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Nr. 47

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Mein Schatz, die kleine Manrel-
näherin, hat mir den Laufpaß ge-
geben, just an dem Tag, an dem
ich ihr das peinliche Geständniß
hätte machen müssen, daß ich
brodlos bin. So kommt doch im-
mer 2llles auf dieser Welt zu sei-
ner rechten Zeit!

Hurrah! Gestern hat mich der
dicke Meier zum Essen eingeladen
und heute habe ich eine Indi-
gestion, wie sie ein Geheimrath
nicht schöner haben kann! Es ist
meine erste!

Ich Glücklicher! Ich habe wie-
der eine Stelle! Und ich muß schon
um fünfe aufstchcn und komme
hinaus Ln die frische Morgenluft.
Mir gerade recht! Diel Schlafen
macht dumm!

Früher bekam ich um eine Mark
mehr im Monat und diese habe
ich denn auch meist nach und nach
in Bier angelegt. Jetzt bin ich
doch diese häßliche Gewohnheit
losgeworden!

Ulan fangt an, sich für mich
zu intcrefsircn. wenigstens hat
mich heute eine medizinische Au-
torität in der Rlinik untersucht
und mir das Kompliment gemacht,
cs sei ein sehr interessanter Fall!

Ich werde wahrscheinlich in der
„Aerztlichen Wochenschrift" be-
handelt werden und zwar von
Professor Beinschneider selbst.
Und wenn sich der dicke Meier
auf den lvopf stellte, über ihn
schreibt der gelehrte Herr keine
Zeile!

Nun liege ich im Rrankenhausc.
Man pumpt mir täglich den Ma-
gen aus. „Das ist wohl auch das
erste Mal, daß man Sie an-
pumpt!" sagte der lustige Assi-
stenzarzt.

„Non bene stat cum eo!" sagte
heute der eine Doktor zum An-
dern; er wußte nicht, daß ich ihn
verstehe, wie habe ich im Stillen
gelacht über sein schlechtes La-
tein! — Uebrigens kommt wahr-
scheinlich mein Magen in Spiritus
und in die anatomischcSammlung.

Bis zum Frühjahr dürfte cs
dauern, meinen sie. In Gottes
Namen! Mir hat immer noch
jede Veränderung Spaß gemacht,
wenn es so auf den ersten Mai
einträfe! Dann wird nämlich der
neue Friedhof eröffnet und ich
käme auf diese weise gerade zur
Premiere recht!

Jetzt habe ich doch einmal in
meinem Leben Champagner ge-
trunken — und es war sogar
französischer, sagte die barm-
herzige Schw.


Der Wittwer

Jn andrer Leute Garten steht
Manch buntbewegtes Blumenbeet,
Darüber Falter schwanken.

Ich Hab' in meinem Wittwerstand
Nur eine schmale Fensterwand;

Da ruht in grünen Ranken,

Dem milden Süden zugekchrt,

Daß sie kein Regen mir veriehrt,

Und Frosthauch ste verschone
Die freundliche Melone.

wenn sich die Morgensonne dreht
Und warm im Hellen Mittag steht,

Ist unsre gute Stunde.

Dann lach' ich hin, dann glänzt ste her,
Grad' so, als ob's die Scl'ge war'

In ihrer schönsten Runde.

Sogar mein brauner Türkenkops
Lugt mit und dübelt mild, der Tropf,
Und denkt: ste ist nicht ohne.

Die freundliche Melone!

Ueigt sich der Tag, so schleich' ich oft
3u ihr, und fühle unverhofft
Sie kühl an meinen Wangen. —

Das war einst unser Abcndbrauch,

So lehnte oft die Sel'ge auch
An mir, kaum zum Umfangen.
Deshalb in meinem Derzensspind
Gar traulich beieinander sind:

Die rundliche Matrone —

Die freundliche Melone.

Und doch, eins unterscheidet sie!

Die Line schwieg im Leben nie
Und sprach sogar im Traume.

Die Andre schweigt und lächelt mild
Selbst noch in Gläser eingefüllt,

Aus goldensüßem Schaume. —

D'rum miß' ich gern das paradeis,
wo ich die Sel'ge selig weiß,

Und reiche Dir die Irrone,

Du freundliche Melone.

Franz Langheinrich

Die Belohnung

von Jf. Burg

Die Vuadrille ist soeben beendet.

Gedämpft klingt das Durcheinan-
der der verschiedenen Stimmen aus
dem Ballsaal in eines der Beben-
geinächer, wohin Fräulein Edith,
die ebenso schöne, wie capriciöse
Tochter des Kommerzienraths K.,
sich geflüchtet hat, um ein Weilchen
Buhe zn finden.

2lber ihre drei eifrigsten Cour-
macher sind ihr dennoch hierher ge-
folgt. Keiner gönnt cs dein Anderen,
Eindruck auf das Herz des jungen
Mädchens zu machen; darum kämpft
Jeder in seiner Art um beit Sieges-
xreis.

Der schneidige Assessor ist uner-
schöpflich in seinen Lomplimenteu
und wurde sich vielleicht mit Aus-
sicht bemühen, wenn nicht der junge

Oer Mittler

Max Feldbauer (München)
Index
Jacques Burg: Die Belohnung
Max Feldbauer: Zeichnung zum Gedicht "Der Wittwer"
Franz Langheinrich: Der Wittwer
 
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