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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 4.1899, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 33 (12. August 1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3779#0101
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1899

- JUGEND •

Nr. 33

Ausdruck aufrichtete, daun huschte sie, die Hände
vor'm Mund, mit einem unbändigen Kichern in
das Zimmer zurück .. .

Der gelbe Herr hatte das Zimmer und das Kabi-
nett gemiethet; aus den ersten Blick, wie Mama
Monikachen sehr erfreut mitgetheilt hatte.

Natürlich hatte Monikachen nichts eiliger ge-
habt, als eines vormittags, sobald nur irgend an-
zunehmen, daß er sich häuslich eingerichtet, mit
dem Staubwedel hinüberzuschlüpfen.

Da war ein großes Bücherregal, auf dem eine
Menge prächtiger Bände standen mit vergoldeten
Lederrücken, die alle sehr gelehrte (Intel hatten. Das
war nun ziemlich langweilig. — Aber das feine
Cigarettenparfüm, das das Zimmer durchwehte,
intereffirte sie. Und dann fanden sich da auf dein
Spiegelconsol und auf dem Schreibtisch-Aufsatz eine
ganze Gallerie von Photographien sehr interessanter
junger Damen. Auf dem Sophatisch lag eine An-
zahl Bücher in gelber Broschirung durcheinander.

Monikachen machte sich daran, die Titel zu lesen.

Französisch!...

Da waren Gedichte. Paul Verlaine, las sie.
„Chansons pour Elle,“ „Fetes galantes,“ „Dans
les limbes.“ Und hier Romane! — Camille Le-
monnier: „Adam et Eve“ und „L’homme en
Amour.“ — L’homme en Amour! Sie hielt die
Hand vor den Mund und räusperte sich bedeutsam.
Und dann schlug sie, den Staubwedel unter den
Arm geklemmt, das Gesicht auf den Arm gestützt,
auf und las. „Ainsi tout ä coup je me sentis
malade de son corps. „Demeure un instant
derriere cette arbre,“ me dit-elle £trangement.
Et eile avait disparu; je n’entendis plus que le
bruissement de sa robe dans les mousses. Puis
eile revint vers moi et eile 6tait nue avec l’orguei'
de sa beaut£ sous les £toiles, comme une fille
des ages de la terre, comme une nap£e pr£s des
eaux fabuleuses.“

Pöh! — Monikachen schlug das Buch zu und
begann eifrig zu stäuben. Als sie aber wieder drü-
ben im Wohnzimmer bei Mama war, da sagte sie
nur: „Na aber, Mama! So'n Fatzke!"

Mama lachte und drohte ihr mit dem Finger.

Aber Monikachen setzte sich an ihr Tischchen
zu der Thonvase und den Farben und fing an,
den Dessauer.Marsch zu pfeifen...

-r- sj: *

Es war Abend. Der „Fatzke," der im rechten
Fuß mal wieder seinen ersten Anflug von Zipperlein
spürte, lag in einem chiken Schlafrock auf der
Chaiselongue und blätterte im rothen Schein der
Arbeitslampe mit schmerzverzogenem Gesicht um-
schichtig in Karl Kiesewetters „Geschichte des Occul-
tismus," in dem „Kamasutram des vatsyayana,"
der indischen ars amatoria, und in einer Fülle von
Liebesbriefen, die in allen Farben des Regenbogens
die Platte des Bauerntischchens bedeckten und ein
imdefinirbares Gemisch von Parfüms aushauchten.

Mit seinem bräunlich blassen Gesicht, mit seinen
großen dunklen Augen und seinem kräftigen Schnurr-
bart war er eigentlich eine Schönheit Nur der
etwas müde und spöttisch-desillusionirte Zug um
die Mundwinkel müßte nickst gewesen sein. Aber
das leis melancholische Faltenspiel seiner Stirne
konnte geradezu verführerisch und bestrickend wirken;
um nichts weniger, weil es ihm zuweilen direkt
einen Anflug von leidender Schüchternheit gab, die
den Weibern ein unwillkürliches Gefühl der Teil-
nahme und eine Art oft mütterlicher Ueberlegen-
heit mittheilt. Und wenn sie nur irgendwelche
mütterlichen Instinkte bethätigen können!... Dazu
offenbarte sich in der Bildung seines Gesichtes bei
aller entwickelten Männlichkeit, wenn man ihn näher
kennen lernte, der Ausdruck einer gewissen sensiblen
Knabenhaftigkeit, der direkt liebenswürdig wirkte
und unwillkürlich heiter und zutraulich stimmte. Tr
stand in einem so pikanten Gegensatz zu seinem Alter;
denn er war bereits in der Mitte der Dreißiger.

Einer der Briefe erinnerte ihn an eine heillose
Scandalgeschickste. Das war diese gute, so tempera-
mentvolle Jenny gewesen, die seinetwegen eine
Flasche Morphium ausgetrunken hatte.

poetisch A. Otrey (München)

— Ist es nicht schrecklich, wie dieser Baron Plattwitz gewirthschaftet hat? In wenigen
Jahren hat er das Familiengut so heruntergebracht, daß es unter Sequester kam, und nun hat
er sich an eine alte garstige Cousine verkauft, um mit ihrem Gelde das Gut im Termin an sich
bringen zu können.

— Ja, ja, an dem bewahrheitet sich wieder mal ein Dichterwort.

— Und welches?

— Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, ltnf es zu besitzen.
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Alexander Otrey: Poetisch
 
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