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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 4.1899, Band 2 (Nr. 27-52)

DOI issue:
Nr. 30 (22. Juli 1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3779#0066
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1899

Josef Hauff und die Kritik

Anr Journalisten-- und Schriftstellertag in
Zürich hat auch Josef Laufs, der Lisenzahn-
künstler, theilgenommen. Er hat sogar in ein
Autogrammenalbum folgende Verse seinen
„Kritikern in's Stammbuch" geschrieben:

„Sie haben gewaltig die Schnäbel geschliffen,
Als Spatzen mich dann angepfiffen,

Denn wäre Kraft nach Schreien zu messen,
Ich wäre längst schon aufgefressen."

Diese Verse sind in jeder Beziehung muthig.
Und in der That hat der geschätzte Kammer-
dichter nichts zu fürchten:

So recht, mein Lauff! Und schlingt Dich auch
Kritik in ihren Walfischbauch,

So werde dennoch Dir nicht graulich:

Du kommst zurück als unverdaulich!

I ix

Der rauchbraune Rigo

ptad; einer Zeitungswerbung aus Kairo)

Durch die Straßen Kairos lärmt
Rigo, während abgehärmt
Die Prinzessin seufzt im Bett.

Rigo, nein, das ist nicht nett!

Mitternacht ist schon vorbei,

's ist sogar dreiviertel Zwei!

D'rauf besucht ein Herr aus Pest,

Sie und spricht: „welch' trautes Nestl

Durchlaucht leben zweifellos

Mit Herrn Rigo ganz famos?" —

Sie entgegnet: „Leider, nein,

's könnt bedeutend besser sein!

Denn er ist — ganz schlicht und plump
Ausgedrückt: — ein großer Lump.

Er verscherzt bei Spiel und wein
Sich das Glück, mein Mann zu feilt*
Rlgo weiß nicht, was sich ziem',

Sagen Sie's magyarisch ihm!"

Ihrem Wunsch gehorcht der Gast.

Dem Zigeuner spricht er fast
Eine Stunde in's Gentüth,

Bis das Auge Rigos sprüht.

„Freund," spricht Rigo, „red' mir doch
Gütigst in den Bauch kein Loch!"

Rigo greift zur Geige dann,

Spielt so, wie's kein Zweiter kann,
Anfangs zart, doch später toll,
herzzerreißend wonnevoll,
himmlisch, göttlich, ganz und gar
Unbeschreiblich wunderbar.

Die Prinzessin sank voll Lust
Dem Zigeuner an die Brust,

„(D, Du Süßer!" rief sie laut,

„Braun wie Rauch ist Deine haut,

Dir gehört vom Kopf zur Zeh'

Die Prinzessin von Ehimay!"

„Siehst Du," sprach der braune Mann
Zu dem Herrn aus Ungarn dann,

„wie man Weiber unterkriegt!

Und wenn Geigen nicht genügt,
hau' ich sie, kalt, wie ein Lurch,

Mit dem Fiedelbogen durch!"

Die Prinzessin lachte hold,

Gab ihm hundert Francs in Gold,

Einen vorwurfsvollen Klaps,

Einen Kuß und einen Schnaps.

Und der braune Rigo blieb
heut' zu Haus und war recht lieb!

Bohemund

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Gegenbesuch auf der „hohen;o!lern"

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Nr. 30

Die Linnenpetition

was bittet ihr um Gnade für die Linnen r
Ihr wißt, wir schwärmen für die Menschlichkeit
Jenseits der Grenzen, aber niemals innen,
wir waren immer hilfsbereit.

Mit Schutz die Unterdrückten zu beglücken,

Die wir nicht eben selbst bedrücken.

Proteus

Eine Enerevue

In der „Zukunft", in der er machen kann,
was er will, erzählt Maximilian Harden,
daß Bismarck die vom Kaiser geschenkte Flasche
„Steinberger Cabinet" mit ihm zusammen ge-
trunken und ihn dazu eingeladen habe mit den
Worten: „Weil Sie es ebenso gut wie ich mit
dem Kaiser meinen."

Wir sind in der angenehmen Lage, den
weiteren Verlauf dieser Entrevue darzustellen:
Nachdem die beiden Staatsmänner getrunken
hatten, legte der Altreichskanzler dem Kanzler
der Zukunft ein Stück Schinken vor mit den
Worten: „Weil Sie auch ein Apostel des Frei-
handels sind."

Als danach Champagner servirt wurde,
nahm der Fürst eine Flasche, zeigte lächelnd
auf die Etikette und sprach:

„Heidsieck Menubbel! Weil Sie es sind!"

Zum Kaffee ließ der Fürst Wutki kommen.
„Weil wir Beiden das gute Verhältniß zu Ruß-
land zu Stande gebracht haben!" sprach der
Alte mit einer Verbeugung. Gleich darauf
überreichte der Altreichskanzler seinem großen
Mitarbeiter eine halbaufgerauchte Zigarre, da-
mit er sie weiterrauche. „Weil Sie berufen
sind, mein Werk fortzusetzen," sagte er.

Endlich erhob sich Herr Harden.

„So eilig?" rief Bismarck bestürzt.

„Das Wohl des Staates," bemerkte Herr-
Harden mit feinem Lächeln, Sie verstehen!"

Aber der Fürst legte ihm die Hand auf die
Schulter und sprach:

Max bleibe bei mir. — Geh nicht von

mir, Max!

Es kann nicht sein, ich mag's und willls

nicht glauben.

Daß mich der Max verlassen kann.

Worauf Max Pinkolomini:

Ich muß!

Ich kann nicht anders! Einer von uns beiden

Muß in Berlin doch sein, um nach dem Rechten

Zu seh'n.

Bismarck: Ich seh'es ein. So lebt denn wohl!

Man war bis zur Thür gelangt. „Bitte
nach Ihnen," sprach der Fürst mit bescheidenem
Crröthen, „Sie sind die stärkste Persönlichkeit."

Maximilian lächelte huldvoll und schritt
voran.

„Ja," sprach Bismarck gedankenvoll, „wenn
Sie, der Dr. Franz Mehring und ich so die
deutsche Politik machen thäten, das könnte was
werden!"

„In trinitate robur!“ sprach Herr Harden
bedeutungsvoll und bestieg den Salonwagen.

Top

CVCßvD

Ein Tiroler „Dichter" hat in einem Schmäh-
gedicht auf Adolf Pichler die schöne Wend-
ung gebraucht: „wäre Pichler's Haupt nicht
weiß, so müßte jeder Schuh Tirols vor Zorn
auf seinen Rücken steigen." Der wackere alte
Herr mag sich beim Lesen dieser Lümmelei ge-
dacht haben, daß ihm diese Sorte Tiroler ohne-
dies den Buckel hinaufsteigen kann.

4«7
Index
Bohemund: Der rauchbraune Rigo
Fix: Josef Lauff und die Kritik
Top: Eine Entrevue
Proteus: Die Finnenpetition
Monogrammist Frosch: Gegenbesuch auf der Hohenzollern
 
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