Berge Sohn
Im Lhstand was zu beißen habe,
Schickt eine blanke Million
Zar Nikolaus als milde Gabe.

Jetzt sieht die Sache anders aus;

Fürst Nicola ruft freudig: „Reite
Mit einem dicken Blumenstrauß
Und frischem Weißzeug auf die Freite!

Ein schmuckes Bräutcheu weiß ich schon
In Dingsda, dort im Deutschen Reiche^
Zwar hapert's mit der Religion,

Denn leider habt Ihr nicht die gleiche.

Sorg', daß sic schleunigst convertirt,

Der Herr Papa wird's schon erlauben,
Sag' nur, der Zar hätt's ordinirt -
Und wer bezahlt, dem muß man glauben!"

So sprach der alte Nicola
von Montenegro zu dem Sohne
Doch was dann weiter drauf geschah,
Deß bin ich leider Nachrichtsohne.

Herr Danilo, so denk' ich fast,

Hat einen schönen Korb bekommen
Und seinen Weg ans dem Palast
In Dingsda sehr prcssirt genomuien.

Ich denk', ein deutscher Fürst hat nie
Die so gcbot'ne Hand ergriffen
Und (noch dazu um d i e Partie!)
Getanzt, so wie der Zar gepfiffen.

Zwar hat ein Mann mit viel verstand
Mir einst gesagt: „Mein Freund, es

wohne»

Die Deutschesten im Deutschen Land
Nicht immer nah' an deutschen Thronen."

„Mag sein," so rief ich, tief ergrimmt,
„Doch Eines weiß ich Dir zu künden:
Auf deutschen Thronen ist bestimmt
Die größte Gottesfurcht zu finden,

Und wer von Gottes Gnaden ist
Gibt nie den Glauben preis dem
Zaren!"

Da ist denn jener Pessimist
Beschämt, erröthend abgefahren!

[Sn l>

SL>

.H.-Scbrnid hammev

In Algier warf ein Soldat, wäh-
rend er vor dem Kriegsgericht stand,
dem präsidierenden Oberst einen Uniform
knöpf an den Kopf. Map Negis, Roctze
fort, Drumont, Däronlede und A;vci)
eiltet beglückwünschten ihn zu dieser
spontanen Kundgebung.

In einem Orte Schlesiens wurden
ans einem Aushängekasten zwei Ehe
ansgeb ote gestohlen, so daß die de
treffenden Paare einstweilen nicht bei-
rathen konnten. Der Menschenfreund
liche Wohllhäter will nicht genannt sein.

Herausgeber: Dr. GEORG tilK'l H; verantwortlicher Redakteur: J1. von OS TI NI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Jnseratentheil: G. Kl CHMANN, saiuinthch in Mduchea

Druck von KNORR &. H1RTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
Register
[nicht signierter Beitrag]: In einem Orte Schlesiens
[nicht signierter Beitrag]: In Algier warf ein Soldat...
[nicht signierter Beitrag]: Vom Exerzierplatz
[nicht signierter Beitrag]: Vom klassischen Boden
[nicht signierter Beitrag]: Quesnay de Beaurepaire
Arpad Schmidhammer: Johannistag
Bob: Danilos Brautfahrt
Michael Georg Conrad: Siegeslied
[nicht signierter Beitrag]: Zeit gewonnen - alles gewonnen
 
Annotationen